Management

Zusatzverkäufe im Frei- und Sichtwahlbereich

Wenn die Einstellung stimmt, ist schon viel gewonnen!

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit es dem Apotheker und seinem Team gelingt, Zusatzverkäufe zu tätigen? Entscheidend sind die Einstellung zum aktiven Verkauf, eine kundenorientierte Fragetechnik und ein Gesprächsleitfaden, der auf den Abschluss ausgerichtet ist.

Voraussetzung 1

Keine Angst vor dem aktiven Verkauf. Oft wird der Einfluss der Einstellung der PTA zu ihrer Tätigkeit, den Kunden und auch den Produkten, die sie verkaufen möchte, unterschätzt. Gerade im Frei- und Sichtwahlbereich merkt es der Kunde auf einer oft unbewussten Ebene, wenn die PTA den aktiven Verkauf ablehnt, weil sie der Meinung ist, dies gehöre nicht zu ihren Aufgaben und gelinge sowieso nicht.

Wichtig ist es darum vor allem, sich die Einstellung zu erarbeiten, dass es durchaus im Sinn des Kunden ist, wenn die Mitarbeiterin ihn zusätzlich auf Produkte hinweist, die für ihn eventuell von Bedeutung sind. Ein Grund: Durch das gestiegene Gesundheitsbewusstsein wollen viele Kunden zum Beispiel im Bereich der Wellnessprodukte und der Nahrungsergänzungsmittel beraten werden. Das gelingt aber nicht, wenn die PTA der Meinung ist, es genüge, den Rezeptwunsch des Kunden zu erfüllen. Sie sollte sich verdeutlichen, dass die aktive Beratung mit dem Ziel, in ein aktives Verkaufsgespräch einzusteigen, nichts Anrüchiges an sich hat. Aufgabe des Apothekers ist es, etwa im Teammeeting diese positive Einstellung zum aktiven Verkauf zu wecken oder zu festigen.

Voraussetzung 2

Kundenorientierte Fragetechniken beherrschen. Aktiver Verkauf heißt, sich auf die Vorstellungswelt des Kunden einzulassen und Fragen zu stellen, um das Vertrauen des Kunden zu gewinnen. Der Aufbau einer vertrauensvollen Kundenbeziehung gelingt aber nicht (nur) über die fachliche Kompetenz, sondern vor allem über den menschlichen Zugang zum Kunden. So ist es möglich, langfristige und stabile Kundenbeziehungen aufzubauen – die Kunden suchen immer wieder "die Apotheke ihres Vertrauens" auf.

Eine der wichtigsten Fragetechniken, die oft direkt den Zugang zum Kundenherzen eröffnet, ist eine Fragenkombination, die aus einer Zielfrage, einer Verständnisfrage und einer Wertefrage besteht. Sie führt die Mitarbeiterin zum wichtigsten Motiv des Kunden – also zu dem eigentlichen Grund, der ihn zum Kauf bewegt. Die PTA kann ihm so genau das Produkt präsentieren, das ihm nutzt.

Nehmen wir als Beispiel einen Kunden, der in der Zeitung von einem neuartigen Vitaminpräparat gelesen hat:

  • Die Mitarbeiterin stellt zunächst eine Zielfrage: "Was erwarten Sie von einem Vitaminpräparat?" So erfährt sie, dass der Kunde seine Leistungsfähigkeit erhöhen will.

  • Auf die Verständnisfrage "Was bedeutet das für Sie?" erhält sie die Antwort, dass der Kunde seinen Lieblingssport besser ausüben oder nicht nach jedem Treppensteigen so schnell erschöpft sein möchte.

  • Die dritte Frage, die Wertefrage: "Warum ist dies für Sie so wichtig?" führt zum eigentlichen Kaufmotiv. Dem einen Kunden geht es vor allem um den gesundheitlichen Aspekt, der andere möchte sich im Freundeskreis als ausdauernder Jogger profilieren. Das heißt: Jetzt erst liegen der Mitarbeiterin die Informationen zum Kaufmotiv des Kunden vor, die sie in die Lage versetzen, ihm ein maßgeschneidertes Angebot vorzulegen.

Dazu verwandelt die Mitarbeiterin die Nutzenaspekte des Produkts in Kundennutzen. Sie führt ihm die Vor- und auch Nachteile eines Präparats vor Augen und spricht eine kundennutzenorientierte Kaufempfehlung aus.

Voraussetzung 3

Gesprächsleitfaden für Zusatzverkäufe entwickeln. Wenn die Einstellung stimmt und die Mitarbeiter ihre Kommunikationskompetenz, insbesondere ihre Fragekompetenz, kontinuierlich weiterentwickeln, ist schon viel gewonnen. Nun fehlt noch ein Gesprächsleitfaden, der den Mitarbeitern Sicherheit bietet. Welche Aspekte sind bei dem Leitfaden von elementarerer Bedeutung?

Für die Eröffnungsphase gilt, dass der Kunde bei der Begrüßung möglichst mit seinem Namen angesprochen werden sollte. Wenn dieser nicht bekannt ist: Was spricht dagegen, ihn zu bitten, den Namen zu nennen? Mit einem herzhaften Lächeln signalisiert die Mitarbeiterin, dass es nun dieser Kunde ist, der für sie ab sofort in den Mittelpunkt ihres Denkens und Handelns rückt. Indem sie Blickkontakt aufnimmt, strahlt sie Sicherheit aus und schafft eine Vertrauensgrundlage.

In der Informations- und Beratungsphase kommt es darauf an, genau zuzuhören und nachzufragen. Wenn der Kunde eine Andeutung macht wie: "Ausgerechnet jetzt muss ich mich erkälten", fragt die PTA nach: "Warum ist es denn jetzt ungünstig?" Sie erfährt: Seit Kurzem joggt er abends gerne – schon hat die PTA den Einstieg ins Beratungsgespräch geschafft.

Ein Anknüpfungspunkt für eine Beratung ist eine Kundenaufforderung wie: "Bitte geben Sie mir ein Schmerzmittel." Fragen wie: "Nehmen Sie das Mittel gegen Kopfschmerzen?" oder "Soll der Saft helfen, den Husten zu lösen?", führen zu einem Gespräch, in dessen Verlauf die PTA den Kundenbedarf näher kennenlernt.

Wichtig ist, in der Phase der Bedarfsermittlung offene Informationsfragen zu stellen, die den Kunden veranlassen, ins Detail zu gehen. Je mehr die Mitarbeiterin durch konkretes Nachfragen erfährt, desto mehr Anknüpfungspunkte für die Beratung ergeben sich – dazu ein Beispiel:

  • Ein Kunde will "irgendetwas" gegen Mücken haben. Falsch wäre es nun, das ganze "Mücken-Sortiment" aufzufahren und all diese Produkte zu erläutern.

  • Durch Fragen wie: "Haben Sie zu Hause so viele Mücken? Oder fahren Sie in den Urlaub?" und "Für wen ist das Mittel denn?", bringt die PTA nach und nach in Erfahrung, dass der Kunde eine Tochter hat, die sehr empfindlich auf Mückenstiche reagiert. Die Familie will in ein Urlaubsgebiet fahren, in dem es sehr viele Mücken gibt. Der Kunde benötigt also ein Anti-Mückenmittel, das speziell für Kinder geeignet ist.

  • Zudem kann die Mitarbeiterin die zusätzliche Empfehlung aussprechen, ein Mückennetz zu kaufen, um die Fenster abzudecken.

Argumente kundenorientiert vortragen

Erst jetzt – nach der Bedarfsermittlung – legt die Mitarbeiterin dem Kunden die Produkte vor, die er mit einiger Wahrscheinlichkeit braucht. Sie erläutert die Vor- und Nachteile und bezieht den Kunden in die Produktpräsentation ein.

Nun kann der Kunde durchaus Einwände erheben: Ein Produkt ist ihm zu teuer, er ist vom Nutzen nicht überzeugt. Die PTA bestätigt den Einwand erst einmal – und trägt danach weitere Nutzenargumente vor.

Sie versucht überdies, dem Kunden Entscheidungshilfen zu geben, indem sie den Hauptnutzen des Produkts nochmals ins Gespräch bringt, also mit ihrem "besten" Argument zu punkten versucht.

Die Abschlussphase treibt selbst erfahrenen PTAs den Angstschweiß auf die Stirn. Entschließt sich der Kunde zum Kauf, gestaltet sich die Angelegenheit unproblematisch: Die Mitarbeiterin beglückwünscht den Kunden zu seinem Entschluss: "Ich bin sicher, dies ist genau das richtige Produkt für Sie."

Wenn er jedoch zögert, sollte sie bedenken: Die Frage nach dem Abschluss ist eine Frage wie jede andere, die der Kunde mit einem Ja oder Nein beantworten kann.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater



AZ 2013, Nr. 7, S. 4

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