Arzneimittel und Therapie

Zweiwöchige Sequenztherapie gegen H. pylori

Kann die Tripeltherapie als verbreiteter Standard bei der H.-pylori -Eradikation durch eine sequenzielle Behandlung abgelöst werden? Dies war die Fragestellung einer großangelegten Studie aus Taiwan, die eine Sequenztherapie über 10 bzw. 14 Tage mit einer 14-Tage-Tripeltherapie verglich. Es zeigte sich eine Überlegenheit beider Sequenztherapien, statistisch signifikant war der Unterschied nur bei zweiwöchiger Behandlung. Besondere Beachtung fanden die Untersuchungen der Autoren zum Einfluss der Antibiotikaresistenz auf den Therapieerfolg.

Die Prävalenz von Infektionen mit dem spiralförmigen Stäbchenbakterium Helicobacter pylori (H. pylori) liegt bei der erwachsenen Bevölkerung Deutschlands bei ca. 24%. Nicht immer verursacht der Keim Beschwerden; doch häufig leiden Betroffene unter Symptomen wie Sodbrennen, Magendruck oder Durchfall. Gravierender sind Erkrankungen wie peptische Ulcera, Magenkarzinome oder MALT-Lymphome (eine Unterform des Non-Hodgkin-Lymphoms), die sich als Folge einer H.-pylori-Infektion entwickeln können.

Sequenz- versus Tripeltherapie

Weltweit existieren zahlreiche verschiedene Regime zur Eradikation von H. pylori, die zum Teil bereits in Studien miteinander verglichen wurden. Nach Ansicht der Autoren einer im Fachblatt Lancet veröffentlichten taiwanesischen Studie gab es bisher jedoch zu wenige bzw. widersprüchliche Daten zum Vergleich einer Sequenztherapie mit der Standard-Tripeltherapie über 14 Tage (siehe Tabelle). Ein großes Manko bisheriger Studien besteht nach Ansicht der Autoren außerdem darin, dass der Einfluss von Antibiotikaresistenzen, die ja in verschiedenen Regionen sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können, häufig nicht berücksichtigt wurde. Die von ihnen konzipierte Studie hatte daher das Ziel, Antibiotikaresistenzen sowie darüber hinaus CYP2C19-Polymorphismen und die bakteriellen Virulenzfaktoren CagA und VacA bei den Untersuchungen zu berücksichtigen. Außerdem sollte bei Therapieversagern die Effektivität eines Levofloxacin-haltigen Rescue-Regimes getestet werden. 900 Patienten mit bestätigter und bisher unbehandelter H.-pylori-Infektion und einem Mindestalter von 20 Jahren wurden gleichmäßig auf die drei Studienarme aufgeteilt (s. Tabelle). Primärer Endpunkt war die Eradikationsrate. Diese lag bei der Intention-to-treat-Population in der S-10-Gruppe bei 87% (261 von 300 Patienten), unter dem S-14-Regime bei 91% (272 von 300 Patienten) und bei 82% (247 von 300 Patienten) in der T-14-Gruppe. Das S-14-Regime war dem T-14-Regime signifikant überlegen (p = 0,003), während sich zwischen S-10 und S-14 sowie S-10 und T-14 keine statistisch signifikanten Unterschiede zeigten. Bei Therapieversagern der drei Gruppen, die anschließend eine Behandlung nach dem MS-14-Regime erhielten, lagen die Eradikationsraten bei rund 80% und damit im akzeptablen Bereich. Bezüglich der Nebenwirkungen und der Compliance gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Regimen, auch nicht bei der Rescue-Behandlung mit MS-14.


ENZYME UND VIRULENZFAKTOREN

Bedeutung von CYP2C19, CagA und VacA bei der H.-pylori-Eradikation


Protonenpumpeninhibitoren (PPI) werden – in unterschiedlich starkem Ausmaß – über das Cytochrom P450-Isoenzym CYP2C19 verstoffwechselt. Studien haben gezeigt, dass sich der genetische Polymorphismus dieses Isoenzyms auf den Eradikationserfolg auswirken kann: Bei Extensive Metabolizern war die Therapie weniger erfolgreich als bei Poor Metabolizern.

Bei den Virulenzfaktoren CagA (Cytotoxin-assoziiertes Antigen) und VacA (vakuolisierendes Zytotoxin) handelt es sich um Proteine von H. pylori, die jedoch nicht von allen Stämmen gebildet werden bzw. – bei VacA – in unterschiedlichen Varianten vorliegen. Sie können verschiedene Komplikationen wie z. B. verstärkte Entzündungsreaktionen der Magenschleimhaut hervorrufen. Da der Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von CagA und VacA und solchen Komplikationen noch nicht gesichert ist, ist nach Empfehlung der deutschen S3-Leitlinie eine routinemäßige Untersuchung auf Virulenzfaktoren nicht angezeigt.

Thema Resistenz ausführlich diskutiert

Die Clarithromycin-Resistenz hatte einen großen Einfluss auf die Eradikationsraten. In den S-10- und S-14-Gruppen spielte außerdem die Metronidazol-Resistenz eine wichtige Rolle. Auch die Amoxicillin-Resistenz war von – allerdings geringer – Bedeutung, sodass dieses Ergebnis nach Autorenansicht mit Vorsicht betrachtet werden muss. Sensitivitätsanalysen zeigten, dass die Effektivität aller drei Regime mit steigender Clarithromycin-Resistenz sank. S-14 war das effektivste Regime bei allen Patienten mit geringer (< 5%) Clarithromycin-Resistenz und hoher (> 80%) Metronidazol-Resistenz. S-10 erschien nur dann effektiver als T-14, wenn die Metronidazol-Resistenz unter 40% lag. Konsistent zeigte sich in den Sensitivitätsanalysen, dass T-14 die schlechtere Wahl für alle Regionen Taiwans war. Bei H.-pylori -Stämmen, die eine Empfindlichkeit sowohl gegen Clarithromycin als auch gegen Metronidazol besaßen, war die Eradikationsrate unter S-14 signifikant höher als unter T-14. Auch die Compliance beeinflusste in allen drei Gruppen die Eradikationsraten. Der CYP2C19-Polymorphismus und die untersuchten bakteriellen Virulenzfaktoren waren jedoch ohne Bedeutung.

Die Studie war die erste Untersuchung, die bei der First-Line-Eradikation von H. pylori eine Überlegenheit der 14-tägigen sequenziellen Therapie über die Tripeltherapie gezeigt hat. Dank der konsequenten Bestimmung der Antibiotikaresistenz der Patienten wurde außerdem deutlich, dass eine Clarithromycin-Resistenz die Effektivität aller Regime beeinträchtigt, eine Metronidazol-Resistenz nur die sequenzielle Therapie. Die Studie unterstützt die Empfehlung der sequenziellen Therapie für Regionen mit Clarithromycin-Resistenzen unter 40%, vor allem wenn die Metronidazol-Resistenz höher als 40% liegt. Bei einer Metronidazol-Resistenz unter 40% könnte die Sequenztherapie auf 10 Tage verkürzt werden. In Regionen mit einer Clarithromycin-Resistenz über 40% sollten alternative Regime zum Einsatz kommen, da sich mit keinem der beiden untersuchten Schemata akzeptable Eradikationsraten von über 80% erzielen lassen.

Nach Ansicht der Autoren könnten ihre Erkenntnisse helfen, für die jeweiligen Bedingungen das beste Schema zu finden. Weitere Untersuchungen müssten zeigen, ob sich die gute Compliance in dieser Studie auch auf Real-life-Bedingungen übertragen lässt.

Zwei Kommentatoren der Studie merken an, dass es nicht immer möglich sei, einen Test auf Antibiotikaresistenz durchzuführen bzw. solche Daten zu erhalten. In diesen Fällen wäre es eventuell hilfreich, die Patienten nach früherem Antibiotikagebrauch zu befragen. Ihrer Ansicht nach könnten Patienten, denen wiederholt Makrolidantibiotika verordnet wurden, von einer Bismut-haltigen Quadrupeltherapie eher als von einem Clarithromycin-haltigen Regime profitieren.

Zur Situation in Deutschland

Für Deutschland wird die Clarithromycin-Resistenzrate als relativ gering (unter 15 bis 20%) eingeschätzt. Die S3-Leitlinie der DGVS empfiehlt eine Resistenztestung erst nach erstmaligem Therapieversagen. Die empfohlene Behandlungsdauer liegt bei mindestens sieben Tagen, längere Intervalle als zehn Tage sind in der Erst-Linien-Therapie laut S3-Leitlinie nicht vorgesehen. Möglicherweise werden bei ihrer Aktualisierung, die für dieses Jahr geplant ist, die Ergebnisse dieser Studie sowie bis dahin neu zugelassene Optionen (s. Kasten unten) Berücksichtigung finden, außerdem der im April 2012 veröffentlichte europäische Konsensus-Report (Maastricht IV), dessen Empfehlungen die regionalen Unterschiede der Clarithromycin-Resistenzraten berücksichtigt.


NEUE VIERFACHTHERAPIE

Bismut-haltige Vierfachtherapie zur Helicobacter-pylori-Eradikation verfügbar


Im Dezember 2011 erhielt das Bismut-haltige Präparat Pylera ® in Kombination mit Omeprazol die Zulassung zur Eradikationstherapie von H. pylori sowie zur Prävention rezidivierender peptischer Ulcera bei Patienten mit durch Helicobacter pylori induzierten Ulcera (aktiv oder in der Vorgeschichte). Jetzt ist das Präparat verfügbar.

Wie der Hersteller Aptalis Pharma mitteilte, ist die 3-in-1-Kapsel mit 140 mg Bismut-Kalium-Salz (entspricht 40 mg Bismut-III-Oxid), 125 mg Tetracyclin und 125 mg Metronidazol ab sofort verfügbar. In der Zulassungsstudie war die neue O-BMT-Therapie mit Pylera® plus Omeprazol (20 mg) der siebentägigen Standard-Tripeltherapie, bestehend aus Omeprazol, Amoxicillin und Clarithromycin [OAC, auch als französische Tripeltherapie bezeichnet, im Gegensatz zur italienischen Tripeltherapie mit Omeprazol, Metronidazol und Clarithromycin (OMC)] signifikant überlegen (Eradikationsraten 80% vs. 55%, p < 0,0001). Die Behandlung soll über einen Zeitraum von zehn Tagen erfolgen. Das tägliche Dosierungsschema sieht die Einnahme von viermal drei Kapseln Pylera® nach den Mahlzeiten sowie je einer Tablette Omeprazol (20 mg) morgens und abends vor. Zur Unterstützung stehen für Patienten Grafiken des Dosierungsschemas sowie Tablettenboxen zur Verfügung. In der DGVS-S3-Leitlinie zur Eradikationstherapie wird die Quadrupeltherapie, bestehend aus einem PPI, einem Bismutsalz, Metronidazol und Tetracyclin, als weitere wirksame Therapieform und Reserveoption bei fehlenden Therapiealternativen erwähnt. Sie sei "aber häufig mit Nebenwirkungen behaftet und in der Durchführung aufgrund der großen Tablettenzahl verteilt auf vier Einnahmezeitpunkte kompliziert." Der im April 2012 veröffentlichte europäische Konsensus-Report (Maastricht IV) empfiehlt die Bismut-basierte Quadrupelbehandlung als Erst-Linien-Option in Regionen mit hoher Clarithromycin-Resistenz und als eine weitere Therapieoption neben der Standard-Tripeltherapie in Regionen mit niedriger Clarithromycin-Resistenz.


Quelle: Fachinformation Pylera®, Stand Dezember 2011.


Quellen

Liou JM, et al. Sequential versus triple therapy for the first-line treatment of Helicobacter pylori: a multicentre, open-label, randomised trial. Lancet (2013); 381: 205 – 213. doi: 10.1016/S0140-6736(12)61579-7, Online vorab publiziert am 16. November 2012.

Greenberg ER, Chey WD. Defining the role of sequential therapy for H pylori infection. Lancet (2013); 381: 180 – 181.

Pylera®: Neue Therapieoption bei H. pylori ab sofort erhältlich. Pressemitteilung der Aptalis Pharma GmbH vom 17. Januar 2013,

S3-Leitlinie "Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit", Hrsg. Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) 12/2008, www.awmf.org

Malfertheiner P, et al. Management of Helicobacter pylori infection – the Maastricht IV/Florence Consensus Report. Gut. 2012; 61: 646-64. Online vorab publiziert am 9. April 2012, doi:10.1136/gutjnl-2012-302084.


Apothekerin Dr. Claudia Bruhn



DAZ 2013, Nr. 6, S. 52

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