Aus den Ländern

Von Asthma bis Neurodermitis

Allergien – die "Epidemie des 21. Jahrhunderts"

Am 3. März veranstaltete die Apothekerkammer Berlin ihren 17. jährlichen Fortbildungstag. Prävention und Therapie von allergischen Erkrankungen, vor allem im Kindesalter, standen im Mittelpunkt der Vorträge. Apothekerin Ira Seidel vom Fortbildungsausschuss der Kammer moderierte die Veranstaltung.
Die Referenten Dr. Yael Adler, Prof. Dr. Ulrich Wahn und Prof. Dr. Kirsten Beyer sowie die Moderatorin Ira Seidel (von links).
Foto: DAZ/cb

Etwa jeder zehnte in Berlin geborene Säugling leidet an Neurodermitis. In jeder Schulklasse gibt es mindestens zwei asthmakranke Kinder, jeder vierte Teenager in Berlin ist von Heuschnupfen betroffen.

Wenig Möglichkeiten zur Prävention

Prof. Dr. med. Ulrich Wahn, ehemaliger Direktor der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie der Charité, berichtete in seinen beiden Vorträgen über Präventionsmöglichkeiten bei allergischen Erkrankungen. Der "große Wurf" sei hier leider noch nicht gelungen. Daher könne man auch nur wenige konkrete Empfehlungen geben, und solche, die sinnvoll wären, wie das enge Zusammenleben mit Schweinen und Kühen auf einem Bauernhof, sind kaum praktikabel.

Zum Wohle des Kindes sind Rauchverzicht – zumindest in der Schwangerschaft – und Stillen des Säuglings bis zum sechsten Lebensmonat generell zu empfehlen.

SIT: Spezifische Immuntherapie

Bei der Spezifischen Immuntherapie (SIT) ist "ein neues Zeitalter angebrochen", so Wahn. Es habe sich eine Entwicklung von der Eminenz- zur Evidenz-basierten Behandlung vollzogen. Der Anspruch der SIT ist heute deutlich höher als früher: Es soll nicht nur eine symptomatische Besserung, sondern eine langfristige Krankheitsreduktion erreicht werden. Idealerweise wirken die Medikamente auch noch nach Abschluss der empfohlenen Behandlungsdauer von derzeit drei Jahren, worauf erste Ergebnisse aus Studien hinweisen.

Bei Kindern mit allergischer Rhinitis ist es sinnvoll, früh mit einer SIT zu beginnen, um den Übergang zum allergischen Asthma zu vermeiden. Dabei ist es wichtig, die Patienten zum "Durchhalten" zu ermuntern, denn sie müssen bei der SIT ganzjährig täglich eine Dosis einnehmen.

Allergien und pseudoallergische Reaktionen

Dr. med. Yael Adler, in Berlin niedergelassene Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, gab in ihrem Vortrag einen Überblick über Hautreaktionen mit allergischer, aber auch nicht-allergischer Ursache. Zum Thema Basispflege bei Neurodermitis berichtete sie, dass einige ihrer Patienten auf Unguentum leniens und DAC-Basissalbe "schwören". Auch Präparate mit antibakteriell wirksamem Mikrosilber werden sehr gern angenommen und seien auch sinnvoll, da die Haut von Neurodermitikern eine gestörte Keimbalance aufweist.

Differenzialdiagnostisch ist zu bedenken, dass manche Neurodermitis-ähnliche Hauterscheinungen (z. B. eingerissene Mundwinkel) auf einen Zinkmangel zurückzuführen sind. Auch ist nicht jede Hautreaktion mit Rötungen und Quaddeln eine allergische Reaktion – nicht selten handelt es sich um eine Pseudoallergie. Ursache können Lebensmittelzusatzstoffe wie z. B. Farbstoffe sein. In diesem Fall sollte der Patient Dimetinden oral einnehmen.


In der Pause war Gelegenheit zum fachlichen und persönlichen Austausch.
Foto: DAZ/cb

Gegen Anaphylaxie: Adrenalin selbst injizieren

Prof. Dr. med. Kirsten Beyer, Oberärztin an der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie der Charité, wies darauf hin, dass etwa zehn Prozent der Nahrungsmittelallergiker bereits auf geringste Allergenmengen reagieren. Zudem könne nicht vorhergesagt werden, wie schwer die Reaktion bei der nächsten Exposition gegenüber dem Allergen ausfallen wird. Wegen dieses hohen Risikos benötigen die Patienten unbedingt ein Notfallmedikament. Mittel der Wahl ist Adrenalin i.m., zurzeit sind die Fertigpens Fastjekt® und Jext® verfügbar.

Wenn ein Patient mit einer entsprechenden Verordnung in die Apotheke kommt, muss der Apotheker ihm (bzw. seinen Angehörigen) erklären, wie der Pen zu handhaben ist. Ein Notfallpass mit Verhaltenshinweisen und spezielle Schulungen können den Patienten zusätzliche Unterstützung bieten.


cb



DAZ 2013, Nr. 11, S. 84

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