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- DAZ 9/2012
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Seite 3
Nicht von dieser Welt?
Viel Zeit bleibt nicht mehr, Änderungen am Regierungsentwurf zur neuen Apothekenbetriebsordnung vorzunehmen. Am 30. März will der Bundestag abschließend über die Novelle abstimmen. Zwei Wochen zuvor, am 14. März, wird sich der Gesundheitsausschuss der Länderkammer mit dem Regierungsentwurf befassen. Für die Berufsvertretung der Apotheker, der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände – ABDA, wird dies die letzte Möglichkeit sein, Einfluss auf den Verordnungstext zu nehmen und gegebenenfalls eigene Vorschläge und Wünsche unterzubringen.
Derer gibt es einige, wie die 61-seitige ABDA-Stellungnahme zur ApBetrO-Novelle zeigt, beispielsweise zur Dienstbereitschaft, Laborausstattung und Beratungspflicht des Versandhandels, zum Medikationsmanagement, Botendienst und zum Stellen und Verblistern, zu Prüfgeräten, Hilfsmitteln und zu den Rezeptsammelstellen. Ob die ABDA bei den Ländern noch Überzeugungsarbeit leisten kann?
Einiges von dem, was die ABDA-Juristen hier detailliert als Änderungswünsche der Länderkammer andienen, ist sicher nützlich, um Formulierungen zu verdeutlichen, vieles dient auch der Verbesserung des Entwurfs im apothekerlichen Sinne. Aber die Vorschläge enthalten auch Änderungsgesuche, die mich stutzig machen. Da findet sich doch tatsächlich die Forderung, "Mittel zur Körperpflege" aus dem Sortiment apothekenüblicher Waren zu streichen. Diese Erweiterung des Sortiments stehe "im Widerspruch zum Versorgungsauftrag der Apotheke und ist daher unerwünscht", heißt es in der ABDA-Stellungnahme wörtlich. Mit Sicherheit gibt es wichtigere Paragrafen in der neuen ApBetrO als der zum apothekenüblichen Sortiment. Aber bei mir hinterlässt die ABDA-Forderung, Mittel zur Körperpflege aus dem Apothekensortiment zu streichen, vollkommenes Unverständnis über eine Organisation, die den Apothekerberuf offiziell vertritt. Mich betrübt die antiquierte und verstaubte Geisteshaltung, die hinter solchen Forderungen hervorblitzt. Kennen die ehrenamtlichen Funktionäre der ABDA eigentlich noch das heutige Sortiment einer Apotheke? Haben sie schon einmal einen Blick auf die Freiwahl ihrer eigenen Apotheke geworfen? Mittel zur Körperpflege en masse stehen da im Regal. Hat dadurch etwa der Versorgungsauftrag der Apotheke gelitten! Mitnichten. Und er wird es auch nicht, wenn zwei Duschgels und ein Haarshampoo mehr hinzukommen sollten. Stattdessen schafft man mit dem Verbot von Mitteln zur Körperpflege ein neues Streitfeld für kleinliche und peinliche juristische Auseinandersetzungen. Ich erinnere mich noch an die lächerlichen und zum Teil abartig wirkenden Diskussionen, an den Streit zwischen Pharmazieräten, Apothekern und Gerichten in den 80er Jahren, als es um die Frage ging, ob und wann ein Lippenstift pflegende Eigenschaften hat und im Kosmetikständer der Apotheke stehen darf. Man wird es keiner Kundin, keinem Kunden, keinem modernen Menschen erklären können, warum eine Körperlotion in der Apothekenfreiwahl "im Widerspruch zum Versorgungsauftrag" stehen soll. Bleibt nur die einzige Schlussfolgerung: Hier macht sich die ABDA und damit ein Berufsstand zum Gespött. Hier werden alte Zöpfe, die man den Apothekern immer wieder vorwirft, neu geflochten. Und ich dachte einmal, ich gehöre einem modernen und zukunftsoffenen Beruf an.
Ähnlich weltfremd erscheint mir die ABDA-Forderung, den Botendienst der Apotheke nur auf den Einzelfall zu beschränken. Laut ApBetrO-Entwurf sollte der Botendienst uneingeschränkt erlaubt werden, d. h., die Apotheke kann dem Patienten in jedem Fall – und nicht nur im Einzelfall – als Serviceleistung anbieten, die Arzneimittel nach Hause zu liefern. Die ABDA will nun diese heute in vielen Apotheken bereits geübte Praxis streichen. Argumentiert wird verschwurbelt juristisch, mit dem Hinweis auf unterschiedliche Regelungsregime für Präsenz- und Versandapotheke, um diese moderne und in den Augen des Kunden selbstverständliche Dienstleistung den Apotheken zu nehmen. Sogar mit dem abwegigen Argument, die Versorgung der Bevölkerung würde sich verschlechtern, versucht die ABDA, diesen Passus aus dem Verordnungsentwurf zu kicken. Abwegig auch deshalb, da eine Beratung laut Verordnungstext in jedem Fall sichergestellt werden muss. Wie sollte eine Apotheke ihren Kunden erklären, dass man die Arzneimittel nun nicht mehr nach Hause liefern darf? Muss der Apotheker dann immer einen Einzelfall konstruieren? Warum will man den Präsenzapotheken mit solchen Vorstößen Rechte, die die Unterschiede zur Versandapotheke verkleinern würden, nehmen? Ein Streichen dieser Dienstleistung wäre für den einen oder anderen Kunden mehr Grund, zur Versandapotheke zu wechseln. Oder will die ABDA jede Apotheke, die diesen Dienst in Zukunft anbieten will, dazu treiben, eine Versandhandelserlaubnis zu beantragen?
Eine moderne deutsche Apotheke des 21. Jahrhunderts kann hervorragend beraten – wenn sie es denn tut – , auch wenn sie Arzneimittel als Service durch Boten zustellt und Mittel zur Körperpflege verkauft. Man kann nur hoffen, dass die Politiker im Gesundheitsausschuss und der Bundesrat solchen Änderungswünschen nicht folgen. Es wären zwei Schritte zurück in eine Apothekenlandschaft, die nicht in diese Welt passt.
Peter Ditzel
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