Gesundheitspolitik

"Wir bleiben auch in Zukunft transparent"

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt will Schlussstrich unter Datenaffäre ziehen

BERLIN (diz). Mit der Veröffentlichung der Zusammenfassung des Untersuchungsberichts über Vorgänge bei der ABDA unter ihrem früheren Pressesprecher und El-Pato-Mitinhaber Bellartz, insbesondere über Zahlungen an die Nachrichtenagentur El Pato, ist der Vorgang noch nicht vom Tisch. Verschiedene Seiten wünschen Einsicht in den Hauptbericht. Die Nachrichtenagentur El Pato selbst versucht von Vorwürfen an Bellartz und empfangenen ABDA-Zahlungen abzulenken, indem sie andeutet, dass die Öffentlichkeitsarbeit der ABDA nur eine Baustelle von vielen (gewesen) sei. Peter Ditzel, DAZ-Herausgeber, fragte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, wie es nun weitergeht und welche Konsequenzen die ABDA aus der Untersuchung zieht.

Friedemann Schmidt, ABDA-Präsident: "Wir haben nach dem Aufdecken der angeblichen Datenaffäre das getan, was wir versprochen haben." Foto: ABDA

AZ: Herr Schmidt, der Sonderuntersuchungsbericht zu den Zahlungen der ABDA an El Pato ist erschienen. Er offenbart, dass nicht alles – sagen wir mal – "lege artis" abgelaufen ist. Hat dieser Bericht der Wirtschaftsprüfer nun Konsequenzen?

Schmidt: Die wichtigste Aussage des Untersuchungsberichts ist, dass rechtswidriges Verhalten der ABDA ausgeschlossen werden kann.


AZ: Klar, weil es keine Richtlinien gab, die verletzt werden konnten – wie es auch der Bericht aussagt

Schmidt: Nein, so sehe ich das nicht. Im Bericht stand, dass bestimmte Fragestellungen nicht beantwortet werden konnten, weil dazu die schriftliche Richtlinie fehlt. Die Ausgangsfrage war aber, ob Gelder geflossen sind an Dritte, um illegale Daten zu kaufen. Das kann, so die Untersuchung, ausgeschlossen werden. Allerdings, bei der ABDA wird zwar ein ungeschriebenes Regelwerk gelebt, aber man muss bemängeln, dass ein solches Regelwerk in Form von Richtlinien nicht in Schriftform vorliegt.


AZ: Da wird der Vorwurf an der Basis laut: Die ABDA verlangt von uns in den Apotheken ein strenges Qualitätsmanagementsystem, sie selbst aber gibt sich kein ausgearbeitetes Richtlinienwerk

Schmidt: Diesen Vorwurf kann ich verstehen. Das muss geändert werden, da sind wir nun dabei. Es wird aber eine Weile dauern.


AZ: Die veröffentlichte Zusammenfassung der Untersuchung ist das eine. Aber wird denn der gesamte Bericht der Untersuchung auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht?

Schmidt: Der Unterschied zum Hauptbericht ist, dass wir in der Zusammenfassung keine schutzwürdigen Daten aufgenommen haben, die Interessen Dritter verletzen könnten. Solche Daten finden sich aber sehr wohl im Hauptbericht. Ansonsten enthält der große Bericht nichts anderes als der kleine. Aus meiner Sicht trifft die Zusammenfassung sehr genau den Kern der wesentlichen Prüfungsergebnisse wieder. Im Hauptbericht finden sich keine weiteren Ergebnisse, die das Ergebnis der Prüfung verändern würden.


AZ: Dennoch, von verschiedenen Seiten ist der Wunsch zu hören, den gesamten Bericht einsehen zu wollen, da man weitere Erkenntnisse zum Beispiel zum Umgang mit Reisekosten und weiteren internen Vorgängen erfahren möchte. Schutzwürdige Daten könnte man schwärzen

Schmidt: Was Sie ansprechen, z. B. das Fehlen einer Reisekostenrichtlinie, wird im Hauptbericht auch nicht weiter ausgeführt. Der Hauptbericht stellt an diesen Stellen fest, dass hier nicht geprüft werden konnte, da keine schriftlichen Richtlinien vorliegen. Somit gibt es aus meiner Sicht keinen Grund, den Hauptbericht auseinanderzunehmen, bestimmte schutzwürdige Daten zu entfernen und öffentlich zu machen. Es stände inhaltlich nicht mehr drin als in der Zusammenfassung. Wir werden uns in dieser Woche ausführlich im Geschäftsführenden Vorstand mit diesem Bericht befassen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.


AZ: Nun hat der Nachrichtendienst Apotheke adhoc der Agentur El Pato in der vergangenen Woche Andeutungen gemacht, man habe Kenntnis von weiteren unkorrekten Vorgängen bei der ABDA. Im Klartext, man versucht schmutzige Wäsche zu waschen. Wie sehen Sie das?

Schmidt: Ich verstehe diese Andeutungen überhaupt nicht, ich kann nicht erkennen, was man uns eigentlich vorwirft. Wir haben nach dem Aufdecken der angeblichen Datenaffäre das getan, was wir versprochen haben, nämlich alle Zusammenhänge und Zahlungen zu überprüfen und mögliche Problemfälle offenzulegen. Für uns ist dieses Thema nun mit der Veröffentlichung des Berichtes abgeschlossen.


AZ: Eine weitere Frage ist in der vergangenen Woche aufgetaucht: Hat die ABDA Geld für Werbeblöcke an den Sender N24 gezahlt, und stehen solche Zahlungen in Zusammenhang mit Ihren Auftritten in den Sendungen auf N24?

Schmidt: Wer meine Sendung "Deutschland akut" gesehen hat, hat festgestellt, dass es eine werbefreie Sendung ist. Ich habe diese Sendung außerhalb meiner Amtstätigkeit als ABDA-Vizepräsident gemacht. Meine Arbeit als Moderator ist meine Privatsache und gehört nicht zu meinen Amtspflichten, Ich muss im Gegenteil sehr darauf achten, nicht in Interessenkonflikte zu geraten. Worauf Sie hinauswollen, sind sogenannte "Infomercials", die auf N24 ausgestrahlt wurden. Das war ein Projekt, das Thomas Bellartz der Mitgliederversammlung vorgestellt hat. Dieses Projekt hat aber aus meiner Sicht nichts mit der Sendung "Deutschland akut" zu tun, in der ich mitgewirkt habe.


AZ: Ein weiterer Vorwurf, der in den letzten Tagen erhoben wurde: Der neue ABDA-Präsident versprach mehr Transparenz, er macht aber weiter nach Gutsherrenart. Trifft Sie dieser Vorwurf?

Schmidt: Ich kann mit diesem Vorwurf nichts anfangen, da ich im Gegenteil glaube, dass Dr. Schmitz, der ABDA-Hauptgeschäftsführer, und ich in den ersten drei Monaten gezeigt haben, ganz offen zu arbeiten. Wir werden auch in Zukunft transparent bleiben. Ich denke, dies hat bereits Anerkennung gefunden.


AZ: Herr Schmidt, wann wird die ABDA nach einem Regel- oder Richtlinienwerk arbeiten können? Wann werden Sie ein solches Werk erarbeitet haben? Was ist hier Ihr Ziel?

Schmidt: Dies wird nun nach bestimmten Prioritäten abgearbeitet. Nach der Einschätzung des Hauptgeschäftsführers werden wir dies in etwa einem dreiviertel Jahr erledigt haben, das heißt, ein solides Fundament sollte dann vorliegen, auf dem wir weiter aufbauen können.


AZ: Kommen wir zum weiteren aktuellen Thema: das neue Berufsbild des Apothekers. Wie geht es denn hier weiter?

Schmidt: Das Verfahren, ein solches Leitbild zu erstellen, ist angelaufen und liegt in den Händen einer Kommission unter Vorsitz des Kollegen Arnold. Mein Wunsch ist, dass die Kommission bis zum Sommer eine diskussionsfähige Version erarbeitet hat, die dann in der Berufsöffentlichkeit, z. B. auf dem kommenden Apothekertag, diskutiert werden kann.


AZ: Manche Kolleginnen und Kollegen werfen Ihnen vor, sich mehr mit der Zukunft als mit den drängenden Problemen der Gegenwart zu beschäftigen …

Schmidt: Ich habe Verständnis für diese Argumentation. Aber wer so denkt, verkennt die Aufgaben eines ABDA-Präsidenten. Der Präsident ist nicht dafür zuständig, beispielsweise die Verhandlungen zum Kassenabschlag mit den Krankenkassen zu führen. Dies ist Aufgabe des Kollegen Becker, dem Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbands.

Und diejenigen, die glauben die Perspektive in die Zukunft sei falsch angelegt, die verkennen die Größe der Herausforderung, vor der wir stehen. Diese Kolleginnen und Kollegen sollten sich vielleicht fragen lassen, wo ihre eigenen Zukunftsvisionen liegen.


AZ: Und wie wollen Sie die Apothekerinnen und Apotheker ins Boot holen und für das neue Berufsbild begeistern, die Sie vor Kurzem als larmoyant bezeichnet haben, die ihren Kopf hängen lassen?

Schmidt: Das ist natürlich eine schwierige Aufgabe. Ich kann nur die Chancen beschreiben, die ich in einer neuen Ausrichtung des Apothekerberufs sehe. Ich versuche die professionelle Basis unseres Berufs zu verbreitern. Ich glaube schon, die große Mehrheit unserer Berufsangehörigen mitnehmen zu können. Ich versuche in unserer Außendarstellung ehrlich zu sein, mich nicht zu verbiegen, eine selbstkritische Analyse in der Öffentlichkeit darzustellen. Das ist Voraussetzung dafür, ernst genommen zu werden, davon bin ich überzeugt. Täte ich dies nicht, würde mir das auch vorgeworfen werden.


AZ: Noch eine letzte Frage: ABDA-KBV-Modell, wann kommts?

Schmidt: Monika Koch, die Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbands, der Vertragspartner in diesem Modell ist, hat unlängst auf unserer Kammerversammlung dazu ausführlich informiert. Es ist alles schwierig, es gibt Rückschläge, aber mittlerweile gibt es den Entwurf eines ersten Vertrages zwischen den Parteien. Ich habe mir aber abgewöhnt, einen Startzeitpunkt zu nennen, da diese schon so oft verschoben werden mussten. Der jetzige Zeitplan für den Wirkstoffkatalog und die Wirkstoffverordnung soll noch in diesem Jahr beginnen und das Medikationsmanagement dann 2014. Aber wie gesagt, darauf möchte ich mich jetzt nicht festlegen.


AZ: Herr Schmidt, vielen Dank für das Gespräch.

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