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- AZ 42/2013
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Recht
Die Blätter fallen, Passanten auch ...
Ausrutscher können teuer zu stehen kommen
Üblich ist es, dass die Gemeinden die Pflicht zum Kehren der Bürgersteige auf die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke übertragen haben. Diese wiederum vereinbaren regelmäßig mit ihren Mietern, dass diese für „Sauberkeit auf dem Gehsteig“ zu sorgen haben; sie wohnen schließlich näher am Gefahr bringenden Objekt. Doch rein rechtlich bleibt der Vermieter verantwortlich dafür, dass vor seinem Haus alles mit rechten Dingen zugeht. Ein „laubgeschädigter“ Passant kann sich also an den Vermieter halten, der wiederum auf den jeweiligen beauftragten Mieter zurückgreifen kann.
Doch ein Urteil des Landgerichts Coburg zeigt, dass unvorsichtige Fußgänger nicht immer mit Schadenersatz vom „säumigen“ Mieter oder Hausbesitzer rechnen können, wenn sie auf nassem Laub ausrutschen und sich verletzen. Sie hätten (auch) selbst aufzupassen. Ein Hausbesitzer wurde freigesprochen, der einige Tage zuvor den Bürgersteig vor seinem Anwesen vom Laub befreit hatte. Er müsse nicht jeden Tag „nachkehren“. (Az.: 14 O 742/07)
Komplexe mit Eigentumswohnungen sind ein besonderer Fall. Hier sind die Wohnungseigentümer gemeinsam verpflichtet, dass vor ihrem Anwesen nichts Schlimmes passiert. Ein verunglückter Fußgänger kann sich mit Ansprüchen erst an den Verband der Eigentümergemeinschaft wenden. Bleibt er erfolglos, so kann er sich einen Eigentümer „aussuchen“ und bei ihm Ansprüche geltend machen. Dies aber nur in Höhe des Miteigentumsanteils des Eigentümers.
Beispiel: Alle Eigentümer in der Gemeinschaft vereinigen zusammen 10.000 Miteigentumsanteile. Eigentümer „A“ hat 500 Anteile. Ein Fußgänger, der berechtigt Schadenersatz in Höhe von 1000 Euro geltend macht, könnte sich an diesen Eigentümer halten – aber maximal in Höhe von 50 Euro, entsprechend seinem Anteil an allen Miteigentumsanteilen. Beim Verband der Eigentümer könnte er dagegen über den Verwalter die kompletten 1000 Euro fordern.
Wie kann man sich gegen Schadenersatzforderungen von Fußgängern, die sich verletzt haben, versichern? Die Privat-Haftpflichtversicherung hilft Besitzern von selbst genutzten Eigenheimen, Eigentums- und Ferienwohnungen; für Mehrfamilienhäuser oder vermietete Einfamilienhäuser tritt gegebenenfalls deren Haus- und Grundeigentümer-Haftpflichtversicherung ein.
Und der Mieter? Für ihn kann es wichtig sein, über eine Privat-Haftpflichtversicherung zu verfügen – für den Fall, dass er vom Vermieter (oder dessen Versicherung) schadenersatzpflichtig gemacht wird, weil er seiner – aus dem Mietvertrag resultierenden – Reinigungspflicht nicht nachgekommen ist. Zum Umfang solcher Bemühungen kommt es – wie meistens – auf den Einzelfall an. Türmt sich das Laub, so muss häufiger gekehrt werden. Andererseits ist es den Hausbesitzern/Mietern nicht zuzumuten, den ganzen Tag „Besen bei Fuß“ zu stehen, wie die Coburger Richter entschieden haben.
Weitere Entscheidungen zum Thema “Herbstlaub“
Waren Eichen schon beim Einzug da, gibt‘s für das Laub keine „Rente“ – Liegt das Grundstück einer Frau in einer Siedlung nahe am Wald, der der Stadt gehört, so kann die Eigentümerin auch dann keine „Laubrente“ von der Stadt verlangen, wenn sie durch zwei alte, hohe Eichen (deren Kronen in den Luftraum über dem Grundstück der Frau hineinragen) unangemessen mit Laub, Eicheln und Ästen „zugeschüttet“ wird. Waren die Bäume bereits bei ihrem Einzug in das Haus da und ergibt ein Gutachten, dass die Pflege ihres Gartens lediglich zu einem Achtel aus der Beseitigung von „Schmutz“ durch die Eichen bestehe, so habe sie keinen Anspruch auf die Zahlung einer Entschädigung. Damit habe der Mehrbedarf an Gartenpflege keine unzumutbare Größenordnung angenommen. (OLG Karlsruhe, 6 U 184/07)
Auch „fremdes“ Laub wartet auf Hausbesitzers Besen – Ein Hausbesitzer, dessen Grundstück sich neben drei Eichen befindet, die auf öffentlichem Boden stehen, ist verpflichtet, auch das von diesen Bäumen stammende Laub zu entsorgen, wenn es auf seinen Bürgersteig gefallen ist und die Räum- und Streupflicht von der Kommune auf die Anlieger übertragen worden ist. Das Verwaltungsgericht Lüneburg hielt dem Anwohner vor, „bei regelmäßigem Kehren“ durch das „fremde“ Eichenlaub nicht unangemessen belastet zu sein. Außerdem seien ihm im Gegenzug Straßenreinigungsgebühren erlassen worden. (VwG Lüneburg, 5 A 34/07)
Die Gemeinde muss nicht alle Nase lang Laub wegfegen - Ist nach dem „Straßenreinigungsverzeichnis“ einer Kommune eine Straße einmal wöchentlich zu reinigen, kann eine Fußgängerin, die auf nassem Laub ausrutscht und sich einen Beinbruch zuzieht, keinen Schadenersatz geltend machen. „Eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, ist nicht erreichbar“, so das Kammergericht Berlin. (Hier kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass es insbesondere im Herbst unmöglich sei, abweichend vom Reinigungsplan die Straßen zu säubern, weil schon innerhalb von Minuten „erneut feuchtes Laub in großem Umfang“ auf den – hier ebenfalls von der Kommune zu reinigenden – Gehweg fallen könnte. Die Fußgängerin hätte auf dem „genügend breiten Bürgersteig der erkennbaren Gefahrenstelle ausweichen“ können.) (KG Berlin, 9 U 134/04)
Ohne klare Regelung haften die Eigentümer - Hat eine Wohnungseigentümergemeinschaft nicht eindeutig geregelt, dass auch die Mieter der Wohnungen die Räumpflicht auf dem Bürgersteig zu erfüllen haben, so sind die Eigentümer als Gesamtschuldner schadenersatzpflichtig, wenn jemand auf dem Gehweg vor dem Haus auf Herbstlaub oder Glatteis ausrutscht und sich verletzt. (Intern kann dann der Schaden von dem Eigentümer oder Mieter ersetzt verlangt werden, der verantwortlich war.) (OLG Frankfurt am Main, 3 U 93/01)
... und dann waren da noch die Blätter auf dem Boden eines Blumenladens: Eine Kundin war beim Betreten des Geschäftes ausgerutscht und zog sich beim Sturz eine Verletzung zu. Da sie der Meinung war, dass die den Sturz verursachenden rutschigen Blätter vom Boden hätten entfernt werden müssen, stellte sie Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche. Doch der Inhaber weigerte sich zu Recht, entschied das Gericht, denn man könne von einem Geschäftsinhaber nicht verlangen, dass sämtliche – auch für einen Unfall eher unwahrscheinliche – Gefahrenquellen beseitigt würden. Konkret bedeute dies, dass es in Blumengeschäften schlichtweg nicht zu verhindern sei, dass Pflanzenblätter auf den Boden gelangten. Besucher müssen sich beim Betreten der Räumlichkeiten auf herumliegende Pflanzen(-teile) einstellen. (OLG Koblenz, 5 U 362/11).
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