Aus den Ländern

Sommerfest von Hamburger Apothekerkammer und Apothekerverein

Viele Baustellen im Umgang mit Krankenkassen

Am 8. August veranstalteten die Hamburger Apothekerkammer und der Hamburger Apothekerverein ihr Sommerfest „Treffpunkt Apothekerhaus“ mit zahlreichen Gästen von anderen Heilberufen, den Krankenkassen sowie aus der Politik, Behörden und den Medien. In ihren Begrüßungsreden sprachen der Vereinsvorsitzende Dr. Jörn Graue und Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen zahlreiche Themen an, die im berufspolitischen Herbst bedeutsam werden könnten. Dabei ging es in vielfacher Hinsicht um die Beziehungen zu den Krankenkassen.
Fotos: DAZ/tmb
Gastgeber beim „Treffpunkt Apothekerhaus“ in Hamburg (von links): Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, und Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg.

Schon jetzt sei von Schwierigkeiten bei der Herstellung der Grippeimpfstoffe für die kommende Saison zu hören, berichtete Graue und verwies auf Meldungen, die Reagenzien für die Herstellung der Grippeimpfstoffe seien verspätet eingetroffen. Bei den Versorgungsproblemen im vorigen Jahr hatte GlaxoSmithKline mit einer Sonderproduktion ausgeholfen. Doch diesmal gewann ein anderer weltweit tätiger Konzern die Ausschreibung und soll nun fast die Hälfte Deutschlands mit einem trivalenten Impfstoff versorgen, während der pünktlich bereitgestellte innovative tetravalente Impfstoff von GSK und der nasal zu applizierende Impfstoff von Astra Zeneca aus ökonomischen Gründen nicht berücksichtigt worden sind, so Graue. Als weiteres Problem im Zusammenhang mit Krankenkassen ging Graue auf Nullretaxationen und die Arbeit von Rezeptprüfstellen ein. Dazu merkte er an, der ökonomische Erfolg decke bei Weitem nicht die Kosten der vollständigen Prüfung. „Stichproben täten es auch mit gleichem Effekt“, so Graue.

Daneben wies Graue auf die große Bedeutung des Datenschutzes im Umgang mit Rezeptdaten hin und ging mit einer Bemerkung auf die Honorardebatte ein. Im Zusammenhang mit der von Gesundheitsminister Bahr angedeuteten dynamischen Anhebung des Honorars für die Zukunft fragte Graue, wie es denn mit einer Erhöhung des prozentualen Anteils mit degressiver Komponente wäre. „Nicht neu, doch immer noch aktuell“, merkte Graue dazu an.

Nicht zu heißes Sommerwetter ohne den befürchteten Regen sorgte für gute Rahmenbedingungen beim Sommerfest im Garten des Hamburger Apothekerhauses.

Apotheken statt Callcenter

Siemsen betonte die große Bedeutung der Apotheken angesichts des demografischen Wandels. Für die wohnortnahe Versorgung im Quartier müssten intelligente Strukturen geschaffen werden, doch „die Apotheke ist schon da, und das soll auch so bleiben“, so Siemsen. Sie diene schon heute als erster Ansprechpartner rund um die Gesundheit. Der Zugang zu einer adäquaten Arzneimittelversorgung müsse dauerhaft für alle gewährleistet sein. Dabei müsse das Notwendige zur Verfügung stehen und das Überflüssige oder gar Kontraproduktive vermieden werden. „Wir Apotheker haben das Problem der Polypharmazie schon lange erkannt und patientenfreundliche und gesundheitsfördernde Strategien für die optimierte Versorgung entwickelt“, erklärte Siemsen. Arzneimitteltherapiesicherheit und Medikationsmanagement könnten jederzeit umgesetzt werden. Diese Leistungen müssten aber entsprechend vergütet werden. Doch er habe den Eindruck, man gebe lieber „Unsummen“ für Callcenter aus, als den Fachmann vor Ort zu bemühen, so Siemsen. Er frage daher, warum die Angebote der Apotheker nur so zögerlich und vereinzelt angenommen werden.

Mehr am Patienten orientieren

Zudem kritisierte Siemsen, dass Repräsentanten der Krankenkassenspitzenverbände die Apotheken als Kostentreiber darstellen und behaupten, die Freigabe des Fremd- und Mehrbesitzverbotes würde zu effektiveren Strukturen führen. Er verwies auf oligopolistische Unternehmen in anderen Wirtschaftsbereichen, die das Gegenteil beweisen, und auf andere europäische Länder mit Apothekenketten, die sich mit großen Anstrengungen gegen den Verlust der flächendeckenden Versorgung wehren müssen.

Hingegen betrachtet Siemsen einige Krankenkassen als bürokratischen Moloch und wünscht sich von ihnen eine größere Patientenorientierung, denn er gewinne zunehmend den Eindruck, es gehe im Gesundheitswesen nicht mehr um Menschen, sondern um Kostenstellen. Daher erklärte Siemsen: „Ich denke, alle Beteiligten im Gesundheitswesen müssen wieder zu einer Partnerschaft zum Wohle der Patienten zurückfinden.“ 

tmb

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