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Deutscher Apothekertag 2013
Gesundheits- oder Arzneimittelfachmann?
Und schon gleich eine seiner einleitenden Ausführungen zu Visionen und Missionen, seine Vorstellungen von einem realistischen Idealbild, stießen in der Diskussion auf Kritik.
Die Frage der Honorierung
Die Schere zwischen Idealismus und Realismus gehe immer weiter auseinander. Wenn neue Aufgaben übernommen werden sollten, dann müsse zuallererst die Frage der Honorierung geklärt sein, so die Forderung. Bei gleichbleibender Honorierung und neuen Aufgaben würde die Apotheke nicht aufgrund ihrer pharmazeutischen Kompetenz, sondern aufgrund ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit diskriminiert. Arnold entgegnete, dass selbstverständlich die Honorierungsfrage angegangen werde, Schmidt betonte, dass er von Anfang an klar gemacht habe, dass alle diese neuen Aufgaben Geld kosten würden und die Gesellschaft auch bereit sein müsste, die Kosten zu tragen.
Umsetzung bis 2030 - nicht schnell genug?
Für Diskussionen sorgte vor allem das Ziel, das Leitbild bis 2030 umgesetzt zu haben. Manchem geht das nicht schnell genug. So kommentierte Prof. Dr. Elisabeth Thesing-Bleck das Impulsreferat mit den Worten: „Die Visionen, die heute ausgebreitet worden sind, das sind die Visionen, nach denen ich mein ganzes Berufsleben gestrebt habe.“ Wenn es seit 1970 nicht gelungen sei, die Visionen umzusetzen, dann benötige man keine neuen Visionen, sondern neue Strategien. „Wir haben tolle ausgebildete Kollegen“, so Thesing-Bleck, mit einem flächendeckenden Medikationsmanagement könne man gleich starten! Schmidt gab zwar zu, dass man der Entwicklung hinterher hinke, aber für ihn ist noch überhaupt nicht klar, ob das der Weg ist, der gegangen werden soll. „Es ist eine Antwort, die ich mir heute von Ihnen erbitte!“ Arnold bemühte den Vergleich zum Bau eines Hauses, das auch zunächst geplant werden müsse und für dessen Fertigstellung Zeit benötigt würde. Das würde jedoch nicht bedeuten, dass in dieser Zeit nichts unternommen wird.
Leitbild: für wen?
Unklar war auch, auf wen sich das neue Leitbild beziehen soll. Hier stellte Magdalene Linz, Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen und Mitglied der Arbeitsgruppe Leitbild klar, dass es sich um ein Leitbild für die Apothekerinnen und Apotheker handelt, die direkt am Patienten arbeiten. Andere Apotheker könnten sich aber sehr wohl an der Diskussion beteiligen.
Angestellte werden beteiligt
Barbara Neusetzer, Vorsitzende der Adexa, kritisierte, dass die Arbeitsgruppe zum Leitbild nur aus Apothekenleiter bestehe und fragte, wo die Angestellten blieben. Auf ihr Angebot zur Mitarbeit will die Arbeitsgruppe jetzt zurückkommen.
Lotse im Gesundheitswesen?
Die im Impulsreferat ausgeführte Beschreibung des Apothekers als Therapiebegleiter, dessen Aufgabe bei der Abgabe eines Arzneimittels nicht endet, sondern der auch für den Therapieerfolg Sorge trägt, wurde von einigen als nicht weitgehend genug empfunden. Sie vermissen so wichtige Bereiche wie die Prävention und sehen den Apotheker mehr als Lotsen im Gesundheitswesen. In der darauf folgenden Auseinandersetzung betonte Schmidt, dass das Fundament eines jeden Leitbilds das Arzneimittel sein müsse: „Das ist unsere Kernkompetenz und unser Alleinstellungsmerkmal!“ Lotsenfunktionen im Gesundheitswesen könnten und wollten auch andere übernehmen.
Vorbild USA?
Auf Kritik stieß auch die Orientierung an internationalen Erfahrungen, gewarnt wurde vor der immer wieder als Vorbild dargestellten Entwicklung der Pharmazie in den USA. Diese Orientierung wurde als grob fahrlässig eingestuft. Unser deutsches Apothekensystem sei top in der Welt aufgestellt, weil es die täglichen Bedürfnisse der Patienten bediene.
Schmidt verwehrte sich gegen die Unterstellung, unkritisch Dinge und ganze Modelle aus dem Ausland zu übernehmen, das habe die Leitbildgruppe nicht vorgeschlagen. Aber es gebe in europäischen Staaten und den USA Einzelbeispiele für Dinge, die besser sind, die müsse man sich anschauen. Dieser Blick über den Tellerrand sei notwendig, alles andere sei unverantwortlich und fahrlässig.
Medikationsmanagement - missbraucht als Marketingtool
Eine zentrale Aufgabe, die schon in der Apothekenbetriebsordnung verankert ist und die auch für das Leitbild eine zentrale Rolle spielen wird, ist das Medikationsmanagement. Apotheker Jochen Pfeifer, PharmD, warnte vor einer inflationären Verwendung des Begriffs. Viele Unternehmen würden Medikationsmanagement als Marketingtool verstehen und anbieten, das habe mit Medikationsmanagement, so wie es von der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) definiert wurde, nichts zu tun.
Fachapotheker für Pharmazeutische Betreuung?
In diesem Zusammenhang stellte Pfeifer die Frage, ob man einen neuen Fachapotheker für Pharmazeutische Betreuung und AMTS oder entsprechenden Masterkurse an den Universitäten etablieren könne, denn wenn mit unzureichendem Wissen Medikationsmanagement betrieben würde und dabei Fehler auftreten, dann wäre die Sache „ganz schnell tot“.
Das sei prinzipiell möglich, so Kiefer. Doch man müsse klären, ob es mit dem Fachapotheker getan ist oder ob das Medikationsmanagement eine flächendeckende Aufgabe für alle ist, die ins Studium integriert werden muss.
Konsequenzen für das Studium
Die Frage, welche Konsequenzen das neue Leitbild für das Hochschulstudium hat, bewegt auch die Pharmaziestudierenden. David Reiner, Vorsitzender des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) wies darauf hin, dass bis heute immer noch keine flächendeckende Ausbildung in Klinischer Pharmazie in hoher Qualität gewährleistet sei. Dies sei jedoch Grundvoraussetzung für die Anforderungen, die ein Medikationsmanagement stellt. Er appellierte, sich mit den Hochschullehrern zusammenzusetzen, um dieses Feld auch in Deutschland zu etablieren.
Am Rande: Kritik an der ABDA
Aufgrund der strukturlosen Abwicklung der Diskussion flammte zwar immer wieder Kritik an der Amtsführung der ABDA auf, sie ging aber in der Diskussion um das Leitbild weitestgehend unter. So wurde beispielsweise kritisiert, dass zwar die Reputation der Apotheker für die Einsparung von 2 Milliarden bei Rabattverträgen in Anspruch genommen worden sei, doch die Standesführung es versäumt habe, dies zu thematisieren. Ein weiterer Kritikpunkt war die fehlende Beteiligung der ABDA am Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und der Verweis darauf, dass man für eine solche Beteiligung doch das Geld der reichen ABDA-Töchter nehmen könne. Hier erklärte Schmidt, dass die ABDA kein Wirtschaftsunternehmen sei, sondern ein Verband, der sich über Mitgliedsbeiträge finanziere, eine Querfinanzierung sei nicht möglich.
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