Management

Höhere Preise gut verkaufen

Kunden akzeptieren höhere Kosten, wenn sie den Mehrwert verstehen

Für manche Kunden spielt in der Apotheke der Preis keine Rolle. Für andere steht er im Mittelpunkt, "beim Einkauf sparen" lautet die Devise. Dabei ist das billigste Medikament nicht immer das Beste. Sie wissen das – aber wie vermitteln Sie das Ihrem Kunden?

Ein erfahrener Verkäufer beginnt bei der Produktvorlage meistens mit der mittleren Preislage. Zeigt man gleich das preisgünstigste Produkt, kann das teurere nicht mehr verkauft werden, der Kunde greift gleich zu. Auch bei der Packungsgröße fängt man, sofern der Kunde keine Vorgaben macht, immer mit der Mitte an, die Möglichkeit für eine andere Größe ist dann noch offen.

Vorteile deutlich machen

Wer gut beobachten kann, merkt schon an der Reaktion des Kunden, ob ihm der Preis zu hoch erscheint. Er zögert bei der Entscheidung oder fragt, ob es noch eine Alternative gibt. Für Produkte in der Apotheke haben Kunden sehr selten ein festes Budget wie beim Kauf von Bekleidung. Der Preis wird vor allem bei Schmerzen oder in akuter Situation ganz unterschiedlich beurteilt. Was teurer ist, hat aber auch einen "Mehrwert". Und der muss erklärt werden. Der Kunde will wissen, was er davon hat, wenn er sich für ein hochwertiges Produkt entscheidet. Das kann die schnelle Schmerzlinderung sein oder geringere Nebenwirkungen. Wenn der Kunde keine Vorteile für sich bzw. sein Wohlbefinden erkennt, kann er einen Preis nicht verstehen und entscheidet sich für die billigeren Produkte. Je hochwertiger das Präparat ist, desto wichtiger ist die fachkompetente Beratung. Dadurch wächst beim Kunden das Bedürfnis nach schneller Linderung seines Leidens. Und je stärker das Bedürfnis ist, desto preisunempfindlicher ist der Kunde. Ein höherer Preis wird dann schnell akzeptiert.


" Um im Wettbewerb zu bestehen, kann man nur so viel teurer sein, wie man besser ist. "


Hans-Werner Sinn – Ökonom

Preisakzeptanz des Kunden wird auch durch Vertrauen in "Seine Apotheke" entstehen. Kundenbindung ist daher ein wesentliches Instrument für den Verkauf hochwertiger Produkte.

Die Bestandteile eines Medikaments sagen dem Kunden weniger als der Nutzen, den er davon hat: Magenverträglichkeit, schnellere Wirkung, Eignung für Diabetiker, usw.

Wirkungsvoll ist es, wenn man für jede Information einen getrennten Satz verwendet, also für drei Argumente drei Sätze. Mit einer Sekunden-Pause nach jedem Satz verstärkt man seine Aussage. Durch die Sekundenpause hat der Kunde die Gelegenheit eine Frage zu stellen.

Bewährt hat sich die Gewichtung von Argumenten. Nicht jedes Argument hat gleich große Bedeutung, also der Hauptvorteil eines Produktes muss ausführlicher erläutert werden. Für Nebenargumente genügen kurze Formulierungen.

Die Mehrpreis-Methode hilft

Das geht so: Man zeigt einen Artikel in der mittleren Preislage. Stimmt der Kunde zu, greift man nach dem hochwertigen Artikel und nennt den "Mehrpreis". ("Für 12 Euro mehr bekommen Sie diese ..."). Man nennt nicht den gesamten Preis, sondern den Mehrpreis, die Differenz zwischen dem einen und dem anderen. Auch bei verschiedenen Packungsgrößen hat sich diese Taktik bewährt: "Für 9 Euro mehr haben Sie die große Packung mit fast doppeltem Inhalt." Da muss man sich natürlich ein wenig bemühen, um erfolgreich zu sein. Wer bei 20 Kunden pro Tag einen Artikel mit einem höheren Preis von jeweils 5 Euro verkauft, hat einen Mehrumsatz von 100 Euro täglich. Und das ohne zusätzliches Lager, ohne zusätzliche Werbung, ohne irgendwelche Kosten. Ganz wichtig: der Kunde muss mit dem teureren Medikament zufrieden sein, man darf ihm keinesfalls etwas aufdrängen, nur damit der Umsatz stimmt. Zufriedene Kunden kommen wieder, und sie machen positive Mundwerbung. Wer zufrieden ist, sagt es ca. acht anderen Personen.


" Wer sich sorgt, die wichtigsten Bedürfnisse des Kunden zu erkennen, braucht sich keine Sorge um den Preis zu machen. "

Das ist aber teuer

Wenn ein Kunde einen Preiseinwand äußert, muss man nicht gleich eine preisgünstigere Variante anbieten, sondern erklärt erst einmal den höheren Preis. Dazu bietet sich die wirkungsstarke "worst-case-Methode" (den schlimmsten Fall nennen) an. Bei dieser Methode wird statt des Positiv-Argumentes (best case) eher das Negativ-Argument (worst case) verwendet. Der Kunde sollte die Nachteile eines billigen Produktes erkennen und nachdenklich werden. Das Negativ-Argument wird möglichst in Frageform gebracht: "Dieser Nasenspray hat allerdings den Nachteil, dass die Nase schneller austrocknet, was bei den Tropfen nicht passiert." Anschließend erfährt der Kunde, wie er mit einem besseren Produkt Risiken vermeiden kann. Mit worst case macht man den Kunden nachdenklich. Dabei dürfen die preisgünstigen Produkte nicht schlecht geredet werden. Es geht nur darum, den Unterschied zwischen zwei Preisen zu erklären und den unterschiedlichen Nutzen daraus abzuleiten und auch über Nebenwirkungen zu reden. Mit dem Nutzen rechtfertigen Sie einen höheren Preis und beeinflussen damit die Kaufentscheidung. Beratung ist mehr als nur die Übergabe eines Medikaments und das Kassieren. Anspruchsvolle Kunden kommen in die Apotheke, um beraten zu werden, denn gerade bei den frei verkäuflichen Arzneien braucht der Kunde eine Empfehlung aus seiner Apotheke. Kunden sind auch durch die vielen Gesundheitssendungen im Fernsehen verunsichert, und wollen sich nicht ausschließlich auf die Empfehlungen oder Warnungen verlassen.

Allgemeine Aussagen wie: "Das ist ein sehr wirksames Medikament" hören sich für anspruchsvolle Kunden nicht überzeugend an. Preiseinwände des Kunden sind oft nur die Aufforderung, etwas mehr über die Vorteile zu sagen, Auskunft zu geben über den Gegenwert. Ein Kunde ist nur überzeugt, wenn er den Preis versteht.

Zögert ein Kunde nach der Preisnennung, dann äußern Sie Verständnis: "Ich weiß, das ist nicht gerade billig, aber es hat dafür folgende Vorteile …" Sie sollten keinesfalls verärgert oder enttäuscht sein, wenn der Kunde sich trotz der Beratung für eine preiswertere Alternative entscheidet.


Erfahrungswerte bei Preisgesprächen


1. Viele Mitarbeiterinnen fürchten sich vor dem Preis der teuren Produkte.
2. Tatsächlich scheitert der Abschluss selten am Preis.
3. Kleinere Preisunterschiede können mit dem Vertrauen und der Beratung ausgeglichen werden.
4. Viele Kunden, die von Billigprodukten anderer Anbieter enttäuscht sind, entscheiden sich für Qualität und akzeptieren höhere Preise.

Vermeiden Sie vor allem die bekannten Vorurteile wie "So wie der Kunde aussieht, hat er kein Geld, da biete ich nichts Hochwertiges an." Vom Erscheinungsbild des Kunden darf – und kann! – man nicht auf seine Kaufkraft schließen. Was er ausgeben will oder kann, hängt nicht von seiner Kleidung ab. Manchen Kunden sieht man nicht an, dass der Preis nicht die entscheidende Rolle spielt.


Rolf Leicher, Kommunikationstrainer, Oberer Rainweg 67, 69118 Heidelberg, E-Mail: Rolf.Leicher@t-online.de

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