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Rollenspiele für eine bessere Kommunikation

Eine der wichtigsten Aufgaben des Apothekerberufs ist heute die Beratung und Information der Patienten und Kunden – das Gespräch. Der Pharmaziestudierende lernt während des Studiums die fachlichen Grundlagen. Wie er sein Wissen aber so weitergibt, dass er auch verstanden wird, lernt er meist nicht. Die Pharmazieausbildung an der Uni Münster hat dies erkannt und geht hier einen anderen Weg – mit einem Experten-Laien-Kommunikationskurs.
Die Pharmazie in Münster bietet ihren Studierenden zwei Projekte, die die moderne Ausrichtung des Apothekerberufs unterstreichen: einen Experten-Laien-Kommunikationskurs, in dem das Gespräch mit dem Patienten geübt wird, und ein PharMS chool-Projekt, das das interdisziplinäre Denken fördern soll. Dass diese Projekte bei den Studierenden sehr gut ankommen, bestätigten (von links): Philipp Schulte-Mecklenbeck (Student), Dr. Frank Begrow (Psychologie), Prof. Dr. Eugen J. Verspohl (Pharmakologie) und Birte Scharf (Studentin).
Foto: DAZ/diz

Die Ausbildung der angehenden Apothekerinnen und Apotheker an deutschen Universitäten ist – fachlich gesehen – hervorragend. Der Stoff, der in den acht Semestern Pharmazie vermittelt wird, macht aus Abiturienten Naturwissenschaftler, die sich mit Arzneimitteln auskennen. Die jüngste Disziplin der Pharmazie, die Klinische Pharmazie, stellt darüber hinaus den Bezug zum Patienten, zu seinen Krankheiten und seinen klinischen Parametern her. So weit, so gut.

Nur: All dieses Wissen sollte für den Apotheker in der Offizin kein Selbstzweck sein, sondern muss auch in die Beratung und Information der Patienten einfließen. Allerdings wird der junge Pharmazeut Schiffbruch erleiden, wenn er sein Wissen über Neben- und Wechselwirkungen, über eine notwendige Anpassung der Dosierung an klinische Parameter mit der Uni-Sprache, in der er Kolloquien bestanden und mit Assistenten und Professoren kommuniziert hat, an den Patienten bringen will: Der Patient wird ihn nicht verstehen.

Die Ausbildung für Pharmazeuten in den USA sieht daher schon seit Langem Kurse vor, in denen die Kommunikation mit Patienten gelernt und trainiert wird. In Deutschland dagegen setzt sich diese Erkenntnis in der Pharmazeutenausbildung nur langsam durch. Oft herrscht noch die Denke vor, dass sich die universitäre Ausbildung nicht um so praxisnahe Aufgaben wie Kommunikation kümmern sollte.

Angebot für Studierende: ein Kommunikationskurs

An der Uni Münster hat man diese Einstellung allerdings abgelegt. Hier wird den Pharmaziestudierenden im Rahmen des Pharmakologiekurses schon seit 1998 ein Experten-Laien-Kommunikationskurs (ELK) angeboten – mit großem Erfolg. Der Kurs, der von Professor Verspohl mitinitiiert wurde, ist mittlerweile mit vier Doppelstunden im siebten Semester ins Curriculum integriert und wird interdisziplinär mit dem Institut für Psychologie durchgeführt.

In den Kursen werden patiententypische Fälle besprochen, wie sie in der Praxis vorkommen. Zunächst wird der pharmakologische Hintergrund des Falls erörtert. Im Anschluss daran bespricht der Psychologe, mit welchen Fragentechniken man beispielsweise Informationen vom Patienten bekommen kann, ohne dass dieser das Gefühl bekommt, er wird hier ab- oder ausgefragt. Die Vorgaben für eine Gesprächsführung werden dann in Rollenspielen von den Studierenden geübt, indem ein Student in die Rolle des Patienten schlüpft, ein anderer die Rolle des beratenden Apothekers spielt. Die übrigen Kolleginnen und Kollegen beobachten und beurteilen das Gespräch, wie sich der "Apotheker" gegenüber dem Patienten verhält, ob er sich in einer verständlichen Sprache ausdrückt, aber auch wie seine Körpersprache ist.

Wenn möglich versucht man in Münster auch "echte" Patienten hierfür zu rekrutieren, da diese dann ein realistischeres Gespräch abbilden, als wenn Studierende diese Rolle übernehmen. Die Erkenntnisse aus den Antworten werden gesammelt, zusammen mit den vorliegenden ärztlichen Werten (beispielsweise aus dem Arztbrief) beurteilt und in der Gruppe besprochen und bewertet. Danach wird ein Plan zur pharmazeutischen Betreuung aufgestellt: Was muss dem Patienten vermittelt werden, damit seine Therapie verbessert wird? Gibt es Wechselwirkungen, werden zu viele Präparate eingenommen, sollte er noch einmal mit dem Arzt sprechen, kann die Compliance verbessert werden? In zwei weiteren Sitzungen wird mit den Studierenden dann geübt, wie sie Fachinhalte vermitteln.

Viele der Übungsgespräche können in Münster sogar in einer kleinen Lehr- und Übungsapotheke stattfinden, die in der Pharmazeutischen Technologie aufgebaut ist. Dieser Raum ist mit Regalen, HV-Tisch und Arzneimittelpackungen bestückt, um eine Offizinkulisse und die Gesprächssituation über den HV-Tisch hinweg besser darstellen zu können.

Bei den Pharmaziestudierenden stoßen diese Experten-Laien-Kommunikationskurse auf großes Interesse, wie die Evaluation der Kurse zeigt. Sie schätzen es herangeführt zu werden, wie sie ihr fachliches Wissen in der Praxis einsetzen und an den Patienten bringen können. Spricht man mit den Pharmaziestudentinnen und -studenten, ist nahezu unisono zu hören: Die ELK-Kurse gehören zu den beliebtesten Kursen, es ist ein Unterrichtsfach, das sehr gerne angenommen wird, da es auf die Berufstätigkeit in der Apotheke vorbereitet und die anfangs vorhandene Scheu nimmt, auf Patienten zuzugehen.

Die meisten würden gerne noch viel häufiger an solchen Rollenspielen teilnehmen, zum einen als Zuhörer, zum andern vor allem aber auch als aktiver Teilnehmer. Der straffe Ausbildungsplan lässt es derzeit jedoch nicht zu, weitere Kursstunden anzubieten. Wie Professor Verspohl herausstellt, geht es in diesen Kursen nicht um Verkaufsgespräche, wie man Zusatzverkäufe an die Kunden heranbringt oder ähnliches. Es geht vielmehr darum, dem Patienten eine fachliche Beratung zu seiner Arzneimitteltherapie anbieten zu können, angefangen bei der Beratung über Neben- und Wechselwirkungen bis hin zu einem Gespräch über ein Medikationsmanagement und wie die Compliance zu verbessern ist.

Neu in Münster: PharMSchool – für interdisziplinäres Lernen

Ebenfalls auf großes Interesse der Pharmaziestudierenden stößt das Projekt PharMSchool an der Uni Münster, das in diesem Wintersemester unter großem Engagement von Professor Langer (Pharmazeutische Technologie) eingeführt wurde und das es so nur in Münster gibt. Bei diesem Projekt sollen die Studierenden lernen, die fünf Teildisziplinen der Pharmazie (Pharmazeutische Chemie, Pharmazeutische Technologie, Pharmazeutische Biologie, Pharmakologie und Klinische Pharmazie), die Lehr- und Lerninhalte des Hauptstudiums Pharmazie intensiver miteinander zu verknüpfen. PharMSchool begleitet die Studierenden durch das viersemestrige Hauptstudium. In Gruppenprojekten bearbeiten sie ein pharmazeutisches Thema interdisziplinär und fachübergreifend und beleuchten es aus den unterschiedlichen Blickwinkeln. Durch die intensive Beschäftigung mit einem Thema eignen sich die Studierenden über die vier Semester ein vertieftes Wissen an.

Ziele der PharMSchool sind dabei, Teamarbeit zu üben und in selbst organisierten Kleingruppen das kreative eigenständige Arbeiten zu lernen. Die erlernten wissenschaftlichen Methoden sollen dann in selbst entwickelten Projekten angewandt werden, beispielsweise um kritisch und fachlich Informationen zu bewerten, interdisziplinäre Zusammenhänge zu erkennen und zu begreifen.

Die Projektgruppen werden ihre Ergebnisse dann im Rahmen einer gemeinsamen, öffentlichen Abschlussveranstaltung im 8. Semester präsentieren.

Im Wintersemester 2012/13 wurden beispielsweise Projektgruppen ins Leben gerufen zu den Themen Opioide, nicht-steroidale Antirheumatika, rheumatische Erkrankungen, Migräne, Palliativmedizin, Sympathomimetika, Respirationstrakt, Auge, Alzheimer und Urogenitaltrakt. Die Projektgruppe beispielsweise, die als Thema Opioide hat, bearbeitet dieses Gebiet analytisch, technologisch, pharmakologisch. In der neuesten Ausgabe der Zeitschrift UniDAZ (1/2013) finden Sie einen Beitrag zum Projekt PharMSchool aus Sicht einer Pharmazeutin im Praktikum.

Apotheker ist unverzichtbar

Keine Frage, auch viele Pharmaziestudierenden machen sich bereits Gedanken, welche Richtung der Apothekerberuf in der Zukunft einschlagen wird. Das wurde im Gespräch mit den Münsteraner Pharmaziestudierenden deutlich. Ihnen ist klar: Während in früheren Zeiten das Berufsbild des Apothekers durch Lagerung und Herstellung von Arzneimitteln geprägt war, rückte in den vergangenen Jahrzehnten die Beratung zu Arzneimitteln in den Fokus. Zurzeit setzt erneut ein Umdenken statt: Neben die Beratung und Information zu Arzneimitteln gesellt sich mehr und mehr das Medikationsmanagement als pharmazeutische Dienstleistung. Auch die individuelle Dosisanpassung einer Arzneimittelanwendung an das Körpergewicht, an die Nieren-Clearance, an den Metabolismus des Patienten muss zu einem Aufgabengebiet des Apothekers werden. Wie sich im Gespräch mit den Pharmaziestudierenden in Münster zeigte, kann man sich ein Szenario vorstellen, bei dem diese pharmazeutische Dienstleistung auch honoriert wird, nachdem man ihren Nutzen unter Beweis gestellt hat.

Fraglich bleibt, ob diese Ansprüche an ein neues, zukunftsorientiertes Berufsbild des Apothekers mit der gegenwärtig gültigen Approbationsordnung zu machen sind. So kam auch beim Gespräch mit den Pharmaziestudierenden in Münster der Gedanke auf, dass die Ausbildung den neuen Anforderungen angepasst werden müsse.


diz



DAZ 2013, Nr. 14, S. 62

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