DAZ aktuell

Mehrheit für neuen Rahmenvertrag

Vier Gegenstimmen zum Retaxations-Katalog

BERLIN (lk/ks). Mit großer Mehrheit hat die Mitgliederversammlung des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) am vergangenen Freitag in Potsdam die geplanten Änderungen am Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung angenommen. Damit sollen als willkürlich empfundene Retaxationen der Krankenkassen der Vergangenheit angehören. Es gab allerdings vier Gegenstimmen der Mitgliedsorganisationen Bremen, Hamburg, Nordrhein und Westfalen-Lippe. Diese fürchten eine Verschlechterung ihrer vertraglichen Situation und kritisieren eine Generalklausel im neuen Rahmenvertrag. Der DAV hat zugesagt, die fragliche Klausel mit einer Kommentierung klarzustellen.
Dafür Die Mehrheit der DAV-Mitgliederversammlung stimmte den geplanten Änderungen am Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung zu.
Foto: Alex Schelbert

Nach fast zweijähriger Verhandlungszeit hatten sich Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband auf Änderungen im Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung geeinigt. Danach können unter anderem geringfügige Formfehler auf dem Verordnungsblatt geheilt werden. Und: Bei Retaxationen muss die Kasse den ihr entstandenen Schaden grundsätzlich konkret belegen.

Der zuvor recht knapp gefasste § 3 des Rahmenvertrags, der den Zahlungs- und Lieferanspruch regelt, wurde grundlegend neu gefasst. Der Grundsatz ist: "Gibt eine Apotheke ein Produkt, das von der Leistungspflicht umfasst ist, ordnungsgemäß ab, erwirbt sie einen Zahlungsanspruch gegenüber der angegebenen Krankenkasse." Im Anschluss wird detailliert aufgeführt, wann eine Apotheke keinen Zahlungsanspruch erwirbt. Es werden die Produktgruppen genannt, die vom GKV-Leistungskatalog ausgeschlossen sind (z. B. OTC, soweit keine Ausnahmeregelung besteht oder Life-Style-Arzneimittel etc.).

Zudem werden Gründe genannt, warum ein Zahlungsanspruch entfallen kann. Beispielsweise, weil der Verordnung Angaben nach § 2 der Arzneimittelverschreibungsverordnung fehlen – also die grundsätzlichen Rezeptformalia – oder aber die Angaben nach § 9 Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung. In beiden Fällen soll die Apotheke diese formalen Fehler künftig im Rahmen der geltenden Vorschriften beheben können. Andere Fehler können dagegen nicht geheilt werden. Etwa, wenn verschiedene Fristen für die Abgabe überschritten wurden (siehe ausführlichen Bericht in DAZ 2013, Nr. 16, S. 20).

AVWL fürchtet neue Grundlage für Null-Retax

Unmittelbar vor der DAV-Mitgliederversammlung am vergangenen Freitag hatte sich bei einigen Mitgliedsorganisationen Widerstand gegen den Rahmenvertrag formiert. Das vorliegende Ergebnis sei "ernüchternd", hieß es in einer Analyse des Verhandlungsergebnisses. Die Kassen hätten sich einem lückenlosen Ausschluss ungerechtfertigter Retaxationen verweigert und stattdessen neue Möglichkeiten in den Rahmenvertrag hineinverhandelt. Jetzt biete sich die Möglichkeit zur Null-Retaxation bei "nicht ordnungsgemäßer Abgabe". In § 3 (siehe oben) sehen die Kritiker im Umkehrschluss eine Art Generalklausel, die den Kassen aus Gründen, die bislang keine Kürzung berechtigten, wie zum Beispiel Verstöße gegen die Apothekenbetriebsordnung oder gegen andere Bestimmungen, nun Null-Retaxationen eröffneten. Aus rein formalen Gründen legalisiere diese Klausel jetzt Null-Retaxationen von Verordnungen hochpreisiger Arzneimittel wie Thalidomid.

"Wir können und dürfen diesen Vertrag nur unterschreiben", falls Nachbesserungen erzielt würden, hieß es in einem vorab verteilten Argumentationspapier des Verbandes Westfalen-Lippe. Der Rahmenvertrag sei ein "vergifteter Apfel". In der DAV-Mitgliederversammlung setzte sich jedoch eine zustimmende Mehrheit durch. Sechs Nein-Stimmen wären für eine Ablehnung erforderlich gewesen. Nach kontroverser Diskussion und einer Sitzungspause stimmten 13 der 17 Mitgliedsorganisationen dem neuen Rahmenvertrag zu. Der DAV sagte zu, die umstrittene Klausel mit einer Kommentierung auszufüllen.

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