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Management
Problemkunden: Besserwisser & Co.
Wie man eine gute innere Einstellung und die richtigen Worte finden kann
Durch Vorinformationen des Kunden werden die Beratungsgespräche in der Apotheke kompliziert, weil der Kunde die Informationen aus dem Netz nicht richtig versteht oder falsch interpretiert und dann in der Apotheke anfängt zu diskutieren. Kann das Internet die persönliche Beratung in der Apotheke ersetzen? Es gibt keine Alternative für die Fachberatung in der Apotheke. Es ist gut, wenn ein Kunde sich vorinformiert, es kann aber problematisch werden, wenn er hartnäckig an seiner Meinung festhält und als Besserwisser auftritt.
Das Vertrauen des Kunden zur Apotheke ist in den allermeisten Fällen sehr gut. Viele verzichten auf einen Arztbesuch wegen der Wartezeiten in der Praxis und wenn die Beschwerden gering sind. Sie betreiben Selbstmedikation, informieren sich über die Möglichkeiten zur Gesundung und kommen in die Apotheke.
Mit Schlaubergern klarkommen
Schwierig wird es erst, wenn der besserwissende Kunde in der Apotheke etwas behauptet, was nicht stimmt. Dabei geht es oft um die Themen Dosierung, Wechselwirkung mit anderen Medikamenten oder Dauer der Einnahme, aber vor allem um die Produktalternativen. Bei falschen oder riskanten Behauptungen des Kunden können Sie nicht aus Höflichkeit zustimmen. Machen Sie dem „Schlauberger“, ohne ihm direkt zu widersprechen, klar, dass in seinem Zustand ein anderes Präparat besser wirkt. Sagen Sie also nicht: „Das, was Sie möchten ist in Ihrem Fall nicht das Richtige.“ Sondern eher: „Nach unserer Erfahrung wird Ihnen das Präparat XYZ schneller helfen.“ Sprechen Sie dann in der Wir-Form, denn die Ich-Form zeigt Ihre Einzelmeinung, die angezweifelt werden könnte. In der Wir-Form steht das ganze Team hinter Ihnen.
Denken Sie auch immer an Ihre innere Einstellung: Fühlen Sie sich nicht provoziert, wenn ein Kunde glaubt, alles besser zu wissen. Verlieren Sie nicht Ihre Gelassenheit. Denken Sie einfach: „Dieser Kunde will mich nicht belehren, er will einfach nur diskutieren, hat sich vorbereitet und hat nichts gegen mich persönlich.“ Sobald Sie sich ärgern, widersprechen Sie ihm direkt und dann geht es am Ende nur noch darum, wer Recht hat.
Wenn ein Besserwisser etwas Falsches sagt, was für Ihr Beratungsgespräch nicht wichtig ist, überhören Sie es. Warum müssen Sie zu allem Stellung nehmen? Äußern Sie sich nur, wenn falsche Aussagen des Kunden bei der Beratung von Bedeutung sind. Auch vom Kunden falsch ausgesprochene Fachbegriffe müssen Sie nicht gleich korrigieren. Sprechen Sie das Wort richtig aus und hoffen Sie auf die Einsicht des Kunden. Sie dürfen natürlich auch nicht selbst als Besserwisser auftreten – aber das haben Sie ja sowieso nicht nötig.
Die Methoden der Korrektur
Bei der Korrektur einer Kundenmeinung hat sich auch die Methode der „Positiven Unterstellung“ bewährt. Der ideale Satzanfang im Gespräch lautet dann: „Wie Sie sicherlich wissen, ...“. Damit unterstellen Sie dem Kunden Kenntnisse, z.B. gut informiert zu sein. Danach ist eine vorsichtige Korrektur eher möglich, als wenn Sie gleich korrigieren. Verhalten Sie sich immer sehr diplomatisch, es kommt nicht darauf an, das letzte Wort zu behalten.
Sie dürfen auch mal neugierig sein, wenn Kunden Behauptungen aufstellen. Erfragen Sie dann die Quelle. Jedes Mal, wenn der Kunde von Ihnen korrigiert wird, anerkennen Sie als Ausgleich für Ihre Korrektur eine vorher gemachte Behauptung des Kunden. Das ist die „1:1“ Regel, nach der auf jedes Minus ein Plus folgen soll. Damit ist die Korrektur für den Kunden leicht verdaulich, er fühlt sich nicht belehrt und korrigiert seine eigene Meinung eher (s. Kasten „So wird‘s gemacht“).
So wird’s gemacht:
Stellen Sie Fragen, bevor Sie eine gegenteilige Meinung äußern.
- Verwenden Sie die Wir-Form. „Wir empfehlen …“ wirkt anders als „Ich empfehle …“
- Jedes Mal, wenn Sie den Kunden korrigieren, nennen Sie als Ausgleich einen Punkt, bei dem der Kunde etwas Richtiges gesagt hat. („1:1-Regel“)
- Vorsicht: Verlieren Sie Ihre Gelassenheit nicht. Lassen Sie sich vom Besserwisser nicht aus der Ruhe bringen.
Sprach- und Fachkompetenz zeigen
Natürlich kann man auch mal fragen, woher der Kunde seine Meinung hat („Wie kommen Sie darauf?“). Oder Sie verunsichern ihn mit der Frage: „Kann man diese Person mit Ihnen vergleichen?“ Diese Frage bewährt sich dann, wenn jemand von anderen Personen spricht. Mit wenigen gezielten Fragen machen Sie eine Kurz-Diagnose und setzen dann erst Ihre Erfahrung und Kompetenz ein. Außerdem sollten Sie Internet-Informationen des Kunden nicht abwerten, schlecht machen oder anzweifeln. Informieren Sie sich bei wichtigen oder häufig gefragten Präparaten selbst im Internet. Sie können dem Kunden dann gleich den Wind aus den Segeln nehmen: „Ich weiß, ich habe mich selbst informiert, muss aber ergänzend sagen, dass …“.
Bei aller Höflichkeit muss man sich bei hartnäckigen Kunden auch durchsetzen können. Schließlich haben Sie die Fachkompetenz und auch die Verantwortung dafür, dem Kunden das zutreffende Produkt anzubieten. Hilft ein Arzneimittel dem Kunden nicht, schiebt er schnell die Schuld auf die Apotheke und vergisst dabei, dass er selbst hartnäckig nach diesem Produkt verlangt hatte.
Achten Sie auf Ihre Gesprächskompetenz, und zwar auf die Wirklichkeitsform mit der Sie Sicherheit in der Rhetorik ausstrahlen. Viele sprechen bei der Beratung im Konjunktiv: „Ich würde meinen …“, „Es wäre besser …“, „Ich könnte vorschlagen ...“, diese Formulierungen wirken nicht überzeugend. Sprechen Sie besser in der Wirklichkeitsform: “Ich meine …“, „Es ist besser …“, „Ich schlage Ihnen vor …“. Das „Ich“ können Sie auch mit „Wir“ ersetzen.
Auch die Formulierungen „vielleicht, eventuell, möglicherweise“ müssen aus dem Vokabular gestrichen werden. Nur mit überzeugender Rhetorik können Sie eine festgefahrene Meinung des Kunden korrigieren.
Der Kunde als Viel-Redner
Es gibt Kunden, die lange und umständlich ihr Befinden beschreiben, sich dabei wiederholen und weit in die Vergangenheit zurückgreifen. Das Grundproblem: Dem Apotheker wird das Gespräch praktisch aus der Hand genommen. Er weiß, dass er den Kunden ausreden lassen sollte – hier kann Höflichkeit böse Folgen haben. Meist fällt es doppelt schwer, den Kunden zu unterbrechen, weil man noch auf wichtige Informationen von ihm wartet. Kunden empfinden ein Unterbrechen als Abwertung ihrer Aussagen und reagieren sauer. Je länger der Redeschwall eines Kunden dauert, desto schwieriger ist es, ihn zu unterbrechen und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Besonders ältere Kunden brauchen viel Zeit, um ihr Befinden darzustellen. Damit der Apotheker die Regie im Gespräch behält, sollte er den Mut haben, zu unterbrechen und zwar mit einer Begründung: „Entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen ins Wort falle, aber bevor Sie sich weiter äußern, sollte ich wissen, ob Sie Diabetiker sind.“ Die Begründung einer Unterbrechung mit der Entschuldigung voran, wird vom Kunden viel eher akzeptiert. Unterbrechen Sie recht früh, denn wenn die Lawine des Kunden erst mal ins Rolle kommt, ist es schwer sie aufzuhalten.
Ziel ist es, den Redefluss zu stoppen, ohne dass man den Kunden verärgert oder wichtige Infos von ihm versäumt. Hier hilft Ihnen die „Strukturierung“. Um die Gesprächsführung zu übernehmen, legen Sie ganz einfach die Gesprächspunkte und die Reihenfolge der Themen fest. Schließlich strukturieren Sie das Gespräch.
Woran erkennt man den Viel-Redner? Seine typischen Eigenschaften: er wiederholt alles, formuliert sehr umständlich, beginnt bei Adam und Eva. Häufig kommt er vom Thema ab und unterbricht Sie, wenn Sie mal an der Reihe sind. Außerdem sind Viel-Redner schlechte Zuhörer (s. auch Tabelle „Die Viel-Redner unter den Kunden“).
Zu den Problemkunden kommen die Ungeduldigen, die nicht warten können bis ein Schmerz nachlässt, bei denen die Wirkung eines Arzneimittels möglichst schnell einsetzen muss. Meist fragen diese „Tempoholiker“ gleich, wie lange es dauert, bis das Medikament wirkt. Das ist verständlich und man sollte dies dem Kunden mitteilen, andererseits keinesfalls falsche Hoffnung wecken. Zeigen Sie Fachkompetenz, indem Sie ein anderes Präparat anbieten, das schneller wirkt, aber weisen Sie auf jeden Fall auch auf eventuelle Nebenwirkungen hin, so dass der Kunde sich entscheiden kann.
Probleme erkennen und lösen
Erkennen Sie das Problem:
- Bei jeder Beratung gibt es Kundenprobleme
- Es gibt so viele Sichtweisen, wie es Probleme gibt
- Sichtweisen weichen teilweise voneinander ab
- Jede Sichtweise ist zunächst subjektiv
- Keine Sichtweise ist so optimal, dass sie immer alle Probleme löst
Lösen Sie das Problem:
- Situationsbeschreibung aus der Sicht des Kunden
- Suche nach Lösungsmöglichkeiten
- Bewertung der Lösungsmöglichkeiten
- Entscheidung für eine Lösung
- Zustimmung des Kunden erreichen
Ein chinesisches Sprichwort sagt „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“, was man einem Stammkunden mit etwas Humor sagen könnte.
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