Interpharm 2013

Honorierung, Notdienstpauschale und neue Vergütungsmodelle in der Diskussion

(lk). "Welche Honorierung wollen wir?" lautete die Frage als Arbeitsauftrag an die Diskutanten am ersten Tag der Wirtschafts-Interpharm. Weil neben Uwe Hüsgen und Prof. Dr. Andreas Kaapke auch der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Fritz Becker, auf dem Podium saß, war klar, dass der Blick in die Zukunft zunächst in der Gegenwart hängen blieb. Die Teilnehmer waren sich einig, dass das derzeitige Honorarsystem der Apotheken um weitere Strukturkomponenten erweitert werden sollte.

Die aktuelle Vorlage des Apothekennotdienstsicherstellungsgesetzes (ANSG) nahm in der Debatte breiten Raum ein. Als "Meisterwerk der Juristen" kritisierte der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes, Fritz Becker, den Entwurf des ANSG. "Das ist ein klares Monster", sagte Becker. Aber, so Becker, "wir haben keine andere Wahl", als das Gesetz anzunehmen.

"Sagen wir nein, dann sind die 120 Millionen Euro weg", sah Becker die weitere Gesetzesberatung als alternativlos an: "Wir hoffen, dass wir noch etwas ändern können." Aber eines sei klar: "Das Gesetz muss am Mittwoch ins Kabinett. Wenn es dann zum 1. Juli klappt, haben wir 60 Millionen Euro." Außerdem sei der Ansatz der Notdienstpauschale – wie von der Apothekerschaft gefordert – richtig, etwas für die Struktur zu tun.

Becker räumte ein, vom Gesetzesinhalt überrascht worden zu sein. Als er vergangenen Freitagnachmittag von dem ANSG-Entwurf auf einer Autofahrt erfahren habe, habe er den nächsten Rastplatz angesteuert und sich die Haare gerauft. Zuvor diskutierte Umsetzungswege seien von den Juristen des Bundesinnen- und des Bundesjustizministeriums "zerpflückt" und "zerschossen" worden. Auf die Frage, ob er erklären könne, wie die Umsetzung aussehen könnte, antwortete Becker: "Wenn ich Ihnen das erklären könnte, wären wir einen Schritt weiter."

Keiner Revolution, sondern einer Evolution des bestehenden Honorarsystems auf der Basis der packungsbezogenen Vergütung gehört die Zukunft. Darüber waren sich die Diskutanten Fritz Becker, Uwe Hüsgen und Andreas Kaapke (von links) rasch einig. Zweiter von links Moderator Dr. Thomas Müller-Bohn.

Befürchtungen, der DAV könne demnächst die Apotheken wie eine Polizei kontrollieren, wies Becker zurück. Solche Interpretationen seien unbegründet: "Ich werde nicht mit der Pickelhaube in die Apotheken laufen." Der vom Gesetzgeber vorgesehene Kontrollauftrag müsse ausgegliedert werden. Becker: "Der DAV hat damit nichts zu tun."

Keiner Revolution, sondern einer Evolution des bestehenden Honorarsystems auf der Basis der packungsbezogenen Vergütung gehört die Zukunft. Darüber waren sich Becker, Kaapke und Hüsgen rasch einig. Die Honorarumstellung im Jahr 2004 sei kein Irrweg, sondern ein richtiger Schritt gewesen, verteidigte Becker die heutige Honorierung. Allerdings sei ein großer Fehler gewesen, keine Dynamisierung vereinbart zu haben. Dass müsse sich jetzt ändern. Noch in diesem Jahr werde der DAV erneut an die Politik herantreten, um über weitere Honoraranhebungen in den kommenden Jahren zu sprechen.

Professor Kaapke forderte, für die Dynamisierung eine klaren politischen Ordnungsrahmen zu schaffen: "Wer verhandelt mit wem worüber?", so Kaapke. Auch Hüsgen forderte eine Weiterentwicklung des packungsbezogenen Honorars, weil heute nicht nur mit den Rabattverträgen viele zusätzliche Aufgaben vom Gesetzgeber auf die Apotheker übertragen worden seien. "Wir brauchen weitere Strukturkomponenten, ich könnte mir das auch für die Rezeptur vorstellen", so Becker. Denn derzeit sei das Rezepturhonorar alles andere als kostendeckend. Allerdings könne man dafür wohl nie den tatsächlichen Aufwand durchsetzen: "Wenn wir die Rezeptur kostendeckend rechnen, ist sie tot."

Hüsgen wie Kaapke forderten von den Apothekern mehr Selbstbewusstsein bei der Umsetzung ihrer Honorarforderungen. Hüsgen: "Die Apotheker haben lange genug gebettelt, jetzt sind sie auch mal dran. Ihnen fehlt das Selbstbewusstsein, um mit ihrer Kompetenz nach außen zu gehen. Da hat der Verband etwas geschludert. Die Apotheker sind nicht die Hilfsarbeiter der Ärzte." Man müsse sich ein Beispiel an den Ärzten und ihrer erfolgreichen Honorarpolitik nehmen. Ins gleiche Horn blies auch Professor Kaapke mit Kritik an der Standesvertretung: "Wir brauchen Stürmer, nur im Sturm schießt man Tore", wünschte sich Kaapke eine aktivere Rolle der ABDA.

"Zusätzliche Leistungen müssen zusätzlich honoriert werden", pflichtete Becker bei. Das ABDA/KBV-Modell könne es nicht zum Nulltarif geben. Auch für die Diskussion um die "Pille danach" gelte: Die Beratung durch die Apotheker müsse honoriert werden. Becker: "Dafür muss eine Gebührenordnung geschaffen werden." Stellvertretend fasste Kaapke das Ergebnis der Diskussion zusammen:

1. Die packungsbezogene Honorierung bleibt Grundlage der Apothekenvergütung.

2. Wichtig ist die Einführung einer Dynamisierung

3. Neue Strukturkomponenten müssen entwickelt werden.

Damit war auch Fritz Becker d‘accord: "So ist es, Herr Kaapke, und ich mache Sie zu meinem Pressesprecher."



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