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Gesundheitspolitik
Gleiche Versorgung – weniger Notdienste
Neue Dienstverteilung nun auch in Schleswig-Holstein
Wie wichtig den Apothekern das Thema ist, zeigte sich bei der Kammerversammlung am 11. Juni in Kiel, zu der so viele Gäste kamen, wie schon seit Jahren nicht mehr zu einer Kammerversammlung in Schleswig-Holstein. Das Thema betrifft jedoch die Apotheker in ganz Deutschland, denn die Herausforderungen sind überall ähnlich. Die Argumente, mit denen Cyrano-Geschäftsführer Alexander Springensguth für das neue Konzept warb, und die anschließende ausführliche und konstruktive Diskussion der Delegierten und Gäste würden auch für andere Bundesländer gelten.
Die Voraussetzung …
Als wichtigste Vorgabe setzt die Software voraus, dass die Versorgung für die Bevölkerung nicht schlechter werden darf, so Springensguth. Außerdem sollen die Apotheken mit besonders vielen Diensten möglichst entlastet und die Notdienste gleichmäßiger verteilt werden. Dazu wird anstelle der bisherigen Notdienstringe von jedem Ort aus eine 360-Grad-Betrachtung durchgeführt. Für Groß-, Mittel- und Kleinstädte sowie für ländliche Regionen werden Maximalentfernungen von 10, 16, 23 bzw. 38 Kilometern, jeweils vom Ortsmittelpunkt zur Notdienstapotheke, als zumutbar definiert.
… und das Ergebnis
Als Ergebnis werde die durchschnittliche Zahl der Dienste pro Apotheke und Jahr in Schleswig-Holstein von 23,9 auf 18,4 zurückgehen, erwartet Springensguth. Abgesehen von den Inselapotheken, die von der Neuregelung nicht betroffen sind, werde künftig kaum eine Apotheke über 40 und keine über 45 Dienste pro Jahr haben. Springensguth prognostizierte, die gesamte Dienstbelastung der Apotheken in Schleswig-Holstein, ausgedrückt in Notdienststunden, werde um 23,1 Prozent sinken. Für 43 Prozent der Apotheken werde die Belastung etwa gleich bleiben, für 45 Prozent werde sie sinken und für 12 Prozent zunehmen. Letzteres ergäbe sich insbesondere daraus, dass Schließungsbefugnisse und eingeschränkte Dienstzeiten wegfallen. Künftig werden also alle Apotheken Notdienste leisten müssen. Außerdem wird es keine Teildienste mehr geben. Denn elektronische Systeme, die zunehmend zur Information über Apothekennotdienste genutzt werden, könnten keine Teildienste verarbeiten.
Sonderfälle
Bei der Verteilung nicht erfasst werden Sonderfälle wie Stadtfeste, bei denen einige Apotheken nicht angefahren werden können. Diese sollten nach der Bekanntgabe des vorläufigen Plans in einer Tauschphase berücksichtigt werden – dies habe sich in Nordrhein-Westfalen bewährt, so Springensguth. Zusätzliche Dienste in Touristenorten sind ebenfalls nicht vorgesehen, könnten aber künftig freiwillig außerhalb des verbindlichen Systems – auch als Teildienste – geleistet werden, erläuterte Kammerjustiziar Dr. Stefan Zerres.
Positives Fazit
In der Diskussion erwiesen sich die im Durchschnitt geringere Notdienstbelastung und die gleichmäßigere Verteilung als entscheidende Vorteile. Doch wurde auch der nötige Bewusstseinswandel von einem überschaubaren Dienstring mit festem Turnus zu einem viel komplexeren System deutlich. Die Kammerversammlung nahm die Neuregelung mit einer Gegenstimme an, beschloss aber, die Dienstbereitschaftsrichtlinie jährlich zu prüfen, um die Parameter für die Verteilung bei Bedarf anzupassen, da derzeit noch niemand die persönliche Betroffenheit im Detail vorhersehen kann.
Wie geht es weiter?
Die Apotheken in Schleswig-Holstein werden Ende August die vorläufigen Pläne für 2015 erhalten und dann Notdienste tauschen können. Doch das System berücksichtigt auch, wenn Apotheken sich später auf einen Tausch mit den vom Programm angebotenen Tauschpartnern einigen. Ab Anfang 2015 wird sich zeigen, ob auch die Bevölkerung den Bewusstseinswandel vom städtischen Notdienstkreis zur flächenorientierten Betrachtung nachvollziehen kann und akzeptiert, für den Notdienst aus kleineren Städten heraus in Nachbargemeinden zu fahren. In Nordrhein-Westfalen hatte dies zu Protesten von Seniorenverbänden geführt.
Langfristig interessiert noch ein weiterer Aspekt: Die Apotheken in den schleswig-holsteinischen Randgemeinden zu Hamburg könnten deutlich entlastet werden, wenn die Optimierung Hamburg mit einbeziehen würde. Apotheken an Landesgrenzen hätten also Vorteile, wenn das System auch im Nachbarland eingeführt wird. Möglicherweise wird dies zur weiteren Verbreitung des Systems beitragen.
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