Recht

Sicherheit versus Fluchtweg

Darf oder muss die Haustür nachts abgeschlossen werden?

(mh/bü). Bewohner von Mehrfamilienhäusern stellen sich bisweilen die Frage, ob die Haustür nachts abgeschlossen werden darf (oder sollte) oder ob sie rund um die Uhr unverschlossen bleiben muss? Dabei fallen oft die Stichworte "Brandschutz" und Diebstahlsgefahr. Zu unterscheiden ist zwischen einem Mietshaus und einer Eigentumswohnungsanlage – wenn auch nicht im Ergebnis.

In Mehrparteienhäusern gibt es immer Reibungspunkte zwischen den Bewohnern. Weil es aber dennoch friedlich in den Häusern zugehen soll ("Hausfrieden"), gibt es sowohl in Mietshäusern als auch in Wohnungseigentumsanlagen Hausordnungen. Darin ist auch geregelt, ob – und wenn ja, wann – die Haustür zu verschließen ist.

Dabei hat das Sicherungsinteresse meist Vorrang. Das bedeutet, dass die Immobilie vor Einbruch und Diebstahl geschützt werden soll – was ja auch im Sinne der Bewohner ist. Das gilt insbesondere nachts. Aber gerade da, so fürchten viele, komme dem Brandschutz zu wenig Bedeutung zu. Und in der Tat: Bricht ein Feuer nachts (anfangs meist unbemerkt) aus und stehen nicht alle Fluchtwege zur Verfügung, so kann der Hausflur zur Falle werden.

Fakt ist: Es gibt weder im Miet- noch im Wohneigentumsrecht eine Vorschrift, die es – auch mit Blick auf den Brandschutz – verbietet, die Haustür nachts zu verschließen. Auch Rechtsprechung zu dem Thema gibt es (noch) nicht. Nächtliche Schließregelungen zur Abwehr von unerwünschtem Besuch können somit in der Hausordnung enthalten sein. Dass es nicht sinnvoll ist, eine Haustür tagsüber zu versperren, liegt auf der Hand. Die Störungen "im Betriebablauf" – speziell in gemischten Komplexen, in denen neben Wohnungen auch eine Apotheke, Arztpraxen oder Büros angesiedelt sind – wären unzumutbar.

Vermieter können demnach verpflichtet sein, dafür zu sorgen (auch durch Hilfspersonen wie einen Hausmeister), dass die Tür, etwa in der Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr, verschlossen ist. Entgegenstehenden Brandschutzaspekten könne mit der Möglichkeit eines Schlüssels begegnet werden, der im Hausflur neben der Tür hängt.

Bei Eigentumswohnanlagen enthält die Hausordnung im Regelfall Verhaltensvorschriften, mit denen der Schutz des Gebäudes, die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung sowie die Erhaltung des Hausfriedens sichergestellt werden soll. Darin gilt es dann sorgfältig abzuwägen, wie der Brandschutz sinnvoll einzubringen ist.

Notwendig ist stets eine Schließregelung, die gewährleistet, dass der Fluchtweg durch die Haustür ständig passierbar ist. In diesem Zusammenhang wichtig: Im Rahmen einer solchen Regelung muss sich der einzelne Bewohner nicht darauf verweisen lassen, dass er einen Schlüssel besitze und im Notfall selbst aufschließen könne. Denn das Problem muss in jedem Fall gemeinschaftlich gelöst werden.

Urteile zum Thema

Die Haustür für Arztpatienten muss geöffnet bleiben – Bei Gewerberäumen gehöre es "zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache", so das Landgericht Itzehoe, dass die Haustür zu den gewerblichen Geschäftszeiten geöffnet ist. Aus diesem Grund konnte ein Arzt gegen die übrigen Mietparteien durchsetzen, dass die Tür zu den üblichen Öffnungszeiten seiner Praxis nicht abgeschlossen werden dürfe. Er müsse es nicht hinnehmen, dass seine Patienten nur über eine Schließanlage, auf Klingeln, in das Gebäude gelangen können. Das gelte auch dann, wenn die übrigen Wohnparteien des Hauses eine Schließung der Tür während der Öffnungszeiten begrüßen, sie jedoch die von ihnen behauptete erhöhte Gefährdungslage durch eine geöffnete Tür nicht fundiert darlegen können. (LG Itzehoe, 7 O 191/08)


Schwergängige Tür bringt keinen Cent – Auch wenn eine Haustür in einem Mietshaus schwergängig ist und sie deswegen häufig nicht ins Schloss fällt, kann ein Mieter dennoch keine Mietminderung gegen den Vermieter durchsetzen. Nur bei konkreten Nachteilen (das Gericht führte hier das Übernachten von Fremden im Hausflur oder ein übermäßiges Abkühlen des Treppenhauses an) könne eine Minderung der Miete in Betracht kommen. Ähnliches gelte für Fließ- und Strömungsgeräusche einer Heizung. Auch hier müsse der Lärmpegel "objektiv über einem hinzunehmenden Maß" liegen. Subjektives Empfinden gelte nicht, weil es eine "geräuschfreie Heizung nicht gibt", so das Landgericht Berlin. (Az.: 63 S 186/06)


Der Briefzusteller muss nicht bei Nachbarn klingeln – Mieter haben das Recht, dass ihnen ihr Vermieter zusätzliche Wohnungsschlüssel aushändigt, die sie ihrem Briefzusteller sowie ihrem Zeitungsboten weitergeben können, damit diese zu ihrem Briefkasten im Flur des Hauses kommen können, ohne die Klingel betätigen zu müssen. Der Vermieter hat allerdings das Recht zu erfahren, wem die Schlüssel übergeben wurden. (Hier entschieden vom Amtsgericht Mainz zugunsten eines Mieters, der tagsüber nicht zu Hause war. Den Vorschlag des Vermieters, dass Briefträger beziehungsweise Zeitungsbote auf irgendeine andere Klingel an der Haustür drücken könnten, um ins Innere zu gelangen, wies der Richter als unzumutbar für die übrigen Mieter zurück). (Az.: 80 C 96/07)


Defekte Gegensprechanlage bringt 2 bis 5 Prozent – Ist die Gegensprechanlage in einem Mietshaus defekt, so ist das ein Grund für die Mieter, die Miete zu mindern. Bei der Höhe der Minderung, so das Landgericht Dessau-Rosslau, komme es darauf an, wo sich die Wohnung befindet. Ist der Haustürbereich zum Beispiel aus der Erdgeschosswohnung einsehbar, so kann der Bewohner weniger Miete mindern als ein Dachgeschossbewohner. Kann ein Mieter unerbetene Gäste nicht abwehren (das ist ja das Ziel einer solchen Anlage), so kann er die Miete um bis zu fünf Prozent kürzen – je nach Lage der Wohnung auch nur um zwei Prozent. (LG Dessau-Rosslau, 1 T 16/12)


Schuldhaftes Verbummeln des Haustürschlüssels geht auf Mieters Kappe – Sagt eine Mieterin gegenüber dem Vermieter aus, dass ihr Sohn den Haustürschlüssel für das Mietshaus in Hamburg vermutlich "am Strand von Rostock" verloren habe, so kann der Eigentümer dennoch nicht davon ausgehen, dass mit dem abhanden gekommenen Schlüssel kein Missbrauch begangen wird. Er darf die Schließanlage auswechseln und die Kosten dafür der Mieterin in Rechnung stellen. Sie hat den Schlüssel schuldhaft verloren, weil ein solcher Verlust – wenn auch durch den Sohn verursacht – nur passieren kann, wenn sie den Türöffner "nicht hinreichend sorgfältig mitgeführt" hatte. (AmG Hamburg-Mitte, 43b C 228/07).



AZ 2013, Nr. 11, S. 5

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