Gesundheitspolitik

HAV: Impfstoff-Ausschreibungen stoppen!

BERLIN (ks) | Der stellvertretende Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbands (HAV) Hans Rudolf Diefenbach ärgert sich seit geraumer Zeit über fehlende Arzneimittel und Impfstoffe. Er erfährt die Lieferengpässe in seiner Apotheke am eigenen Leib – und erhält zusätzlich die Defektlisten von Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Republik. Mittlerweile sind es mehr als 400. Es wird daher noch ein wenig dauern bis er alle Meldungen ausgewertet hat. Derweil muss Diefenbach zur Kenntnis nehmen, dass die gesetzlichen Krankenkassen nach wie vor auch kritische Ausschreibungen starten.

Der HAV-Vize hat in den vergangenen Monaten immer wieder die Medien mobilisiert. Zeitungen und Fernsehberichte nahmen Diefenbachs Alarmmeldungen zum Anlass, über die kritische Situation bei einigen Präparaten zu informieren. Engpässe gibt es derzeit bei verschiedenen Arzneimitteln sowie bei Impfstoffen – immer vorn dabei: L-Thyroxin von Hexal und Merck. Aber auch GlaxoSmithKline (GSK) kann derzeit seinen Varizellen-Einzelimpfstoff Varilrix nicht liefern, ebenso wenig seinen Vierfach-Impfstoff gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken (Priorix Tetra). Auch Boostrix Polio ist im Moment nicht zu haben. GSK setzt darauf, die Probleme im zweiten Quartal des Jahres behoben zu haben. Mit Rabattverträgen haben diese Ausfälle nichts zu tun, betont GSK und verweist auf andere Gründe. So seien interne Qualitätskriterien nicht erfüllt worden oder die Nachfrage habe sich erhöht. Im Fall von Varilrix und Boostrix Polio wirken sich diese Engpässe allerdings auf in Baden-Württemberg bestehende Rabattverträge aus – sie sind vorerst ausgesetzt.

Kritik an Ausschreibung für HPV-Impfstoff

Der HAV ist dennoch alarmiert und erinnert an das Jahr 2012, als es in einigen Bundesländern zu massiven Lieferproblemen bei Grippeimpfstoffen kam. Novartis war damals als exklusiver Rabattpartner verschiedener Kassen ausgefallen – dies sorgte für erhebliche Probleme. Nun haben die AOKs Hessen und Niedersachsen eine neue Art der Impfstoffausschreibung gestartet: Erstmals werden Rabattpartner für Impfstoffe gegen humane Papillomaviren (HPV) gesucht, die auf Grundlage der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut verordnet werden. Die STIKO empfiehlt die HPV-Impfung für Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren. Die Ausschreibung umfasst die HPV-Impfstoffe, die im Zeitraum vom 1. Juli 2014 bis zum 30. Juni 2016 zulasten der beiden Kassen verordnet und abgerechnet werden. Zuschlagskriterium ist der niedrigste Preis.

Diese Ausschreibung macht Diefenfach „fassungslos“. Er forderte die Krankenkassen erneut auf, bei Impfstoffen und anderen wichtigen Arzneimitteln die praktizierte Ausschreibungspraxis zu stoppen. „In einem hochentwickelten und hochdotierten Gesundheitssystem, wie wir es in Deutschland haben, ist es unverantwortlich, so mit der Gesundheit der Bevölkerung umzugehen“, kritisiert der HAV-Vize. Die Folgekosten, die etwa das Nichtimpfen mit sich bringe, könnten eklatant steigen und die vermeintliche Einsparung der Ausschreibung deutlich übertreffen. 

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.