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DAZ aktuell
Arbeitgeberverband: Liberalisierung statt Honorarerhöhung
Die vorgesehene Anhebung des Festzuschlages auf 8,35 Euro werde „nicht nachvollziehbar begründet und ist deshalb nicht gerechtfertigt“, heißt es in der BDA-Stellungnahme. Ebenso wie die Kassen ist der Arbeitgeberverband der Meinung, dass die vergangenen acht Jahre ohne Anpassung des Fixhonorars angesichts gestiegener Arzneimittelpreise und Packungszahlen kompensiert seien. Die Politik dürfe sich vor dem Hintergrund der aktuell guten Finanzlage der Krankenversicherung nicht dazu verleiten lassen, Ausgabenerhöhungen zu beschließen. Stattdessen, so der BDA sollte der Arzneimittelvertrieb liberalisiert werden. Ziel müsse sein, „die Preisbindung durch die Arzneimittelpreisverordnung zu beseitigen und endlich auch bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln Preiswettbewerb zwischen den Apotheken zu ermöglichen“. Krankenkassen und ihre Verbände sollten aus BDA-Sicht künftig mit Apotheken und ihren Verbänden Versorgungsverträge auf selektivvertraglicher Basis schließen können.
Auch das Mehr- und Fremdbesitzverbot für Apotheken sei „im Interesse einer höheren Wettbewerbsintensität in der Arzneimittelversorgung“ vollständig aufzuheben, so der BDA weiter. Das Ziel der sorgfältigen Arzneimittelabgabe und somit des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung werde dadurch nicht gefährdet. Denn Apotheken dürften ausschließlich durch qualifizierte Berufsträger – Apotheker – geführt werden, argumentiert der Verband.
ADA-Vorsitzender lädt Hundt in seine Apotheke ein
Nachdem die ersten Auszüge aus der Stellungnahme bekannt wurden, schrieb der ADA-Vorsitzende Hasse einen Brief an BDA-Präsident Dieter Hundt: In seinem Hause seien die Rahmenbedingungen von Offizin-Apotheken offenbar „vollkommen unbekannt“, hält er ihm vor. Arzneimittel seien keine beliebige Ware, die über den Ladentisch gereicht werde. „Ein Mehr an Menge bedeutet zwangsläufig ein entsprechendes Mehr an Personal.“ Dies sei in die Forderung der Apotheker selbstverständlich eingerechnet worden. Zudem verweist Hasse auf den Aufwand, den die Rabattverträge den Apotheken bescheren und auf die nahezu ohne Vergütung geleisteten Nacht- und Notdienste. Nicht zuletzt hätten auch die in den Apotheken Beschäftigten einen Anspruch darauf, nicht von der allgemeinen Lohnentwicklung abgekoppelt zu werden.
„Ich lade sie gerne in meine Apotheke ein, um sich vor Ort einmal ein Bild vom Apothekenbetrieb zu machen“, schließt Hasse den Brief an seinen Kollegen aus dem großen Arbeitgeberverband. Auch darüber hinaus sei er gerne bereit, in einem persönlichen Gespräch „die offensichtlich in Ihrem Haus vorliegenden Fehlinformationen richtigzustellen“.
Becker: BDA offenbart „Heuschrecken-Interessen“
Auch der Landesapothekerverband Baden-Württemberg reagierte: Präsident Fritz Becker bezeichnete die BDA-Stellungnahme als „unsachlich, nicht nachvollziehbar und geprägt von großindustriellem Denken internationaler Konzerne“. Die Behauptung, dass die Erlöse der Apotheken aus den tatsächlichen Mengen- und Preisentwicklungen bei verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln in den vergangenen Jahren deutlich stärker als die Inflationsrate gestiegen seien, verzerre die Wahrheit, so Becker.
„Unser Rohgewinn für die Abgabe eines Arzneimittels liegt heute auf dem exakt gleichen Niveau wie vor über acht Jahren“, stellt er klar. Betriebs- und Personalkosten hingegen seien deutlich gestiegen. Becker betonte erneut, dass eine Honorarerhöhung für die Apotheken „zwingend“ ist: „Wir Apotheker sind seit Jahren von jeglichem wirtschaftlichen Wachstum abgekoppelt und zusätzlich mehrfach mit finanziellen Sonderopfern durch die Politik belegt worden.“ Auch die zu leistende Arbeit sei deutlich gestiegen, nicht zuletzt durch die Einführung der Rabattverträge.
Die durch den BDA geforderte Liberalisierung des Arzneimittelvertriebs hält Becker für völlig unangebracht. „Hier offenbart der BDA sein wahres Denken und seine Heuschrecken-Interessen. Wir Apotheker betreiben kleine mittelständische Unternehmen und beschäftigen bundesweit über 140.000 Menschen – und das inhabergeführt und vor allem hinsichtlich unserer Beratungsleistungen am Patienten unabhängig von Konzerninteressen. Wir wollen keine Abhängigkeit von solchen Konzernen, wie sie der BDA vertritt.“
Letzten Endes sei die Stellungnahme des BDA zum Entwurf des BMWi nichts weiter als ein verbandspolitisches Statement, so Becker. Sie verfehle den Anspruch einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Thema.
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