Gesundheitspolitik

Preismoratorium bleibt bis Ende 2013

Bundesgesundheitsministerium will Zwangsmaßnahmen nicht früher aussetzen

Berlin (ks/jz). Die Verbände der Arzneimittelhersteller hatten in den vergangenen Monaten immer wieder an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) appelliert, die noch bis Ende 2013 geltenden Zwangsmaßnahmen – Preismoratorium und erhöhter Herstellerabschlag – vorzeitig auslaufen zu lassen. Doch wie schon ein Jahr zuvor wurden sie enttäuscht. Nach Überprüfung der Maßnahmen ist das Ministerium letzte Woche zu dem Schluss gekommen: Beide Maßnahmen sind weiterhin und ohne Änderung bis Jahresende erforderlich.

Für Arzneimittel gelten seit August 2010 ein Preismoratorium sowie ein erhöhter gesetzlicher Herstellerabschlag für Nicht-Festbetragsarzneimittel. Geschaffen wurde die Regelung in Zeiten, da man arge Defizite in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erwartete. Mittlerweile hat sich die finanzielle Situation der Kassen bekanntlich erheblich verändert. Dennoch: Bis Ende dieses Jahres sind die Zwangsmaßnahmen gesetzlich vorgesehen – aber ebenso, dass das BMG sie jährlich überprüft. Dies ist nun zum zweiten Mal geschehen. Dazu wurden unter anderem die maßgeblichen Verbände der Kostenträger und der Leistungserbringer sowie die Verbände der pharmazeutischen Industrie um Stellungnahme gebeten.

Die Argumente des BMG

Nach deren Auswertung und der Bewertung der gesamtwirtschaftlichen Lage, einschließlich der Auswirkung auf die GKV, kommt das Ministerium zu dem Ergebnis, dass nichts zu ändern ist. Hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen einer Aufhebung der Zwangsmaßnahmen auf die GKV, so argumentiert das BMG, belegten Daten, dass gerade im Bereich der Fertigarzneimittel ohne Festbetrag weiterhin hohe Umsatzzuwächse zu verzeichnen seien. Vom Umsatzzuwachs der vergangenen Jahre in diesem Bereich werde lediglich ein Teil durch die Erhöhung der gesetzlichen Herstellerabschläge abgeschöpft.

Das Ministerium erinnert zudem daran, dass es die beiden Sparmaßnahmen als Vorgriff auf die erst später zu realisierenden Einsparungen aufgrund der Erstattungsbeträge eingeführt habe. Noch seien diese jedoch nicht vollständig umgesetzt – das Einsparvolumen werde bislang nicht erreicht. Das BMG verweist ferner darauf, dass Hersteller und GKV-Spitzenverband bei der Vereinbarung von Erstattungsbeträgen bereits eine Ablösung der gesetzlichen Herstellerabschläge vorsehen können. Weiterhin führt das Ministerium zur Begründung an, dass bislang nur sehr wenige Unternehmen einen Antrag gestellt hätten, von den Regelungen ausgenommen zu werden. Dies zeige, dass die pharmazeutischen Unternehmer nicht überproportional belastet würden. Zudem schätzten die pharmazeutischen Unternehmer ihre eigene Situation im DIHK-Report Gesundheitswirtschaft durchaus positiv ein. Demgegenüber sei die gesamtwirtschaftliche Entwicklung aufgrund der anhaltenden Staatsschuldenkrise im Euroraum mit erheblichen konjunkturellen Risiken und entsprechenden Auswirkungen für die Beitragseinnahmen der GKV verbunden.

Kopfschütteln bei der Pharmaindustrie

Die Begründungen aus dem BMG stoßen bei den Betroffenen auf Unverständnis: "Völlig substanzlos und nicht mit Zahlen und Fakten unterlegt", erklärte Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Es sei "unhaltbar", Zwangsmaßnahmen aufgrund zu erwartender Gewinne der Pharmaindustrie und zu erwartender Verluste der GKV aufrechtzuerhalten. "Die Wirtschaft boomt, die Zahl der Arbeitslosen sinkt, und die Gesetzliche Krankenversicherung häuft Milliardenüberschüsse an", konstatiert er. Eine Konjunkturflaute sei nicht in Sicht. Auch den Hinweis auf die geringe Anzahl von genehmigten Ausnahmeanträgen hält Fahrenkamp für "blanken Hohn": "Wenn ich nur die Genehmigung bekomme, wenn ich nahezu den Konkurs des Unternehmens nachweise, hat dies nichts mit der Frage zu tun, ob ein Arzneimittel wirtschaftlich noch zu produzieren ist."

Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes forschender Pharma-Unternehmen (vfa), spricht angesichts der GKV-Rücklagen von über 27 Milliarden Euro von einer "Farce". Diese Entscheidung mit einer "Datenlage" zu begründen, ohne eine einzige Zahl zu nennen, sei eine "Luftnummer". Ursprünglich habe die Industrie den Zwangsrabatt als Sondersteuer auf Innovationen zwar akzeptiert, um den hohen Versorgungsstandard und die Leistungsversprechen in der GKV in Notzeiten zu sichern, gesteht sie zu. Eine solche Notlage lasse sich nun aber nicht mehr erkennen.

Das Fazit des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH): Was nicht sein soll, darf offenbar auch nicht sein. Während Umsatzzuwächse der Hersteller offensichtlich per se schädlich seien, würden die gut gefüllten Kassen von Körperschaften öffentlichen Rechts – sprich der gesetzlichen Krankenkassen – nicht hinterfragt. "Die ersten Erstattungsbeträge sind verhandelt, die Abrechnung läuft gesetzes- und vertragskonform, aber all das reicht dem BMG offenbar nicht", so die Kritik des Verbands.



AZ 2013, Nr. 6, S. 2

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