Arzneimittel und Therapie

Schutz vor Grippe = Schutz vor Herzinfarkt?

Kardiovaskulär-präventive Wirkung der Influenza-Impfung

In einer Metaanalyse randomisierter klinischer Studien hatten gegen Influenza geimpfte Patienten ein signifikant geringeres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse als Ungeimpfte. Dieser interessante Zusammenhang müsste nach Ansicht der Autoren nun in groß angelegten klinischen Studien näher untersucht werden.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut empfiehlt die jährliche Grippe-Impfung Personen mit bestimmten Grundkrankheiten wie beispielsweise Asthma, chronische Bronchitis, COPD, chronische Herz-Kreislauf-, Leber- oder Nierenkrankheiten, Diabetes und weiteren Erkrankungen. Hintergrund ist das erhöhte Risiko dieser Patienten für schwere oder tödliche Krankheitsverläufe einer Influenza-Infektion. Ob im Umkehrschluss die Impfung das Krankheitsrisiko verringern kann, war in einer kürzlich veröffentlichten Metaanalyse untersucht worden.

Foto: AK Nordrhein/Müller-Bringmann
Kann eine Influenza-Impfung Risikopatienten vor dem Erst- oder Neuauftreten eines kardiovaskulären Ereignisses schützen? Darauf deutet zumindest eine aktuelle Metaanalyse hin. Die Ergebnisse waren zwar signifikant, doch ob eine kardiovaskulär protektive Wirkung damit wirklich belegt ist, diskutieren die Experten.

Groß angelegte Literaturrecherche

Einige kleinere Studien hatten bereits auf einen inversen Zusammenhang zwischen der Influenza-Impfung und dem Risiko kardiovaskulärer Ereignisse hingewiesen. Als Ursache vermutet man unter anderem, dass eine Influenza-Infektion die Ruptur von atherosklerotischen Plaques triggern sowie Myokarditis und Arrhythmien verursachen könnte. Für die Metaanalyse recherchierten die Autoren in den Datenbanken MEDLINE, EMBASE und der Cochrane Library nach randomisierten klinischen Studien (RCT), die gegen Influenza geimpfte Personen mit hohem kardiovaskulärem Risiko gegen Placebo- oder (ungeimpfte) Kontrollpatienten im Hinblick auf das Auftreten eines kardiovaskulären Ereignisses verglichen hatten. Sechs RCTs mit insgesamt 6735 Patienten mit einem mittleren Alter von 67 Jahren wurden in die Metaanalyse einbezogen.

Signifikant weniger kardiovaskuläre Ereignisse bei Geimpften

Bei 95 von 3238 geimpften Teilnehmern (2,9%) waren schwere kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt, instabile Angina, Schlaganfall oder Herzinsuffizienz aufgetreten. In der Kontrollgruppe war es dagegen bei 151 von 3231 Teilnehmern (4,7%) zu solchen Erkrankungen gekommen. Damit war eine Influenza-Impfung mit einem geringeren Risiko kardiovaskulärer Ereignisse assoziiert (2,9% vs. 4,7%, relatives Risiko, RR, 0,64, 95% KI 0,48 bis 0,86, p = 0,003). Noch mehr profitierten nach den Ergebnissen einer Subgruppenanalyse Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) im Vergleich zu Patienten ohne akutes Koronarsyndrom in der Anamnese (RR 0,45 vs. RR 0,94, p = 0,02).

Die Zahl der Todesfälle innerhalb eines Jahres unterschied sich nicht signifikant zwischen den geimpften und den Placebo- oder Kontrollpatienten – weder in Bezug auf kardiovaskulär bedingte Mortalität (1,3% vs. 1,7%, RR 0,81, p = 0,61) noch bezogen auf Todesfälle jeglicher Ursache (1,9% vs. 2,1%, RR 0,85, p = 0,62).

Weitere Studien notwendig

Die Autoren errechneten, dass 58 Menschen geimpft werden müssten, um innerhalb eines Jahres ein schweres kardiovaskuläres Ereignis zu verhindern (Number Needed to Treat, NNT = 58, 95% KI 38 bis 124). Die Möglichkeit, mit einer derart kostengünstigen, gut verträglichen und einfach zu applizierenden Maßnahme wie der jährlichen Influenza-Impfung das kardiovaskuläre Risiko senken zu können, ist ihrer Ansicht nach ein vielversprechender Ansatz. Eine große, adäquat gepowerte klinische Studie wäre notwendig, um die gefundenen Ergebnisse zu bestätigen und individuelle kardiovaskuläre Endpunkte zu untersuchen.

Die Autorin eines begleitenden Editorials der Metaanalyse hält die Ergebnisse für biologisch plausibel; auch tierexperimentelle und epidemiologische Untersuchungen hätten derartige Zusammenhänge bereits gezeigt. Die Herausforderung bestehe nun darin, die Impfbereitschaft der Patienten zu erhöhen. Durch entsprechende Empfehlungen könnten alle Angehörigen von Gesundheitsberufen ihren Beitrag dazu leisten, so die Kommentatorin. 

Quelle

Udell, JA, et al. Association Between Influenza Vaccination and Cardiovascular Outcomes in High-Risk Patients. A Meta-analysis. JAMA (2013); 310(16): 1711–1720, doi:10.1001/jama.2013.279206.

Neuzil, KM: Editorial. Influenza Vaccination in 2013–2014 – Achieving 100 percent Participation. JAMA (2013); 310(16): 1681–1682, doi:10.1001/jama.2013.279207.

Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut/Stand: August 2013. Epidemiologisches Bulletin Nr. 34 vom 26. August 2013, www.rki.de.

 

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

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