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Lieferengpässe: Ursachen, Konsequenzen, Maßnahmen

DRESDEN (ho). "Versorgungssicherheit und Arzneimittelqualität: die Krankenhausapotheke im Spannungsfeld der globalisierten Märkte" – unter diesem Motto hatte der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e.V. zu seinem 38. Wissenschaftlichen Kongress eingeladen, der vom 30. Mai bis 1. Juni in Dresden stattfand. Vertreter der Krankenhausapotheker, der Ärzte, der Wirkstoffproduzenten und forschenden Arzneimittelhersteller sowie des Bundesgesundheitsministeriums erörterten Gründe für die zunehmende Zahl von Arzneimittel-Lieferengpässen und Lösungsansätze.

ADKA-Präsident Dr. Torsten Hoppe-Tichy, Heidelberg, beklagte, dass die Bewältigung von Arzneimittel-Lieferengpässen in den Krankenhausapotheken inzwischen zum Tagesgeschäft gehöre und somit sehr viel Zeit koste. Dieses Problem betrifft ebenso die öffentliche Apotheke, und Friedemann Schmidt, Leipzig, Präsident der Sächsischen Landesapothekerkammer und ABDA-Präsident, dankte in seinem Grußwort den Krankenhausapothekern, dass sie sich stellvertretend für den gesamten Berufsstand dieses Themas angenommen und es in sehr gelungener Weise medial dargestellt hätten.

Als Gründe für Arzneimittel-Lieferengpässe nannte Hoppe-Tichy unter anderem die zunehmende Oligo- und Monopolisierung der Herstelleinheiten von pharmazeutischen Unternehmern und Rohstoffherstellern, die abnehmende Lagerhaltung bei diesen Betrieben, um "totes Kapital" zu vermeiden, und die Verlagerung von Herstellbetrieben in Regionen mit niedrigeren Qualitätsstandards. Ein weiterer Grund sei ein ruinöser Konkurrenzkampf bei den Anbietern von Arzneimitteln und Rohstoffen. Hier trügen auch die Einkäufer eine gewisse Verantwortung, weshalb beispielsweise die Universitätskliniksapotheken mit Generikaherstellern keine Gesamtverträge mehr schlössen. Lieferengpässe gebe es allerdings nicht nur bei Generika, sondern auch bei Originalpräparaten, und hier seien die Auswirkungen ungleich schwerwiegender. Gravierende Folgen für die Patienten, beispielsweise durch einen Mangel an infundierbaren Zytostatika, seien aber in Deutschland bislang ausgeblieben, weil es anders als in den USA Ausweichmöglichkeiten wie Einzelimporte und Eigenherstellung gebe; in diesem Zusammenhang betonte Hoppe-Tichy die Bedeutung einer umfassenden pharmazeutischen Ausbildung.

Als administrative Maßnahme nannte Hoppe-Tichy unter anderem das unlängst eröffnete Register beim BfArM, in dem pharmazeutische Unternehmer freiwillig über Lieferengpässe informieren. Er regte an, dieses Register nach etwa einem Jahr anhand der Dokumentation von Lieferengpässen in den Krankenhausapotheken zu evaluieren. Die EMA will eine Liste unverzichtbarer Arzneimittel erstellen, für die Mindestvorräte vorgehalten werden müssten; hier sei eine Definition aber schwierig.

Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Berlin, Präsident der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) und onkologischer Chefarzt, berichtete, dass er bereits 2011 eine Stammzelltransplantation verschieben musste, weil Methotrexat nicht lieferbar war. Der Patient habe es zwar überlebt, aber der psychologische Schaden sei unklar. Onkologische Arzneimittel sind nach Daten der FDA in 28 Prozent der Fälle von Lieferengpässen betroffen. Besonders schwer vermittelbar sei dies bei "alten" Zytostatika. Ludwig wies darauf hin, dass durch Lieferengpässe bei diesen etablierten Substanzen nicht nur laufende Therapien gefährdet seien, sondern auch klinische Prüfungen, in denen diese Wirkstoffe als Vergleichstherapie eingesetzt werden. Er plädierte für eine Verpflichtung der pharmazeutischen Unternehmer, über Lieferengpässe zu informieren, und belegte den Nutzen dieser Maßnahme mit Zahlen aus Frankreich. Gleichzeitig gelte es, qualitativ hochwertige Herstellung angemessen zu honorieren.

Die Regeln zur Rohstoffzufuhr beleuchtete Apotheker Dr. Rainer Fendt, Lampertheim, tätig bei BASF und Vertreter des Active Pharmaceutical Ingredients Committee (APIC). Er beklagte, dass inzwischen mehr als 70 Prozent der pharmazeutischen Wirkstoffe aus wenig regulierten Ländern stammten, vor allem aus Indien und China. Am 1. Juli 2013 tritt die EU-Direktive 2011/62/EU (Falsified Medicines Directive) inkraft, die die Qualität importierter pharmazeutischer Rohstoffe gewährleisten soll. Während für Importe aus Staaten der sogenannten Drittlandliste (zzt. Schweiz, Australien, demnächst auch USA) die Einhaltung von GMP-Regeln als gegeben gilt, muss dies für Importe aus anderen Ländern von einer nationalen Behörde schriftlich bescheinigt werden. Diese "written confirmation" hielt Fendt allerdings für einen "Papiertiger".

Apotheker Dr. Siegfried Throm, Berlin, Geschäftsführer Forschung, Entwicklung, Innovation des Verbands die forschenden Pharma-Unternehmen (vfa), wies darauf hin, dass Arzneimittelherstellung ein komplexer Prozess mit zum Teil langwierigen Genehmigungsverfahren sei. Deshalb könnten unerwartete Produktionsausfälle oder Nachfragesteigerungen unter Umständen nicht kurzfristig aufgefangen werden. Eine Erweiterung der Lagerbestände, wie zum Teil gefordert, auf sechs bis neun Monate sei jedoch unverhältnismäßig und könne dazu führen, dass den Kunden Ware mit inakzeptabel kurzer Restlaufzeit geliefert würde.

Ministerialrätin Dr. Dagmar Krüger, Bonn, Bundesministerium für Gesundheit, gab einen Überblick über die bestehenden Regeln zur Sicherstellung der Arzneimittel-Versorgungsqualität (§ 72a AMG, GMP-Bescheinigung bei Drittlandimporten; § 52b AMG, Bereitstellungsauftrag für pharmazeutische Unternehmer und Großhändler; § 79 AMG, Ausnahmen; § 73 Abs. 3 AMG, Einzelimporte). Aktuell werde als Folge der EU-Pharmakovigilanz-Richtlinie der § 29 AMG geändert, indem in Abs. 1g pharmazeutische Unternehmer verpflichtet werden, Zulassungsrücknahmen zu begründen. Das Lieferengpass-Register beim BfArM werde Lieferengpässe nicht verhindern können, aber transparenter machen, so Krüger.

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