Aus den Ländern

Mehr Arzneimitteltherapiesicherheit

Kompetenzgerangel zwischen Arzt und Apotheker

DÜSSELDORF | Die Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) war das Hauptthema auf der 20. Jahrestagung der Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie (GAA) am 5. und 6. Dezember in Düsseldorf.

Projekte hier und da

Krankenhausapotheker im Klinikum Aachen checken die Multimedikation insbesondere von älteren Patienten und weisen die behandelnden Ärzte gegebenenfalls auf Risiken hin. Zudem unterrichten sie Medizinstudierende in einem speziellen Curriculum zu Themen der Patientensicherheit und AMTS.

Ärzte in Hessen erarbeiteten die erste deutsche Leitlinie Multimedikation. Sie soll den Ärzten nicht nur Hilfen zum Medikationsprozess geben, sondern ihnen auch vermitteln, welche Aufgaben den Apotheken dabei zukommen. Auch einige Krankenkassen verfolgen Konzepte zur AMTS. So berät die Techniker Krankenkasse Patienten mit Diabetes, indem sie ihnen individuelle Informationen zu den verordneten Arzneimitteln gibt. Die AOK Rheinland/Hamburg stellt den Hausärzten, sofern die betroffenen Patienten zugestimmt haben, deren Arzneimittelverordnungen seitens der Fachärzte zur Verfügung.

Foto: Puteanus
Preise für die besten Poster auf der GAA-Tagung erhielten (v. links): Inge Döring, Düren, Silvia Bellmann, Eschborn, und (ganz rechts) Marc Heidbreder, Lübeck; daneben Prof. Sebastian Harder, GAA-Vorsitzender.

Arzt und Apotheker – gemeinsam oder jeder für sich?

Ärzte und Apotheker kümmern sich um AMTS. Was sind ihre jeweiligen Kernkompetenzen, wie können Schnittstellenprobleme gelöst werden? Wie könnten Kommunikationshindernisse überwunden werden? Einzelne Projekte, die auf der Tagung vorgestellt wurden, zeigten Möglichkeiten der Kooperation auf. Andere Projekte konzentrieren sich hingegen auf eine einzelne Berufsgruppe, z.B. auf den Hausarzt (KV im Siegerland) oder die Apotheke (Pharmazeutische Dienste der Gesundheitsämter in NRW).

In der Podiumsdiskussion stritten Prof. Sebastian Harder, Pharmakologe in Frankfurt/Main, Prof. Stefan Wilm, Institut für Allgemeinmedizin in Düsseldorf, und Prof. Georg Hempel, Klinische Pharmazie in Münster, über die Frage, ob eher gemeinsame oder getrennte Wege zu mehr AMTS führen. Wilm sagte deutlich, er würde es als Kränkung und Belästigung empfinden, wenn ihn der Apotheker auf Risiken seiner Arzneitherapie aufmerksam machen würde. Denn was die tatsächlichen Risiken beim Patienten sind, bleibe dem Apotheker aufgrund seiner mangelnden Kenntnis der gesundheitlichen Situation des Patienten stets verborgen. Hempel hingegen zeigte auf, dass einige Ärzte nur aufgrund von Hinweisen aus Apotheken Gefahren für Patienten abwenden konnten. Harder wiederum behauptete, dass beiden Berufsgruppen das nötige Rüstzeug in klinischer Pharmakologie und in der Kommunikation fehle, um Patienten mit komplexen Medikationsregimen fachgerecht zu betreuen.

Die kritischen Fragen und Bemerkungen aus dem Publikum fasste die Moderatorin Ingrid Schubert (Apothekerin und Soziologin) so zusammen: Viele Ärzte haben bislang die Risiken der Multimedikation nicht erkannt. Apotheker dagegen suchen nach neuen Aufgaben. Sie „strampeln nach Anerkennung“, und die Ärzte fühlen sich gekränkt – eine denkbar ungünstige Ausgangslage für einen gemeinsamen Weg zu mehr AMTS. Aber mit Blick auf andere Länder bestehe Hoffnung auf eine bessere Zusammenarbeit in Zukunft. 

Udo Puteanus

GAA im Internet

Abstracts der 20. Jahrestagung: www.egms.de/dynamic/de/meetings/gaa2013

Weitere Informationen: www.gaa-arzneiforschung.de

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