Gesundheitspolitik

(K)eine Frage des Gewissens

„Pille danach“: Religiöses Gewissen des Apothekers versus Versorgungsauftrag

BERLIN (ks) | Das Grundgesetz gewährt allen Menschen – auch Apothekerinnen und Apothekern – die Gewissensfreiheit. Aber auch die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln hat einen hohen verfassungsrechtlichen Rang, „hinter dem die Gewissensfreiheit des Apothekers bei der Abgabe von Arzneimitteln in der Regel zurückstehen wird“. Dies antwortet die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Ingrid Fischbach (CDU), auf eine schriftliche Anfrage der Bundestagsabgeordneten Pia Zimmermann (Linke). Diese hatte sich erkundigt, ob Apotheker aus Gewissensgründen die Abgabe verordneter Arzneimittel verweigern können.

Die „Pille danach“ beschäftigt Politik und Medien seit geraumer Zeit – vor allem die Frage, ob das Notfallkontrazeptivum rezeptfrei in der Apotheke zu haben sein sollte. Doch es gibt auch Apotheker, die die „Pille danach“ noch nicht einmal verkaufen wollen, wenn eine ärztliche Verordnung vorliegt. Das kann insbesondere religiöse Gründe haben. Pia Zimmermann von der Linksfraktion wollte es daher genauer wissen: „Inwiefern ist es Apothekerinnen und Apothekern nach Auffassung der Bundesregierung verboten, die Abgabe von ärztlich verordneten Arzneimitteln aus Gewissensgründen (etwas aus religiösen Überzeugungen heraus) zu verweigern, und wem stehen hier Rechtswege offen?“

Fischbach: Einzelfallentscheidend

Die Antwort der parlamentarischen Staatssekretärin ist einerseits deutlich: In der Regel werde die Gewissensfreiheit als Grundrecht hinter der Arzneimittelversorgung zurückstehen. Doch Fischbach lässt auch eine Tür offen: „Wie ein eventueller Konflikt zwischen Gewissensnot auf der einen und gesetzlicher Verpflichtung auf der anderen Seite zu bewerten ist, ist letztlich von den Umständen des Einzelfalls und dem Ergebnis der umfassenden Interessenabwägung abhängig.“

Rechtliche Konsequenzen

Was den Rechtsweg betrifft, so führt Fischbach aus, dass etwaige Ansprüche betroffener Patientinnen und Patienten gegenüber dem Apotheker, der die Abgabe eines ärztlich verordneten Arzneimittels aus Gewissensgründen verweigert hat, zivilrechtlich verfolgt werden könnten. Auch die Landesapothekerkammern könnten berufsrechtlich nach ihren jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften vorgehen. Gegen die Maßnahmen der Aufsichtsbehörden sei wiederum der Rechtsweg eröffnet. Sei dieser letztlich ausgeschöpft, komme gegebenenfalls noch eine Verfassungsbeschwerde in Betracht.

Zimmermann: Rationales Handeln gefragt

Zimmermann stimmt der Regierung zu: „Ärztliche Verordnungen müssen im Regelfall beliefert werden, unabhängig von religiösen oder anderen weltanschaulichen Überlegungen.“ Wenn wie bei der „Pille danach“ die schnellstmögliche Einnahme zu einem rationalen Arzneimittelgebrauch gehöre, „dann muss er ermöglicht, nicht verhindert werden“.

Berliner Apothekerwird attackiert

Zuletzt sorgte in Berlin ein katholischer Apotheker für Aufsehen, der aus persönlicher Überzeugung heraus weder die „Pille danach“ noch die Spirale verkauft. Seine Apotheke wird regelmäßig von Aktivisten der linken Szene attackiert – erst Anfang Oktober gab es wieder einen Angriff mit roten Farbbomben. 

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