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Ärztefehler: Jeder dritte Verdacht bestätigt

Kann das Patientenrechtegesetz helfen?

BERLIN (jz). Die Krankenkassen haben im vergangenen Jahr rund 4070 Behandlungsfehler in Kliniken und Arztpraxen festgestellt. Das geht aus der Behandlungsfehlerstatistik 2011 des Medizinischen Dienstes der Kassen (MDK) hervor. Der Patientenbeauftragte setzt für die Zukunft auf das geplante Patientenrechtegesetz, es werde für mehr Sicherheit sorgen und Behandlungsfehler verhindern. Bei den Grünen und den Linken ist man kritischer und fordert Korrekturen des Gesetzentwurfs.
Ärztliche Behandlungsfehler Das geplantePatientenrechtegesetz soll hier den Patienten helfen, zu ihrem Recht zu kommen. Foto: Archiv

Die MDK-Gutachter untersuchten 12.686 Behandlungsfehlervorwürfe aus dem Jahr 2011, von denen sich nahezu jeder dritte (32,1%) bestätigte. In drei von vier bestätigten Fällen (75,1%) führte der Kunstfehler zu einem Gesundheitsschaden. Zwei Drittel, nämlich 8509 der 12.686 Behandlungsfehlervorwürfe richteten sich dabei gegen Krankenhäuser (67%). Nur rund ein Drittel – genauer 4177 Fälle – wurde gegen einen niedergelassenen Arzt oder eine niedergelassene Ärztin erhoben (33%).

Bei der Beurteilung eines Behandlungsfehlervorwurfes werden alle Bereiche ärztlicher Tätigkeit – von der Diagnose über die Therapie bis zur Dokumentation – unter die Lupe genommen und statistisch erfasst. Über die Hälfte der Vorwürfe der Versicherten richteten sich indes gegen Therapiemaßnahmen. Tatsächlich sahen die MDK-Gutachter bei festgestellten Behandlungsfehlern den Fehler überwiegend beim therapeutischen Eingriff (41,3%), gefolgt vom Therapiemanagement (23,6%) – zu dem auch die Fehler aufgrund falscher Arzneimitteltherapie zählen – und der Diagnose (23,1%). Erst dann folgten Dokumentations- (20,4%) und Aufklärungsmängel (8,6%) und Pflegefehler (8,8%).

Patientenrechtegesetz soll Abhilfe schaffen

"Jeder Behandlungsfehler ist einer zu viel", erklärte daraufhin der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU). Er verweist daher auf den Entwurf des Patientenrechtegesetzes, das in der vergangenen Woche in den Bundestag eingebracht wurde: Ziel sei es, Behandlungsfehler so weit wie möglich zu vermeiden. "Ein wichtiger Faktor dafür ist es, aus Fehlern und den sogenannten Beinahefehlern zu lernen." Daher werde mit Risikomanagement- und Fehlermeldesystemen die Fehlerkultur zum festen Bestandteil des Behandlungsgeschehens gemacht – dabei helfe auch das patientenorientierte Beschwerdemanagement.

Darüber hinaus soll das Gesetz das Verhältnis zwischen Ärzten und Patienten "entkrampfen". Denn es beschreibe erstmals für alle nachlesbar die Informationspflicht des Arztes. "Das heißt, der Patient kann sich ein Bild machen, wie und worüber ihn der Arzt aufklären muss", so Zöller. Und auch Krankenkassen werden mit dem Gesetz stärker in die Pflicht genommen: Sie sollen zukünftig ihre Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen aus Behandlungsfehlern unterstützen. Der Patientenbeauftragte ist daher "überzeugt, dass dieses Gesetz für mehr Sicherheit sorgen und damit Behandlungsfehler verhindern wird."

Härtefallfonds und Fehlerregister gefordert

Maria Klein-Schmeink, Sprecherin für Prävention und Patientenrechte bei den Grünen, sieht in den von der Bundesregierung vorgesehenen Regelungen hingegen "keine wirklichen Erleichterungen". Die Zahlen des MDK bildeten nur die Spitze des Eisbergs, betont sie, denn nach wie vor fehle eine lückenlose Transparenz. Sie fordert bei Behandlungsfehlern eindeutigere Beweiserleichterungen für Patienten. Weiterhin sprechen die Grünen sich für einen Härtefallfonds aus. Vom ihm sollen Patienten profitieren, die einen schweren Schaden erlitten haben, bei denen aber unklar bleibt, ob ein Behandlungsfehler vorliegt.

Auch Kathrin Vogler (Linke), fordert "dringend gesetzliche Verbesserungen" für Patienten. Denn viele Betroffene meldeten Behandlungsfehler mangels Hoffnung auf Durchsetzung ihrer Rechte erst gar nicht oder weil sie das Verhältnis zu ihrem Arzt nicht beeinträchtigen wollen. Die Linksfraktion fordert neben einem Haftungsfonds zudem ein zentrales Fehlerregister, um Fehlerursachen besser analysieren zu können und um festzustellen, wo sich Behandlungsfehler häufen. Vogler: "Dass in Deutschland jede Stunde ein Mensch an den Folgen eines Behandlungsfehlers stirbt, dürfen wir nicht einfach hinnehmen."



DAZ 2012, Nr. 37, S. 37

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