Gesundheitspolitik

Ärzte bekommen über 800 Millionen Euro mehr

Schnelle Einigung bei Honorarverhandlung 2015

BERLIN (ks) | In einer der kürzesten Honorarverhandlungen aller Zeiten haben sich Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband schon beim zweiten Treffen auf Eckpunkte geeinigt: Danach wird die Vergütung der niedergelassenen Ärzte im kommenden Jahr um insgesamt mehr als 800 Millionen Euro steigen. Angesichts der zuvor aufgestellten Forderung der Kassenärzte nach fünf Milliarden Euro zusätzlich war die Einigung nach nur acht Verhandlungsstunden eine echte Überraschung. Allerdings begrüßen nicht alle das erzielte Ergebnis.

Mit den zusätzlichen Geldern will man zum einen die allgemeinen fachärztlichen Leistungen fördern. 132 Millionen Euro der Gesamtsumme entfallen auf die Erhöhung der Pauschalen für die fachärztliche Grundversorgung. Besonderes Augenmerk werde aber auch auf den hausärztlichen Bereich gelegt, teilten die Verhandlungspartner mit. 132 Millionen Euro werden insbesondere für die Finanzierung von Leistungen von qualifizierten nichtärztlichen Praxisassistenten und hier vor allem für Hausbesuche vorgesehen. Der Großteil der Erhöhung soll aber allen niedergelassenen Ärzten zugutekommen: Der Orientierungspunktwert wird um 1,4 Prozent auf 10,27 Cent angehoben. Bislang handelt es sich lediglich um vereinbarte Eckpunkte. Die Beschlussfassung soll am 24. September im Bewertungsausschuss erfolgen.

Schiedsstelle vermieden

Sowohl die Kassen- wie die Ärzteseite zeigten sich zufrieden mit dem Ergebnis. „Hier haben die Selbstverwaltungspartner gemeinsam eine gute Lösung gefunden“, sagte die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeifer. „Mit Blick auf die langfristige Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist dieses Verhandlungspaket gerade noch vertretbar.“ Auch KBV-Chef Andreas Gassen begrüßte, dass die Selbstverwaltung eine Lösung gefunden habe und nicht die Schiedsstelle angerufen werden musste. Wichtig ist für ihn besonders „die Förderung der hausärztlichen und fachärztlichen Grundversorgung außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, was den Einstieg in feste Preise darstellt.“ Der Abschluss liege mit fast 850 Millionen Euro zusätzlich „im normalen Rahmen“. Das sei mehr als das Ergebnis für 2014 und fast so viel wie das für 2013. Gassen zeigte sich zuversichtlich, dass bei den anstehenden Verhandlungen der regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen noch nachgebessert werden könne.

KBV-Sprecher Roland Stahl erklärte die ungewöhnlich schnelle Einigung damit, dass man nicht so blauäugig gewesen sei, das eigentlich geforderte Gesamtvolumen von 5 Milliarden Euro „auf einen Schlag“ durchsetzen zu können.

NAV-Virchow-Bund: Nachverhandlung nötig

Kritik am Verhandlungsergebnis kam vom NAV-Virchow-Bund, dem Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands. Der Bundesvorsitzende Dr. Dirk Heinrich kritisierte, dass die KBV keines ihrer selbst gesteckten Ziele erreicht habe. „Es gibt nur einen sehr verhaltenen Einstieg in feste Preise, und ein Ende der Budgetierung ist nicht in Sicht. Selbst die Angleichung des Orientierungspunktwertes gleicht nicht einmal die Inflationsrate aus.“ Der NAV-Virchow-Bund will nun den „Widerstand der Praxisärzte organisieren“, um grundlegende Veränderungen in der Honorarpolitik zu erzwingen. „So wie die

Verhandlungen in diesem Jahr gelaufen sind, kann es nicht weitergehen“, sagt Heinrich. Die Institution KBV brauche bei ihrer Honorarpolitik starke Verbände an ihrer Seite, um die notwendigen Veränderungen einzuleiten. Heinrich geht davon aus, dass die Bereitstellung von 132 Millionen Euro für Strukturmaßnahmen insbesondere bei den Hausärzten zu Verwerfungen führen wird. Denn nur Praxen, die Versorgungsassistenten vorhalten, würden hiervon profitieren. Hier sei von hausärztlicher Seite „schlichtweg schlecht verhandelt worden“. Am 24. September, so Heinrich, müsse hier nachverhandelt werden, damit alle Hausärzte von dieser Förderung profitieren können. Ein „kleiner Lichtblick“ ist für ihn die Erhöhung der fachärztlichen Grundpauschalen um ebenfalls 132 Millionen Euro, da diese außerhalb der budgetierten Gesamtvergütung gezahlt werden. 

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