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Nächste Grippewelle im Blick

Kassen in Schleswig-Holstein drängen auf Vereinbarungen für die Impfsaison im Herbst 2013

KIEL (tmb). Die Versorgung mit Grippeimpfstoff für die laufende Saison ist noch nicht abgeschlossen, doch die Krankenkassen drängen bereits auf Vereinbarungen für die Impfsaison im Herbst 2013. Dies wurde bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Schleswig-Holstein am 17. November in Kiel berichtet. Zugleich erklärte Verbandsgeschäftsführer Dr. Thomas Friedrich, bis zu diesem Datum sei noch nicht eine Dosis des eigentlichen Ausschreibungsimpfstoffes Begripal ohne Kanüle in den Apotheken im Norden angekommen.

Dr. Thomas Friedrich stellte bei der Mitgliederversammlung des AV Schleswig-Holstein verschiedene mögliche Varianten der Versorgung mit Impfstoffen vor. Foto: DAZ/tmb

Der Verbandsvorsitzende Dr. Peter Froese erinnerte an die Vorgeschichte zur laufenden Impfsaison, in der für Hamburg und Schleswig-Holstein der Grippeimpfstoff erstmals ausgeschrieben wurde. Bei den Verhandlungen im Frühjahr seien die Vorschläge des Apothekerverbands, sich um einen "Plan B" für die Versorgung zu kümmern, nicht aufgenommen worden. Doch dann sei der "multiple Gau" in der Impfstoffversorgung eingetreten. Froese betonte die enormen Belastungen, die dies für die Apothekenteams und die Mitarbeiter in der Verbandsgeschäftsstelle gebracht habe.

Unterversorgung und Impfmüdigkeit

Der eigentliche Skandal sei die Unterversorgung mit Grippeimpfstoff im Norden um knapp 50 Prozent, erklärte Friedrich. Das Ziel der Impfung werde in diesem Jahr in Hamburg und Schleswig-Holstein nicht erreicht. Noch größer und anhaltender sei der Schaden durch die so entstandene Impfmüdigkeit, die auch andere Krankheiten betreffen werde. Außerdem habe die Exekutive in Schleswig-Holstein versagt, so Friedrich. Anders als in Hamburg hätten die Behörden in Schleswig-Holstein die Probleme nicht genau untersucht.

Jetzt würden die vorhandenen Impfstoffe dahin geliefert, wo der höchste Preis erzielt wird. So fließe Impfstoff aus Niedersachsen nach Schleswig-Holstein, wo ein höherer Preis gelte, und es entstehe eine neue Lücke in Niedersachsen, obwohl der dortige Ausschreibungsgewinner planmäßig geliefert habe. Die Grippeimpfstoffe gäben somit ein Musterbeispiel dafür, was geschehe, wenn die Arzneimittelpreisverordnung freigegeben werde. Friedrich wollte auch das Argument der Krankenkassen nicht gelten lassen, wonach nur die Herstellungsprobleme bei Novartis ursächlich seien. Vielmehr sind die Probleme nach Einschätzung von Friedrich auch im System der Rabattverträge begründet. Denn ohne Rabattverträge hätte das Defizit bei Novartis schnell durch Impfstoffe anderer Hersteller ausgeglichen werden können. Deren Impfstoffe wären dann früher verimpft worden und der später verfügbare Novartis-Impfstoff hätte diese Lücke schließen können.

Impfsaison Herbst 2013

Friedrich berichtete, dass die zuständige Krankenkasse den Apothekerverband Schleswig-Holstein bereits am 14. November aufgefordert habe, innerhalb von zwei Tagen ein Modell für die Versorgung in der nächsten Saison mit einem Vertragspreis anzubieten. Dies habe der Verband jedoch mit Hinweis auf viele offene Fragen und die unklare Lage beim Kassenabschlag 2013 abgelehnt.

Friedrich stellte die möglichen Varianten für die Versorgung vor. Grippeimpfstoffe seien wegen mangelnder Steuerungsmöglichkeiten von der Arzneimittelpreisverordnung ausgenommen worden, doch eine solche Steuerung sei durchaus über Festbeträge möglich. Eine so grundlegende Änderung erfordere allerdings eine politische Initiative. Ohne Änderungen der Rahmenbedingungen sei eine Rückkehr zum alten System möglich, bei dem die Ärzte den Impfstoff und die Menge bestimmen, doch dies wolle die Krankenkasse nicht. Eine weitere Option sei, dass die Ärzte die Menge bestimmen und die Apotheker den Impfstoff auswählen, wie es 2011 in Schleswig-Holstein praktiziert wurde. Weitere Varianten seien die Ausschreibung, wie sie in dieser Saison stattfindet, und das "Berliner Modell", bei dem die Apotheken eine Zielvereinbarung abschließen und Verträge mit mehreren Herstellern eingehen. Die Ärzte verordnen dann generisch und die Apotheken wählen den Impfstoff aus. Bei der Mitgliederversammlung zeichnete sich eine Präferenz für die in Berlin erfolgreiche Variante ab. Als Fazit aus der Diskussion stellte Friedrich fest, dass die Apotheker für den Fall einer erneuten Ausschreibung darauf dringen würden, die Aufgaben der Apotheker genau zu definieren.



DAZ 2012, Nr. 47, S. 24

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