Arzneimittel und Therapie

Kinaseinhibitor ausgezeichnet

Innovationspreis für Vemurafenib beim Melanom

Der PZ-Innovationspreis, der in diesem Jahr zum 18. Mal verliehen wurde, ging an den Wirkstoff Vemurafenib (Zelboraf®) der Roche Pharma AG. Er ist zugelassen für die Therapie des fortgeschrittenen malignen Melanoms bei Patienten mit einer Mutation des BRAF-Proteins. Damit wird erstmals eine zielgerichtete Therapie für diese Indikation möglich.

Auszeichnung Der neue oral anwendbare, niedermolekulare Kinaseinhibitor Vemurafenib (Zelboraf®) wird in der Behandlung von Patienten mit inoperablem oder metastasierendem Melanom mit BRAF-V600-Mutation eingesetzt. Roche-Vorstand Dr. Hagen Pfundner (re) nahm den Innovationspreis aus Händen von Prof. Dr. Hartmut Morck entgegen. Foto: Govi-Verlag

Für das fortgeschrittene maligne Melanom gab es seit 30 Jahren keine therapeutischen Verbesserungen. Denn die Resistenz des Tumors gegen Chemo- und Strahlentherapie ist hoch. Trotz intensiver Forschungsarbeiten stand lediglich das bereits 1975 zugelassene Chemotherapeutikum Dacarbazin zur Verfügung. Das hat sich geändert. Mit dem innovativen Wirkstoff Vemurafenib (Zelboraf®) ist nun eine zielgerichtete Therapie zumindest für die 40 bis 60% der Patienten möglich, bei denen eine Mutation des BRAF-Proteins vorliegt, begründete Prof. Dr. Hartmut Morck, Eschborn, die Wahl. BRAF reguliert innerhalb eines Signalwegs das Wachstum und Überleben von Zellen. Ist es mutiert, wird es überaktiv und löst unkontrolliertes Zellwachstum aus. Vemurafenib hemmt mutiertes BRAF und damit auch das Tumorzellwachstum.

Progressionsfreies Überleben von 1,6 auf 6,9 Monate verlängert

Was dieses Prinzip leisten kann, zeigt die Zulassungsstudie, in der mehr als 300 Patienten mit metastasiertem Melanom und BRAF-Mutation mit Vemurafenib behandelt wurden, im Vergleichsarm ähnlich viele mit Dacarbazin. "Vemurafenib war dabei sehr rasch und in allen Subgruppen der Chemotherapie deutlich überlegen", fasste Prof. Dr. Carola Berking, München, die Ergebnisse zusammen. Bei einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von zwölf Monaten konnte eine Verlängerung des progressionsfreien Überlebens von 1,6 Monaten unter Dacarbazin auf 6,9 Monate unter Vemurafenib erreicht werden. Das Gesamtüberleben stieg von 9,7 Monate auf 13,6 Monate. Die Ansprechraten lagen bei 57%, zusätzlich wird bei einem Drittel der Patienten eine Stabilisierung der Krankheit erreicht. Zu den Nebenwirkungen von Vemurafenib gehören Hautausschlag, Gelenkschmerzen und Müdigkeit, aber auch eine erhöhte UV-Lichtempfindlichkeit, auf die der Patient hingewiesen werden muss. Als paradoxe Nebenwirkung treten gehäuft epitheliale Hauttumore wie Warzen, Keratoakanthome, aber auch Plattenepithelkarzinome auf, die chirurgisch unproblematisch entfernt werden können.

Problem Resistenzbildung

Das eigentliche Problem ist die Resistenzbildung gegen Vemurafenib, die im Mittel nach sieben Monaten (zwei Monaten bis zwei Jahren) eintritt und die Therapie unwirksam macht. Auch ihr sind die Wissenschaftler bereits auf der Spur. Sechs verschiedene Mechanismen haben sie bereits entdeckt. Und die Suche geht weiter. Nichtsdestotrotz bedeutet die Einführung von Vemurafenib eine eklatante Verbesserung der therapeutischen Optionen beim metastasierten Melanom und eröffnet eine völlig neue Ära in der Therapie dieses aggressiven Tumors. Das ist beim Blick auf die steigende Inzidenz dieses Hautkrebses, von dem auch junge Menschen betroffen sind, von besonderer Bedeutung.

Der "Ausnahme-Athlet"

Vemurafenib ist aber auch in anderer Hinsicht ein "Ausnahme-Athlet", so Dr. Hagen Pfundner, Vorstand der Roche Pharma AG, der den Preis am Rande des Deutschen Apothekertages in München entgegennahm: Die gesamte Entwicklung einschließlich des diagnostischen Begleittests hat in einer Rekordzeit von knapp fünf Jahren stattgefunden, und es wurde in Rekordzeit für Patientinnen und Patienten auf den Markt gebracht.


Apothekerin Dr. Beate Fessler



DAZ 2012, Nr. 42, S. 104

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