Arzneimittel und Therapie

Metformin zur Krebsprävention?

Diabetiker mit Prostatakarzinom profitieren

Hat Metformin einen Einfluss auf den Krankheitsverlauf von Diabetikern, die an einem Prostatakarzinom erkrankt sind? Mit dieser Frage befasste sich eine Anfang August dieses Jahres publizierte Studie. Ihr Fazit: Prostatakarzinompatienten, die aufgrund ihres Diabetes Metformin eingenommen hatten, zeigten im Vergleich mit Prostatakarzinompatienten, die eine andere antidiabetische Therapie erhalten hatten, geringere Mortalitätsraten.

Seit einiger Zeit verdichten sich die Hinweise, dass die Einnahme des Biguanids Metformin das Krebsrisiko senken und den Verlauf von Tumorerkrankungen günstig beeinflussen kann. Über die Mechanismen wird noch spekuliert, diskutiert werden eine indirekte Wirkung über die Abnahme des Insulinspiegels oder ein direkter Einfluss, der sich über eine verminderte Zellproliferation und eine verstärkte Apoptose bemerkbar macht. Die Assoziation zwischen Metformin und einem günstigen Verlauf einer Krebserkrankung wurde für mehrere Tumorentitäten festgestellt (s. Kasten). Da Studien zum Einfluss von Metformin auf den Verlauf einer Prostatakarzinomerkrankung zu keinen einheitlichen Aussagen geführt hatten, wurde von einer kanadischen Arbeitsgruppe eine erneute Untersuchung durchgeführt. Die bevölkerungsbasierte retrospektive Kohortenstudie basiert auf den Angaben mehrerer kanadischer Datenbanken und des Krebsregisters von Ontario. Es wurde eine Kohorte von über 66 Jahre alten Diabetikern ausgewählt, die im Lauf ihrer Erkrankung ein Prostatakarzinom entwickelt hatten. Innerhalb dieser Gruppe wurde der Einfluss einer antidiabetischen Therapie nach der Diagnose Prostatakarzinom auf die Gesamtmortalität und die Prostatakarzinom-spezifische Mortalität ermittelt. Die Kohorte bestand aus 3837 Teilnehmern, die im medianen Alter von 75 Jahren an einem Prostatakarzinom erkrankt waren. In der folgenden, knapp fünfjährigen Beobachtungszeit verstarben 1343 Patienten (35%), darunter 291 (8%) an den Folgen eines Prostatakarzinoms. Rund ein Drittel der Patienten wurde bereits vor der Krebserkrankung mit Metformin behandelt, nach der

Tumordiagnose knapp die Hälfte (42%). Die anderen Studienteilnehmer hatten Sulfonylharnstoffe, Thiazolidin-Derivate oder Insulin erhalten. Die Dauer einer Metformin-Therapie vor der Krebsdiagnose betrug median 19 Monate, nach der Diagnose median 8,9 Monate. Bei knapp der Hälfte der Studienteilnehmer kam es zu Therapieunterbrechungen.

Abnahme der krebsspezifischen Mortalität

Die Einnahme von Metformin führte zu einer Abnahme der Prostatakarzinom-spezifischen Mortalität um 24% für jedes zusätzliche halbe Jahr einer Metformin-Therapie. Die Beziehung zwischen der kumulativen Metformin-Einnahme und der krebsspezifischen Mortalität war linear. Die Therapie mit Sulfonylharnstoffen, Thiazolidin-Derivaten oder Insulinen beeinflusste die tumorbezogene Sterblichkeit nicht.

Metformin – eine vielversprechende Option zur Chemoprävention

Bei der diesjährigen Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) wurde eine Metaanalyse vorgestellt, die eine Assoziation zwischen der Einnahme von Metformin und der Krebsinzidenz und -mortalität mehrerer Tumorentitäten aufzeigt. Diese Metaanalyse basiert auf 47 Publikationen mit den Daten von 32.647 Krebsneuerkrankungen und 1198 Krebstodesfällen. Ihre Kernaussage: Typ-2-Diabetiker, die mit Metformin behandelt wurden, hatten ein um 34% geringeres Risiko, an Krebs zu erkranken, als Patienten, die ein anderes orales Antidiabetikum einnahmen (summary relative risk [SRR] = 0,66; 95% Konfidenzintervall 0,42–1,03). Die Krebssterblichkeit war um 49% geringer (SRR = 0,51; 95% Konfidenzintervall 0,30–0,86). Signifikante Reduktionen zeigten sich bei der Inzidenz von Leberkarzinomen (SRR = 0,40; 95% Konfidenzintervall 0,20–0,80) und Lungenkrebs (SRR = 0,87; 95% Konfidenzintervall 0,83–0,93).

Auch nach der Berücksichtigung des Body-Mass-Index (BMI) und dem Ausschluss von Studien mit einer möglichen zeitabhängigen Verzerrung war die Krebsinzidenz bei den mit Metformin behandelten Patienten weiterhin geringer. So ergab sich z.B. für Brustkrebserkrankungen in den BMI-adjustierten Studien eine signifikante Reduktion um 24% und für Prostatakarzinome um 11%.

Ob sich diese bei Diabetikern erhobenen Effekte auch auf andere Populationen übertragen lassen, ist derzeit noch nicht bekannt.

Die Gesamtmortalität sank unter der Therapie mit Metformin ebenfalls. Diese Beziehung war aber nicht linear. Nach den ersten sechs Monaten der Behandlung konnte eine Reduktion der Gesamtsterblichkeit um 24% verzeichnet werden. Doch je länger die Therapie dauerte, umso geringer ausgeprägt war die Assoziation zwischen der Metformin-Gabe und der Gesamtmortalität. So konnte für den Zeitraum zwischen 24 und 30 Monaten Metformin-Therapie nur noch eine Reduktion der Gesamtmortalität von 7% verzeichnet werden. Die Therapie mit Sulfonylharnstoffen, Thiazolidin-Derivaten oder Insulinen beeinflusste die Gesamtmortalität wiederum nicht.

Mögliche Konsequenzen

Welche Konsequenzen können aus diesen Ergebnissen gezogen werden? Eine naheliegende Konsequenz ist die Empfehlung, dass Diabetiker mit einem Prostatakarzinom zur Kontrolle des Blutzuckerspiegels vorrangig Metformin erhalten sollen. Des Weiteren könnte Metformin als sicheres und effektives Mittel zur Sekundärprävention eingesetzt werden. Welche Wirkung Metformin bei Prostatakarzinompatienten ohne Diabetes aufweist, ist derzeit noch unzureichend untersucht. 

Quelle

Margel D et al. Metformin use and all-cause and prostate cancer-specific mortality among men with diabetes. JCO online vom 5. August 2013. http://ascopubs.org./cgi/doi/10,1200/JCO.2012.46.7043.

 

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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