Ernährung aktuell

Dichtung und Wahrheit rund um die Adipositas

Disziplin, Kalorienzählen und Sport nutzen wirklich

Rund um das Thema Fettleibigkeit kursieren unzählige Aussagen. Doch welche lassen sich tatsächlich wissenschaftlich belegen, und welche Behauptungen sind lediglich Mythen? Damit hat sich ein US-amerikanisches Forscherteam auseinandergesetzt. Die Wissenschaftler zeigen, dass lediglich ein Teil der Aussagen faktenbasiert ist und somit für die Patientenberatung geeignet ist.

Die Adipositas als eines der zentralen Gesundheitsprobleme beschäftigt nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Massenmedien und weite Teile der Bevölkerung. Wissenschaftler um Krista Casazza von der University of Alabama in Birmingham, USA, analysierten Aussagen zu diesem Thema und klassifizierten diese in Mythen, Annahmen und Fakten. Dafür wurden im Internet verfügbare Massenmedien und wissenschaftliche Fachliteratur ausgewertet. Deutlich wurde, dass nicht alles, was in den Medien oder der Fachliteratur behauptet wird, auch tatsächlich evidenzbasiert ist.

Mythen, ...

So identifizierte Casazza einige hartnäckige Mythen rund um die Ernährung. So ist einer der großen Irrtümer die Annahme, dass gestillte Kinder ein geringeres Risiko haben, fettleibig zu werden. Selbst die Aussage, eine behutsamere Gewichtsabnahme in der Adipositas-Behandlung führe zu besseren Erfolgen als eine ambitionierte Gewichtsreduktion, hielt der wissenschaftlichen Prüfung nicht stand. Ein weiterer Mythos ist die Aussage, dass ein großer und schneller Gewichtsverlust eine schlechtere Langzeitprognose hat, als es beim langsamen, graduellen Gewichtsverlust zu beobachten ist: Crashdiät und langsames Abnehmen führten langfristig zum gleichen Abnehmerfolg. Ebenso wurde widerlegt, dass regulärer Schulsport vor kindlicher Adipositas schützt oder diese reduziert und dass beim Geschlechtsakt unzählige Kalorien verbrannt werden.

... Annahmen ...

Daneben gibt es einige weit verbreitete Annahmen, die bisher weder belegt noch widerlegt wurden. Dazu zählt die Bedeutung eines regelmäßigen Frühstücks für die Entstehung von Fettleibigkeit. Gleiches gilt für das Ess- und Bewegungsverhalten in der frühen Kindheit, den Obst- und Gemüseverzehr sowie die Bedeutung von Zwischenmahlzeiten.

... und evidenzbasierte Fakten zur Adipositas

Es wurden aber auch evidenzbasierte Fakten zum Thema Adipositas identifiziert, die auch als Grundlage für die Ernährungsberatung oder gesundheitspolitische Maßnahmen dienen sollten:

  • Auch wenn genetische Faktoren eine hohe Relevanz für die Entstehung von Adipositas haben, stellen sie kein unabwendbares Schicksal dar. Bereits eine moderate umgebungsbedingte Änderung bewirkt vergleichbare Effekte wie pharmakologische Maßnahmen.
  • Eine Gewichtsreduktion kann sehr gut durch eine geringere Energiezufuhr erreicht werden.
  • Körperliche Aktivität wirkt sich günstig auf die Gesundheit aus. Dieser gesundheitsförderliche Effekt ist unabhängig vom Körpergewicht. Und es fällt körperlich Aktiven leichter, ihr Körpergewicht dauerhaft konstant zu halten.
  • Bei Übergewicht im Kindesalter sollten sowohl die Eltern als auch das häusliche Umfeld einbezogen werden. Damit nehmen Kinder nicht nur erfolgreicher ab, sondern halten das neu erreichte Gewicht auch besser.
  • Mit strukturierten Mahlzeiten und Ersatzmahlzeiten mit festgelegtem Kaloriengehalt kann eine größere Gewichtsreduktion erzielt werden als mit sogenannten ganzheitlichen Konzepten, die auf Ausgewogenheit, Vielfalt und Maßhalten basieren.
  • Medikamente, die die Gewichtsabnahme unterstützen, sind zunächst sinnvoll, bis Betroffene ihren Lebensstil verändert haben.
  • Für stark adipöse Patienten kann ein bariatrischer chirurgischer Eingriff eine sinnvolle, zum Teil lebensrettende Maßnahme darstellen. Zudem hat dies auch einen positiven Einfluss auf etwaige Komorbiditäten wie Diabetes.

Quelle

Krista Casazza et al. Myths, Presumptions, and Facts about Obesity. N Engl J Med 2013; 368 (8): 446 – 454.


Katja Aue, M. Sc. Ökotrophologie

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