Arzneimittel und Therapie

Weniger Diarrhöen dank Probiotika?

Ein Cochrane Review geht der Frage nach, ob Probiotika Clostridium-difficile-assoziierte Durchfälle unter einer Antibiotikatherapie verhindern oder abschwächen können. Das Fazit der Autoren: Probiotika haben einen protektiven Effekt – die Evidenz hierfür ist allerdings nur moderat.

Cochrane Review


Cochrane Reviews sind systematische Übersichtsarbeiten, die alle zu einer therapeutischen Fragestellung relevanten Studien und Forschungsergebnisse zusammenfassen. Sie werden von einzelnen multidisziplinären Gruppen erstellt und beziehen sich immer auf eine konkrete Frage – in diesem Fall, ob Probiotika eine Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhö verhindern können. Durch diese Arbeiten sollen evidenzbasierte medizinische Informationen bereitgestellt und allen Akteuren im Gesundheitswesen zur Verfügung gestellt werden. Die Ergebnisse der Reviews sind in der Cochrane Library einsehbar, Abstracts sind kostenfrei zugänglich: www.thecochranelibrary.com. Die Cochrane Collaboration wurde vor 20 Jahren gegründet und nach dem britischen Epidemiologen Sir Archibald Leman Cochrane benannt.


Eine Antibiotikatherapie verändert die Zusammensetzung der bakteriellen Darmflora und kann die Resistenz gegenüber pathogenen Keimen wie etwa Clostridium difficile herabsetzen. Diese Veränderung kann asymptomatisch verlaufen, aber auch mit schweren klinischen Symptomen einhergehen (s. Kasten). Es wird angenommen, dass Probiotika die Darmflora günstig beeinflussen, da sie einer Infektion mit Clostridium difficile entgegenwirken. Zur Verifizierung dieser Vermutung wurde ein Cochrane Review durchgeführt, in dem Wirksamkeit und Sicherheit von Probiotika erfasst wurden.

Es wurden 23 randomisierte kontrollierte Studien ausgewertet, in denen insgesamt 4213 Erwachsene oder Kinder im Rahmen einer Antibiotikatherapie ein Probiotikum oder ein Placebo bzw. keine Intervention erhalten hatten. Art und Konzentration der Probiotika sowie die Dauer ihrer Einnahme waren in den einzelnen Studien unterschiedlich; häufig wurden verschiedene Lactobacillus-Arten, Saccharomyces boulardii oder Bifidobakterien eingesetzt. Der primäre Studienendpunkt ermittelte die Häufigkeit Clostridium-difficile-assoziierter Diarrhöen, sekundäre Endpunkte untersuchten unter anderem die Therapiesicherheit sowie die Häufigkeit Antibiotika-assoziierter Durchfälle ohne Erregernachweis.

Gefährliche Clostridien


Clostridium difficile ist ein ubiquitär vorkommendes anaerobes grampositives Stäbchenbakterium, das Ende der 1970er Jahre als Erreger von Durchfallerkrankungen im Zusammenhang mit einer Antibiotikabehandlung identifiziert wurde. Die vom Bakterium gebildeten Toxine Enterotoxin A und Cytotoxin B führen zu einer zytotoxischen Schädigung der Intestinalzellen, was sich in Durchfällen und Koliken äußert, aber auch asymptomatisch verlaufen kann. Bei etwa einem von 100 antibiotisch behandelten Patienten muss mit einer C.-difficile-Infektion gerechnet werden. Klinische Zeichen einer Infektion mit Clostridium difficile sind plötzlich einsetzende wässrige Durchfälle mit charakteristischem fauligem Geruch sowie Schmerzen im Abdomen und Fieber. Im schlimmsten Fall entwickelt sich eine pseudomembranöse Colitis mit lebensbedrohlicher Diarrhöe. Die Letalität wird mit 1 bis 2% angegeben, kann aber bei älteren Patienten mit Komorbiditäten und insbesondere in Verbindung mit dem gehäuften Auftreten von hypervirulenten Stämmen deutlich höher sein [Quelle: www.rki.de].

Moderater Nutzen der Probiotika

In der Probiotika-Gruppe war bei 2% der Probanden eine Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhö aufgetreten, in der Vergleichsgruppe bei 5,5%. Das entspricht einer relativen Risikoreduktion von 64%. Unerwünschte Ereignisse waren in der Vergleichsgruppe etwas häufiger vorgekommen als in der Probiotika-Gruppe, so dass die Einnahme von Probiotika als sicher angesehen wird. Die Häufigkeit einer Clostridium-difficile-Infektion (die nicht automatisch mit Durchfällen begleitet ist) unterschied sich in den beiden Gruppen nicht signifikant. Die Evidenz für diese drei Aussagen wird von den Studienautoren als moderat eingestuft (s. Tabelle). Zahlreiche Subgruppen-Analysen ergaben keine weiteren auffallenden Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. In einer weiteren Analyse wurde die Inzidenz Antibiotika-assoziierter Durchfälle (ohne Erregernachweis) untersucht. Hier zeigte sich in der Probiotika-Gruppe ebenfalls eine geringere Häufigkeit als in der Vergleichsgruppe; die Risikoreduktion betrug 40%.

Ergebnisse der im Cochrane Review ausgewerteten Studien mit Probiotika.

Studienendpunkt
Ereignisse in der Studienpopulation
relatives Risiko RR
(95% Konfidenzintervall)
Evidenzgrad
Vergleichs-Gruppe
Probiotika-Gruppe
C.-difficile-
assoziierte Diarrhö
55 von 1000
20 von 1000
RR 0,36 (0,26 – 0,51)
moderat
unerwünschte
Wirkungen
187 von 1000
150 von 1000
RR 0,80 (0,68 – 0,95)
moderat
C.-difficile-
Infektionen
127 von 1000
113 von 1000
RR 0,89 (0,64 – 1,24)
moderat
Antibiotika-
assoziierte Diarrhö
209 von 1000
125 von 1000
RR 0,60 (0,49 – 0,72)
gering

Fazit der Autoren

Diese Ergebnisse zeigen, dass durch Probiotika die Häufigkeit Clostridium-difficile-assoziierter Diarrhöen verringert werden kann. In absoluten Zahlen ausgedrückt, kann durch die Probiotika-Gabe in 35 von 1000 Fällen eine durch den Erreger Clostridium difficile verursachte Durchfallerkrankung verhindert werden. Die Häufigkeit Antibiotika-assoziierter Durchfälle (ohne Spezifizierung des Erregers) wird ebenfalls gesenkt, die Evidenz hierfür wird aber nur als gering eingestuft. Die Inzidenz von Infektionen mit C. difficile wird nur unwesentlich verringert. In weiteren Studien sollte geklärt werden, mit welchen Probiotika die besten Ergebnisse erzielt werden und wie sich Dosis und Behandlungsdauer auf den Therapierfolg auswirken.


Quelle

Goldenberg JZ et al. Probiotics for the prevention of Clostridium difficile-associated diarrhea in adults and children (review). The Cochrane Library 2013, Issue 5. (http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/14651858.CD006095.pub3)

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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