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Deutscher Apothekertag 2013
Brandenburg in den Ausschuss verwiesen
Die Brandenburger Anträge resultierten aus einer Befragung der Apothekerkammer, an der sich die Mitglieder intensiv beteiligt hatten. Kammerpräsident Jens Dobbert berichtete über einen Rücklauf von 79 Prozent. Der erste Antrag befasste sich mit der Barrierefreiheit. Gemeinsam mit einem Antrag der Apothekerkammer Nordrhein zielte er darauf, die Vorschrift mit Augenmaß umzusetzen, die Verhältnismäßigkeit zu wahren und die Vorschrift erforderlichenfalls so zu ändern, dass die wirtschaftliche Existenz des Apothekers nicht gefährdet werde. In der Diskussion vertrat Dr. Jürgen Kögel die These, die Barrierefreiheit sei eine Frage des Baurechts und nicht der ApBetrO. Pharmazierat Christian Bauer äußerte die Erwartung, angesichts vieler Patienten mit Mobilitätseinschränkung werde der Zugang zu einem Wettbewerbsaspekt, erklärte aber auch, die Pharmazieräte würden die Vorschrift mit Augenmaß angehen. Allerdings müsse jede Apotheke Anstrengungen unternehmen, um einen barrierefreien Zugang zu schaffen. Wolfgang Gröning erklärte, dass am Niederrhein Stufen vor Geschäftsräumen für den Hochwasserschutz notwendig seien. Dabei wolle er nicht vom Wohlwollen des Pharmazierates abhängen. ABDA-Justiziar Lutz Tisch erklärte, er kenne bisher keine Apotheke, die wegen des Zugangs unverkäuflich sei oder geschlossen werden sollte. Wenn dies eintrete, sei es ein klassischer Fall für eine gerichtliche Klärung, bei der dann auch der grundgesetzliche Bestandsschutz greife. Zugleich warnte Tisch, die Diskussion über die ApBetrO wieder zu eröffnen, denn dann würden sich auch andere Marktbeteiligte wieder mit ihren Ideen einbringen. Daraufhin beantragte Theo Hasse, Vorsitzender des Landesapothekerverbandes Rheinland-Pfalz, den Antrag in einen Ausschuss zu verweisen und kündigte an, dies auch bei den folgenden Anträgen zu tun. Dort könne in Ruhe beraten werden, welcher Handlungsbedarf wirklich bestehe. Die Versammlung entschied dann, den Antrag zur Barrierefreiheit in einen Ausschuss zu verweisen.
Was tun mit der Antragsflut?
In der weiteren Diskussion ging es zugleich um das Verfahren zum Umgang mit diesen Anträgen, um die Frage, ob eine erneute Debatte über die ApBetrO überhaupt sinnvoll ist, und um einige inhaltliche Aspekte zu den Anträgen. Ein wesentliches Problem war dabei der Zeitplan der Versammlung. Denn diese Diskussion wurde am Freitag gegen 12 Uhr geführt, die Hauptversammlung hatte bereits seit 9 Uhr ohne Pause getagt und auch nach der Rubrik zum Ordnungsrahmen standen noch viele Anträge auf der Tagesordnung. Es war daher absehbar, dass bei einer ausführlichen Debatte eine konzentrierte Diskussion immer schwieriger werden würde. Da die Sitzung ursprünglich gegen 14 Uhr enden sollte, würde es letztlich von den Reisemöglichkeiten der Delegierten abhängen, wer bis weit in den Nachmittag teilnehmen könnte. Vor dem Hintergrund dieses Zeitdrucks schlug ABDA-Präsident Friedemann Schmidt vor, die ABDA-Mitgliederversammlung als zuständigen Ausschuss zu interpretieren. Die Bearbeitung in diesem hohen Gremium sichere eine angemessene Behandlung der Anträge, der Zeitdruck beim Apothekertag dagegen mache die vernünftige Behandlung schwer, so Schmidt. Daraufhin wurde zunächst ein Antrag der Apothekerkammer Nordrhein zur Gleichbehandlung von Rezepturen und kleinen Defekturansätzen in die Mitgliederversammlung verwiesen. Das bei etlichen Delegierten spürbare Unbehagen gegenüber dieser Vorgehensweise brachte Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, mit der Anmerkung zum Ausdruck, er erwäge, den Schluss der Versammlung zu beantragen. Darauf entgegnete Schmidt, dies sei „eine unglückliche Situation“ und auch er sei nicht zufrieden. Der nächste Antrag, in dem gefordert wurde, bei Defekturen mit bis zu zehn Packungseinheiten auf eine Prüfung zu verzichten, wurde nach kurzer Diskussion nur noch knapp mit 174 gegen 162 Stimmen in einen Ausschuss verwiesen.
Kontroverse zur Plausibilitätsprüfung
Zum folgenden Antrag, die Dokumentation der Plausibilitätsprüfung von Rezepturen abzuschaffen, entwickelte sich dann eine inhaltliche Debatte. Kögel wies darauf hin, dass auch bei standardisierten Rezepturen die personenbezogenen Aspekte zu prüfen seien, und fragte, warum dies dann nicht auch für Defekturen und sogar für Fertigarzneimittel gelte. BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer verwies auf unterschiedliche Interpretationen zum Umfang der Dokumentation bei Rezepturen in verschiedenen Bundesländern und regte an, solche Fachfragen in einem Ausschuss zu klären. Einzelne Delegierte führten aus, die Dokumentation der Plausibilitätsprüfung möge unangenehm sein, aber sie habe die Qualität der Rezepturen verbessert. Hasse erklärte, er habe kein Problem mit der Plausibilitätsprüfung und forderte für den Antrag eine „Beerdigung - und zwar erster Klasse“. Zudem warnte Bauer, es sei „brandgefährlich“, die ApBetrO wieder zu thematisieren. Als praktische Lösung für die Probleme mit der ApBetrO schlug Erika Fink, Präsidentin der Apothekerkammer Hessen, vor, den Ermessensspielraum zu nutzen, den die Apotheker als freier Beruf und auch die Pharmazieräte hätten. Die Apotheker sollten Selbstbewusstsein zeigen und nicht für jede Kleinigkeit eine Gesetzesänderung fordern.
So ließen etliche Wortbeiträge in Folge erkennen, dass viele Delegierte einzelne oder alle anstehenden Anträge zur ApBetrO ablehnen würden, sei es aufgrund der jeweiligen Forderung oder aus grundsätzlichen Erwägungen. Vor diesem Hintergrund beantragte Jens Dobbert, Präsident der Landesapothekerkammer Brandenburg, als Antragsteller, alle noch ausstehenden Brandenburger Anträge in die ABDA-Mitgliederversammlung als zuständigen Ausschuss zu überweisen. Die Delegierten folgten diesem Vorschlag jeweils mit großer Mehrheit. Die Anträge wurden damit vor der Ablehnung durch die Hauptversammlung bewahrt, allerdings tagt die Mitgliederversammlung nicht öffentlich, sodass über die dortige Beratung nicht detailliert berichtet werden kann.
Angenommene Anträge
Neben den Anträgen zur ApBetrO standen weitere Anträge zum „Ordnungsrahmen“ auf der Tagesordnung. Diese wurden ohne oder nach kurzer Diskussion zumeist angenommen. So sprach sich die Hauptversammlung dafür aus, vor der Planung und Einführung weiterer Maßnahmen zur Qualitätssicherung zu prüfen, welchen personellen und verwaltungstechnischen Aufwand diese auslösen. Maßnahmen, die kleinere Apotheken gefährden, sollten vermieden werden. Ebenfalls angenommen wurde ein Antrag, darauf hinzuwirken, die Dokumentationspflicht bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel für nicht lebensmittelliefernde Tiere aufzuheben. Lutz Engelen, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, als Antragsteller bezeichnete diese Vorschrift als überbordende Bürokratie.
In einem Antrag der Apothekerkammer Nordrhein, der auf gleiche Anforderungen an Umfang und Qualität der Beratung in Vor-Ort- und Versand-Apotheken zielt, wurden die zuständigen Aufsichtsbehörden als Adressat angesprochen. Im ursprünglichen Antragstext sollte der Verordnungsgeber adressiert werden, aber ABDA-Justiziar Lutz Tisch fragte, was er daraufhin fordern solle. Gemäß der Interpretation der ABDA und vieler Pharmazieräte sei die ApBetrO so zu interpretieren, dass auch Versandapotheken von sich aus beraten müssten. Das Bundesgesundheitsministerium habe eine abweichende Meinung vertreten, sei aber für den Vollzug der ApBetrO nicht zuständig. Daher sollten die Aufsichtsbehörden zum Vollzug der Regelung aufgefordert werden. Unterschiedliche Interpretationen würden letztlich auf einen Rechtsstreit hinauslaufen.
Angenommen wurden auch die Anträge, bei einer möglichen Reform der Substitutionsbehandlung die Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs im Blick zu behalten und bei der geplanten Verordnung zu Medizinprodukten sachgerechte Regelungen für die Herstellung und den Vertrieb dieser Produkte in den Apotheken zu erarbeiten.
Abgelehnt: neue Kennzeichnung
Abgelehnt wurde dagegen der Antrag, die Sekundärverpackung von Fertigarzneimitteln verpflichtend mit Angaben zu den Produzenten des Wirkstoffes und der Arzneiform zu kennzeichnen. Dr. Christian Belgardt, Präsident der Apothekerkammer Berlin, forderte dies, um Transparenz für die Patienten zu schaffen und die politische Diskussion über die Herstellung in außereuropäischen Ländern zu fördern. „Politik ist das Betrachten der Wirklichkeit“, so Belgardt, doch dies sei derzeit nicht möglich, weil sie nicht auf der Packung stehe. Als Gegenargumente wurden jedoch mögliche Vertrauensverluste bei den Patienten und daraus folgende Complianceprobleme angeführt. Ein Kompromissvorschlag von Dr. Kerstin Kemmritz, diese Informationen den Apothekern in einer Datenbank zur Verfügung zu stellen, wurde nicht aufgegriffen.
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