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Familienfreundlich, aber wie?

Wahlprüfsteine für Angestellte – Teil 4

Was können Arbeitnehmer und speziell die überwiegend weiblichen Angestellten in Apotheken von den Parteien nach der Wahl erwarten? ADEXA hat als Entscheidungshilfe für die Mitglieder nachgefragt, gibt aber keine Wahlempfehlung.

Chancengleichheit für Frauen und Männer, familienfreundliche Arbeitsbedingungen und Absicherung vor Altersarmut sind die Themen im vierten Teil unserer ADEXA-Wahlprüfsteine:

Frage: Welche Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass Arbeitsplätze familienfreundlicher werden und die Chancen von Frauen sich verbessern?

Dass Frauen erheblich weniger verdienen als Männer, sei nicht selbst verschuldet, sondern strukturell begründet, schreibt die SPD in ihrem Wahlprogramm. Sie will Betriebe mit einem Entgeltgleichheitsgesetz verpflichten, die Lohndiskriminierung von Frauen zu beenden. Außerdem plant die Partei eine verbindliche 40-Prozent-Geschlechterquote für Aufsichtsräte und Vorstände börsennotierter und mitbestimmter Unternehmen. Das Bundesgleichstellungsgesetz will die SPD überarbeiten. Eine Familienarbeitszeit soll beiden Elternteilen erlauben, ihre Arbeitszeit zeitlich befristet zu reduzieren, ohne dass dies zulasten ihrer beruflichen Entwicklung geht. Für Eltern und pflegende Angehörige ist ein Rückkehrrecht zur alten Arbeitszeit geplant. Betriebe sollen Anreizsysteme zur Einführung von Lebensarbeitszeitkonten und Arbeitszeitkonten erhalten. Die Grünen wollen ebenfalls ein Recht auf Rückkehr zu Vollzeit einführen; sie fordern außerdem qualifizierte Angebote für Wiedereinsteiger. Mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden sollen neue Modelle für die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit entwickelt werden, die sich am Leitbild einer vollzeitnahen Teilzeit für beide Eltern orientieren. Partnermonate und Teilelterngeld sollen so ausgestaltet werden, dass eine partnerschaftliche Aufteilung von Familienarbeit und beruflicher Tätigkeit gefördert wird. Neben einer ganztägigen Kinderbetreuung wollen die Grünen flächendeckend Ganztagsschulen aufbauen, als Zwischenschritt soll eine Betreuungsgarantie für Kinder ab dem ersten Lebensjahr dienen. Erwerbshemmnisse für Frauen wie das Ehegattensplitting, Minijobs und die freiwillige Mitversicherung in der Krankenkasse sollen abgebaut werden.

Die Linke hat sich den Ausbau einer flächendeckenden, gebührenfreien und qualitativ hochwertigen Kindertagesbetreuung und der Ganztagsschulen sowie eine familienfreundliche Umgestaltung der Arbeitswelt auf die Fahnen geschrieben. Dazu gehören ein erweiterter Kündigungsschutz für Eltern, das Rückkehrrecht auf den gleichen oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz nach der Elternzeit, ein Initiativrecht zur Gestaltung der Arbeitszeit und die bessere Förderung von Alleinerziehenden bei der Rückkehr in den Beruf. Die Eingruppierungskriterien der Tarifverträge sollen nach geschlechtergerechten Kriterien überarbeitet werden. Außerdem soll ein Verbandsklagerecht im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz dazu beitragen, strukturelle Diskriminierungen abzubauen. Betriebe sollen gesetzlich so lange zu Gleichstellungsmaßnahmen verpflichtet werden, bis die gleiche Entlohnung von Frauen und Männern erreicht ist. Von der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns würden Frauen am meisten profitieren, schreibt die Linkspartei.

CDU und CSU wollen das Kinderbetreuungsangebot um eine Ganztagsbetreuung für alle Kinder bis 12 Jahre und zeitlich flexible Öffnungszeiten der Kitas ausweiten. Die Vätermonate bei der Elternzeit sollen auf drei Monate steigen. Bis 2020 will die Union von den Unternehmen eine „verpflichtende Flexi-Quote“ für Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat fordern. Ein Rückkehrrecht auf Vollzeitbeschäftigung plant auch die Union und will so weiblicher Altersarmut entgegenwirken.

Die FDP will die Steuerklasse V abschaffen, weil sie den Wiedereinstieg für Frauen unattraktiv mache; das Ehegattensplitting wollen die Liberalen aber beibehalten. Steuerfreibeträge für Kinder sollen schrittweise auf das Niveau von Erwachsenen steigen. Die Nutzung von flexiblen Arbeitszeitmodellen, Home-Office-Möglichkeiten, Freistellungsjahren und der Wechsel zwischen Voll- und Teilzeit sollen weiter erleichtert werden. Das Elterngeld soll durch bessere Teilzeit-Möglichkeiten flexibilisiert und die Partnermonate gestärkt werden. Familienpolitische Leistungen will die FDP neu und effizienter ordnen. Auch das neue Betreuungsgeld soll überprüft und ggf. abgeschafft werden.

Frage: Welche Konzepte sollen die zunehmende Altersarmut bekämpfen?

Die SPD plant einen abschlagsfreien Zugang zur Rente ab 63 Jahren nach 45 Versicherungsjahren, eine „attraktive Teilrente“ ab dem 60. Lebensjahr oder vergleichbare Übergangsmodelle, für die Tarifverträge abgeschlossen werden können, sowie einen abschlagsfreien Zugang zur Erwerbsminderungsrente. Eine Anhebung des Renteneintrittsalters soll erst möglich sein, wenn mindestens die Hälfte der 60- bis 64-jährigen Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist. Das derzeitige Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung will die SPD bis zum Ende des Jahrzehnts aufrechterhalten. Sie schreibt: „Die betriebliche und tarifvertraglich abgesicherte Altersversorgung ist aus unserer Sicht die beste Form der privaten und zugleich kollektiven Altersversorgung. Wir wollen sie stärken und durch die Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeit auch in den Regionen und Branchen durchsetzen, in denen sie derzeit wegen geringer Tarifbindung nur wenig genutzt wird. Der Ausbau der betrieblichen Altersvorsorge darf dabei nicht allein von den Beschäftigten getragen werden.“ Parallel zu einem gesetzlichen Mindestlohn ist eine „Solidarrente” geplant, damit langjährig Versicherte (30 Beitrags- bzw. 40 Versicherungsjahre) mindestens 850 Euro Rente bekommen. Wer diese Solidarrente innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erreicht, soll den Betrag als Grundsicherung nach einer erfolgten Bedürftigkeitsprüfung erhalten.

„Die Bekämpfung von Altersarmut fängt schon bei der Bildung an“, schreiben die Grünen. Wichtig sei ferner eine Arbeitsmarktpolitik, die Frauen wie Männern reelle Chancen auf einen Arbeitsplatz ermögliche. Präventiv seien ferner die Einführung eines Mindestlohns und die Weiterentwicklung der Rentenversicherung notwendig. Von einer steuerfinanzierten „Garantierente“ würden gerade auch Frauen profitieren. Sie soll ein Mindestniveau von 30 Entgeltpunkten haben, entsprechend aktuell 842,10 Euro. Voraussetzung dafür soll eine Mindestversicherungszeit von 30 Jahren sein.

CDU/CSU wollen „den Weg der Stabilisierung der Rente und der Sicherung des Lebensstandards im Alter fortsetzen“. Die gesetzliche Rentenversicherung müsse auch künftig einen spürbaren Bezug zur Beitragsleistung aufweisen, dürfe aber ein bestimmtes Sicherungsniveau nicht unterschreiten, ohne dabei die Beitragszahler zu überfordern. Die private und betriebliche Vorsorge soll attraktiver gestaltet werden. Der wachsenden Altersarmut wollen CDU und CSU „gezielt gegensteuern“.

Die Linke will Altersarmut durch einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 10 Euro und den Abbau prekärer Beschäftigung bekämpfen. Für Frauen soll der Zugang zu Erwerbsarbeit und gleicher Entlohnung verbessert werden, damit sie eigenständige Rentenanwartschaften aufbauen können. Das Rentenniveau will die Linkspartei wieder auf 53 Prozent anheben und eine Mindestrente von 1050 Euro einführen. Der Solidarausgleich in der gesetzlichen Rente soll gestärkt und Zeiten der Kindererziehung und Pflege, von Arbeitslosigkeit und Niedriglohnbezug besser bewertet werden.

Die FDP will die gesetzliche Rentenversicherung stärker durch private und betriebliche Vorsorge ergänzen, dabei favorisiert sie eine Mischung aus umlagefinanzierter und kapitalgedeckter Vorsorge. Eine Einheitsversicherung, zum Beispiel durch die Einbeziehung der berufsständischen Versorgungswerke, lehnen die Liberalen ab. Einkommen aus privater und betrieblicher Vorsorge sollen nur teilweise auf die Grundsicherung im Alter angerechnet werden. Die 2004 eingeführte doppelte Belastung der betrieblichen Altersvorsorge durch Sozialabgaben soll wieder abgeschafft werden.

Wahlprüfsteine

Alle Wahlprüfsteine finden Sie im Internet unter

www.adexa-online.de/wahl-2013

Lesen Sie im fünften Teil der Wahlprüfsteine, wie sich Parteien zum Mindestlohn und zu Arbeitnehmerrechten äußern. 

Dr. Sigrid Joachimsthaler

Michael van den Heuvel

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