Ernährung aktuell

Für zwei denken, aber nicht für zwei essen!

Aktuelle Handlungsempfehlungen zur Ernährung in der Schwangerschaft

Die meisten schwangeren Frauen wissen, dass sie sich gesund ernähren sollen. Aber wie? Gut gemeinte Ratschläge aus dem Umfeld, die nicht selten kontrovers sind, verunsichern eher als dass sie helfen. Das Netzwerk "Gesund ins Leben – Netzwerk Junge Familie" will Abhilfe schaffen und hat Handlungsempfehlungen herausgegeben, die schwangere Frauen einfach umsetzen können.

Vorgestellt wurden die Handlungsempfehlungen auf dem Deutschen Kongress für Perinatale Medizin Anfang Dezember 2011 in Berlin. Das Besondere: Sie sind ein Konsens aller einschlägigen Fachgesellschaften, Verbänden und Institutionen in Deutschland. Dazu gehört die Deutsche Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie ebenso wie der Deutsche Hebammenverband und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, um nur einige zu nennen.

Der Trick: Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte

Für Schwangere, die sich gesund ernähren wollen, sollte das Motto lauten: "Für zwei denken, aber nicht für zwei essen!" Denn der zusätzliche Kalorienbedarf ist überschaubar, der Bedarf an verschiedenen Mikronährstoffen steigt dagegen deutlich an. So liegt der Energiebedarf selbst in den letzten Monaten der Schwangerschaft nur zehn Prozent höher als vor der Schwangerschaft. Das liefert bereits eine Scheibe Vollkornbrot mit Schnittkäse und Tomate oder ein Becher Joghurt (1,5%) oder eine Handvoll Beeren und drei Esslöffel Müsli. Der Bedarf an Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen steigt dagegen ab dem 4. Monat um zehn bis 50 Prozent an. Doch wie lassen sich mehr Nährstoffe aufnehmen, ohne wirklich mehr zu essen? Der Trick: Vor allem Lebensmittel mit einer hohen Nährstoffdichte auf den Speiseplan setzen, wie Vollkornprodukte und pflanzliche Lebensmittel. Damit lässt sich der Bedarf an Nährstoffen decken. Lediglich Folsäure und Jod müssen substituiert werden. Selbst bei bewusster Lebensmittelauswahl können sie nicht in der notwendigen Menge über die Nahrung aufgenommen werden. Für die Folsäuresubstitution werden 400 µg pro Tag empfohlen, mindestens bis zum Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels. Jodid wird in einer Menge von 100 bis 150 µg empfohlen, bei Schilddrüsenerkrankungen nach Rücksprache mit dem Arzt.

Und die Getränke?


Idealer Durstlöscher in der Schwangerschaft ist Wasser. Auch Saftschorlen dürfen sein. Alkohol ist dagegen ein absolutes "No-Go". Kaffee gilt in Mengen bis zu drei Tassen pro Tag als unbedenklich. Auf koffeinhaltige Energiedrinks sollte verzichtet werden.

Viel Obst, wenig Schokolade

Insgesamt orientieren sich die aktuellen Handlungsempfehlungen an den allgemeinen Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung. Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, fettarme Milch und fettarme Milchprodukte, fettarmes Fleisch und fettreicher Meeresfisch gehören regelmäßig auf jeden Speiseplan. Die einzelnen Lebensmittelgruppen werden dabei folgendermaßen gewichtet:

  • Reichlich: Getränke und pflanzliche Lebensmittel

  • Mäßig: tierische Lebensmittel, bevorzugt fettarme Milch und fettarme Milchprodukte, fettarmes Fleisch und fettreicher Meeresfisch

  • Sparsam: Fett mit hohem Anteil gesättigter Fettsäuren, Süßigkeiten, Snackprodukte

Ovo-lakto-vegetarische Kost ja, vegane Kost nein!

Immer mehr Frauen ernähren sich vegetarisch. Ist die Kost ovo-lakto-vegetarisch, ist der Bedarf während der Schwangerschaft bei gezielter Auswahl der Lebensmittel sicherzustellen. Problematisch kann allerdings die Versorgung mit Eisen sein. Deshalb sollte Eisen im Blut bestimmt und gegebenenfalls supplementiert werden. Wird auch auf Meeresfisch verzichtet, ist eine Supplementation langkettiger Omega-3-Fettsäuren zu überlegen. Mit einer veganen Ernährung ist dagegen keine ausreichende Nährstoffversorgung während der Schwangerschaft möglich. Sie birgt gesundheitliche Risiken, insbesondere in der neurologischen Entwicklung des Kindes. Hält die Schwangere an ihrer Entscheidung auch nach Aufklärung fest, sind immer eine spezielle medizinische Beratung und die Einnahme von Mikronährstoffsupplementen notwendig.

Tab. 1: Vitamine und Mineralstoffe, bei denen ein Mehrbedarf in der Schwangerschaft besteht.

Vitamine und
Mineralstoffe
Empf. Mehrzufuhr
bei Schwangeren
Empf. Gesamtzufuhr
bei Schwangeren
Vitamin A*
0,3 mg
1,1 mg
Vitamin E*
1,0 mg
13,0 mg
Vitamin B1
0,2 mg
1,2 mg
Vitamin B2
0,3 mg
1,5 mg
Vitamin B6
0,7 mg
1,9 mg
Vitamin B12
0,5 µg
3,5 µg
Niacin*
2,0 mg
15,0 mg
Folat*
200 µg
600 µg
Vitamin C
10,0 mg
110,0 mg
Eisen
15 mg
30 mg
Jod
30 µg
230 µg
Magnesium
10 mg
310 mg
Phosphor
100 mg
800 mg
Zink
3 mg
10 mg

* Bei Vitamin A, Vitamin E, Niacin und Folat beziehen sich die Angaben auf die entsprechenden Äquivalente.


Vor Infektionen durch Lebensmittel schützen

Die Schwangere sollte auch darüber informiert werden, dass über Lebensmittel auch Infektionen übertragen werden können, die dem Kind schaden. In den Handlungsempfehlungen wird deshalb auch darauf hingewiesen, dass Schwangere keine rohen tierischen Lebensmittel essen sollen, wie nicht durchgebratenes Fleisch, Salami, rohen Schinken, rohen Fisch, rohe Eier sowie daraus zubereitete, nicht ausreichend erhitzte Speisen wie etwa Tiramisu. Obst, Gemüse und Salate sind vor dem Verzehr gründlich zu waschen. Auf abgepackte Salate sollten Schwangere verzichten. Lebensmittel, die mit Erde behaftet sind, wie etwa Wurzelgemüse, sollte getrennt von anderen Lebensmitteln aufbewahrt und vor Verwendung gründlich gewaschen werden.

Was schützt vor späteren Allergien?

Viele schwangere Frauen wollen ihr heranwachsendes Kind vor einer späteren Allergie schützen und verzichten deshalb während der Schwangerschaft auf entsprechende Lebensmittel. Das hat jedoch keinen Nutzen. Das Gleiche gilt für die Zufuhr von Prä- und Probiotika. Dagegen wird regelmäßiger Verzehr von fettreichem Meeresfisch auch unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Allergieprävention empfohlen.


Dr. Beate Fessler


Einfach downloaden


Ein Download der Handlungsempfehlungen ist möglich unter

http://www.gesundinsleben.de/fuer-fachkraefte/handlungsempfehlungen/schwangerschaft/



DAZ 2012, Nr. 5, S. 84

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