Wirtschaft

Zentgraf neuer BPI-Vorsitzender

Neuer Verbands-Chef fordert mehr Respekt für die Arbeit der pharmazeutischen Industrie

BERLIN (ks) | Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hat einen neuen Vorstandsvorsitzenden: Dr. Martin Zentgraf, Geschäftsführer der Desitin Arzneimittel GmbH, wurde am 24. Juni im Rahmen der BPI-Hauptversammlung zum Nachfolger von Dr. Bernd Wegener an die Verbandsspitze gewählt. Wegener hatte das Amt zuvor 14 Jahre inne – er bleibt dem BPI künftig als Vorstandsmitglied erhalten.

„Ich werde an die hervorragende Arbeit meines Vorgängers anknüpfen und die Verbandsinteressen in gesundheitspolitisch stürmischen Zeiten weiter mit Nachdruck vertreten“, versprach der studierte Mediziner Zentgraf nach seiner Wahl. Man stehe vor großen Herausforderungen, die nur im Dialog mit allen Beteiligten im Gesundheitswesen gelöst werden könnten. Zentgraf kündigte an, in den kommenden Monaten vor allem drei Themen in den Fokus zu nehmen: Den angekündigten ressortübergreifenden Dialog zu Forschung und Produktion, die Bewertung von Forschung an bewährten Wirkstoffen und die Weiterentwicklung der Arzneimittel-Rabattverträge. Beim ressortübergreifenden Dialog müssten nach Ansicht des BPI auch Erstattungsfragen eine wesentliche Rolle spielen: Wer insbesondere die Produktion in Deutschland sichern wolle, komme um Fragen des Geldes nicht herum, so Zentgraf. „Wir haben seit Jahren eine derartig rigide Sparpolitik und Kostendämpfung, dass insbesondere die standortgebundene Industrie an ihrer Belastungsgrenze angekommen ist.“ Er forderte Respekt für seine Branche – und dieser drücke sich auch in fairen Preisen aus.

Zentgraf beklagte zudem, dass die gegenwärtigen Rahmenbedingungen die Forschung an bewährten Wirkstoffen nahezu unmöglich machten. Dies sei nicht akzeptabel. Es müsse etwa auch der Zusatznutzen neuer Darreichungsformen honoriert werden. Doch solche Innovationen würden heute gleich mit einem Festbetrag belegt bzw. vom Gemeinsamen Bundesausschuss in die Liste austauschbarer Darreichungsformen eingereiht – Rabattverträge folgen. Es bedürfe eines Austauschverbotes und eines verlängerten Unterlagenschutzes für derartige Innovationen, so Zentgraf.

Was Rabattverträge betrifft, fordert der BPI eine Karenzzeit von anderthalb Jahren nach Ablauf des Patentes bis zur ersten Ausschreibung eines Wirkstoffs. Nur so könne sich überhaupt ein Generikawettbewerb entwickeln. Werde mit dem ersten Stichtag, dem Ablauf des Patentes, ausgeschrieben, führe dies „von vornherein zu Oligopolisierung und aus Kassensicht zu etwas Schlechtem“, so Zentgraf. Nämlich einem dauerhaft höheren Preisniveau. Zudem bedürfe es einer vernünftigen Auskömmlichkeitsprüfung. Bei Arzneimitteln für lebensbedrohliche, schwerwiegende und seltene Erkrankungen sowie bei kritischen Indikationen und Arzneimitteln mit geringer therapeutischer Breite sollte ganz auf Ausschreibungen verzichtet werden – ebenso wenn es weniger als vier Anbieter im jeweiligen Marktsegment gibt. „Bedenklich und gefährlich“ ist es aus BPI-Sicht, wenn versucht wird, das Ausschreibungsinstrument zwanghaft in Märkte zu pressen, in denen es keinen Platz hat – Stichwort Impfstoffe.

Wie weit der BPI mit seinen Anliegen kommt, ist abzuwarten. Zum Dialog ist die Politik jedenfalls bereit. Anfang September sollen die Gespräche zwischen Politik, Industrie und Wissenschaft starten. 

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