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Althergebracht, aber wirkungsvoll

Flyer-Werbung richtig einsetzen – Imagebildung, Kundenerinnerung und Aktivierung mit Flyer-Werbung – Wann sind Coupons sinnvoll?

Das Flugblatt, neudeutsch Flyer, war das erste Massenkommunikationsmittel überhaupt und ist seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert nachweisbar. Dabei handelte es sich um Einblattdrucke des Spätmittelalters, die teils der Werbung, teils der Erbauung oder dem Seelentrost dienten oder auch politische Inhalte hatten. Die Flugschrift „An den christlichen Adel“ von Martin Luther war eine der ersten großen Auflagen mit 4000 Exemplaren, die bereits wenige Tage nach dem Erscheinen vergriffen war.

Heute sind Flyer keine Sensationen mehr, sondern ein häufig und gern genutztes Werbemedium, das gezielt auf eine definierte Zielgruppe zugeschnitten und entsprechend verteilt wird. Waren im Mittelalter solche Schriften noch wertvolle Raritäten, für die die Empfänger in der Regel sogar bezahlten, werden die Verbraucher heute von kostenlosen Beilagen, Flyern, Broschüren, Handzetteln und anderen Werbemedien – allein in der offline-Welt – geradezu überschüttet.

Daher sollte sich jeder Apotheker, der sich mit Flyerwerbung befasst, dies ausgesprochen selbstkritisch tun und sowohl den Zweck, die Zielgruppe als auch das Format immer wieder infrage stellen. Denn der Flyer ist die Visitenkarte einer Apotheke: Er sollte die Apothekenmarke klar reflektieren, auf die definierte Zielgruppe zugeschnitten sein und eine klare Marken- und Werbebotschaft haben. Das passende Papier und gute Druckqualität sind ebenfalls wichtig, zentral ist aber die Art und Weise, wie und an welcher Stelle des Flyers die Marke erkennbar ist.

Selbstverständlich müssen auch die Kosten-Nutzen-Relationen stimmen. Und hier beginnt meist schon das erste große Dilemma im Flyerdschungel für den Apotheker. Die Produktion eines Flyers, inklusive Erstellungs-, Druck- und Verteilkosten, kostet schnell über 1000 Euro. Greift man auf die Angebote professioneller Dienstleister zurück, lassen sich Kosten sparen. Allerdings geht dies zulasten der Individualität und der Markenkommunikation. Denn meist findet sich die eigene Marke nur in Form des Apothekenlogos auf der Rückseite wieder. Reicht dies für eine adäquate Kundenkommunikation und die professionelle Positionierung der Apotheke? Immerhin lebt der Apotheker davon, sich von seinen Wettbewerbern durch besseren und persönlicheren Service abzuheben. Die Marke spielt dabei eine elementare Rolle, sie ist die Quintessenz dessen, was die Individualität einer Apotheke ausmacht; und der Flyer ist eine Möglichkeit, dies dem Kunden näherzubringen.

Aber der Reihe nach: Systematisch und nach Marketing-Kriterien betrachtet, verfolgt ein Flyer drei Ziele: Die Imagebildung, die Kundenerinnerung und die Kundenaktivierung, wobei je nach Marketingstrategie jeweils einer der genannten Aspekte im Vordergrund steht.

Die Imagebildung

Jeder Flyer ist eine Kommunikation zwischen der Apotheke und dem Kunden, wobei Kommunikation in diesem Kontext als „Übertragung von Information“ verstanden werden soll und der Kunde der Empfänger der „Werbe-Nachricht“ ist. Das macht deutlich, dass die Werbesprache des Flyers vom Empfänger verstanden werden muss, die Produkte für ihn attraktiv und stimmig sein und er sich von dem Papier angesprochen fühlen sollte. Es ist also allerhand, was ein Flyer leisten muss und was der Apotheker bei der Entwicklung zu beachten hat. Denn die vermittelten Botschaften an den Kunden tragen zum Imageaufbau der Apotheke bei. Passen die Produkte nicht zur Zielgruppe, vermittelt der Flyer andere verstörende Botschaften oder ist gar die Marke falsch platziert, leidet das Apothekenimage. Weit gestreute Angebotsflyer sollten daher regelmäßig kritisch geprüft werden. Jede einzelne Markenpenetration führt zu einer Erhöhung der Markenkraft, der Wahrnehmung der Apotheke im Vergleich zu anderen. Ist der Flyer richtig gestaltet, hilft er bei der Markenbildung einer Apotheke, sobald er im Haushalt des Kunden angekommen ist – gleichgültig, ob nun ein direkter Abverkauf stattfindet oder nicht. Den Eindruck, den der Kunde vom Flyer hat, überträgt er auf die Apotheke, was deren Markenkern ausmacht. Auch dies ist ein kontinuierlicher Prozess: Jeder Kontakt führt zum weiteren Aufbau des Markenkerns. Die Eindrücke in der Apotheke sollten zum vermittelten Eindruck des Flyers passen: Steht im Flyer das Thema Beratung und Service im Vordergrund, muss das Apothekenteam vor Ort entsprechend agieren.

Daraus geht hervor, welch wichtiger Teil der Marketing-Strategie ein Flyer sein kann. Apothekenkooperationen leben diesen Gedanken aus – dort steht immer die Dachmarke der Kooperation im Vordergrund und strahlt auf die Kooperations-Apotheken aus.

Kundenerinnerung

Prinzipiell dient ein Flyer auch dazu, dass man sich bei seinen Kunden regelmäßig in Erinnerung bringt und sich immer wieder als DER Ansprechpartner für Gesundheitsfragen positioniert. Dieser Effekt ist nicht zu unterschätzen, denn gerade in Kombination mit produktführender Werbung assoziiert der Leser oft beim Lesen schon den Einkauf in einer bestimmten und nicht in einer beliebigen Apotheke. Was wiederum die Bedeutung der korrekten Markenplatzierung unterstreicht.

Kundenaktivierung

Die Kundenaktivierung ist letztendlich der einzig direkt umsatzbringende Punkt. Eine Kunden-Aktivierung findet dann statt, wenn ein Kunde einen entscheidenden Impuls erhält, um einen Einkauf zu tätigen. Wie funktioniert das bei einem Angebotsflyer, der in die Haushalte verteilt wird?

Der Angebotsflyer wird normalerweise mit der Post sortiert oder liegt einer Zeitung bei. In diesem Moment muss der Flyer so attraktiv gestaltet sein, dass er die Aufmerksamkeit des Empfängers erhält. Jetzt beginnt aber das Kernproblem. Wird normalerweise für Produkte geworben, indem man Lust auf diese Produkte vermittelt, ist dies bei Arzneimitteln nicht angesagt. Ethisch gesehen sollte kein Kunde zu einem nicht indikationsgetriebenen Kauf oder zu unverhältnismäßiger Bevorratung animiert werden. Somit ist es recht schwer, alleine mit Produkten zu werben. Einfacher ist es, wenn man im Rahmen eines bestimmten Kontextes passende Produkte bewirbt, da hier der Bedarf und die Lösung des Bedarfs vermittelt werden. Passende Themen können die Reiseapotheke, Haut- und Haarpflege oder saisonale Themen wie Allergien, Erkältung und dergleichen sein.

Die Kundenaktivierung setzt erst dann ein, wenn der Flyer den Kunden angesprochen hat und er ein für ihn passendes Produkt gefunden hat, das er sich aus genau dieser Apotheke holen möchte. Dieser Wunsch muss so stark sein, dass sich der Kunde noch am Folgetag daran erinnert und die Apotheke aufsucht.

Die genaue Analyse dieses Ablaufs zeigt, wie die Aktivierungsrate eines Flyers erhöht werden kann. Wichtig ist unter anderem der richtige Zeitpunkt: Wer weiß, wann in der Regionalzeitung wenig Eigenwerbung beiliegt, sollte genau dann seinen Flyer beisteuern – dann ist er konkurrenzlos und fällt dem Leser besser auf.

Auch die Haptik des Druckmittels ist wichtig: Billiges Papier ist genau passend für eine Discount-Positionierung. Ein hochwertiger Flyer sollte durch entsprechende Papierqualität überzeugen, wenn dieses auch etwas schwerer ist als billigeres Papier.

Die Attraktivität steigern

Die Attraktivität des Flyer-Inhalts kann durch Produkte allein nicht erreicht werden. Hilfreich sind interessante Kurzinfos, Tipps und zeitlich begrenzte Coupons. Alles, was dieses Werbemittel reizvoll macht und ihn im Haushalt bleiben lässt, ist erlaubt.

Coupons sind geeignete Instrumente der Kundenaktivierung, da ein gutes Angebot in einer bestimmten Zeit wahrgenommen werden muss. Allerdings wirken Coupons nur, wenn das Angebot stimmig und attraktiv ist.

Für die Produktauswahl existieren drei Hauptstrategien:

  • Discount-optimiert: Hierbei werden die Produkte ausgewählt, bei denen aktuell die besten Einkaufskonditionen verhandelt werden können. So erhält der Kunde die höchsten Preisnachlässe und er lernt die Apotheke als „günstig/billig“ kennen. Der Nachteil ist, dass das stark diskontierte Sortiment begrenzt ist und der Kunde möglicherweise eher weniger Premium-Produkte in dieser Apotheke vermutet.
  • Abverkaufs-optimiert: Hier finden sich Produkte, die sich derzeit am besten verkaufen und somit die höchste Markt-Attraktivität besitzen. Der Nachteil liegt auf der Hand: Renner werden ohne Druck diskontiert und reduzieren somit eventuell den Gesamtertrag.
  • WKZ-optimiert: Unterstellt man die Grundannahme, dass ein Flyer nicht zu einem massiven Kundenboom führt und folglich nicht so teuer sein sollte, ist eine Zusammenarbeit mit der Industrie angesagt. Allerdings ist die Industrie nicht für alle Produkte bereit, entsprechende Werbekostenzuschüsse (WKZ) zu bezahlen, besonders, wenn sich die Produkte bereits gut auf dem Markt etabliert haben. Somit werden eher B-Produkte mit höheren WKZ gefördert. Hinzukommt, dass derartige Verhandlungen für den einzelnen Apotheker aufwendig und zeitintensiv sind. Deshalb greifen Apotheken-Kooperationen gerne auf dieses Modell zurück und verbinden es mitunter mit Produkt-Promotion-Aktionen in der Apotheke.

Was muss bei einem Flyer beachtet werden?

Wer bereits einen Flyer einsetzt, sollte ihn mit geschärften Marketing-Augen betrachten und sich folgende Fragen stellen:

  • Wie wirkt der Flyer auf meine Kunden? Hochwertig? Informativ? Günstig? …
  • Wie ist das Durchschnittsalter meiner Kunden?
  • Ist die Papierqualität in Ordnung?
  • Welche Marke wird mit dem Flyer gefördert/aufgebaut?
  • Was würde ich am Flyer verändern, wenn es möglich wäre?
  • Was kommuniziert der Flyer bezüglich meiner Apotheke? Stimmt das mit meinen Marketingzielen überein?
  • Welchen Rücklauf bringt der Flyer?
  • Wie teuer ist er?

Vom „optimalen“ Flyer

Gibt es den optimalen Flyer überhaupt? Diese Frage lässt sich getrost mit „Nein“ beantworten. Denn je nach Apothekenstandort, Umfeld, Marketingstrategie und anderen Faktoren gibt es den richtigen, individuellen Flyer, der sich passend ins Gesamtgefüge genau dieser Apotheke einfügt. Darauf eine weitere, nämlich die alles entscheidende Frage: Lohnt sich dieser ganze Aufwand? Objektiv lässt sich diese Frage nicht ehrlich beantworten, denn der Erfolg der Flyerwerbung ist kaum messbar. Nützlich sind Response-Elemente wie Abschnitte oder Coupons, die nach der Einlösung in der Apotheke eingesammelt und gezählt werden. Teilt man die Anzahl der eingesammelten Abschnitte durch die Anzahl der ausgeteilten Medien, hat man die Response-Rate (Antwort-Quote) des Flyers. Diese liegt in der Regel bei 0,5 bis drei Prozent. Dies darf aber nicht mit der Aktivierungsquote verwechselt werden – diese gibt Auskunft darüber, wer ebenfalls aufgrund des Flyers zum Kaufen animiert wurde, den Coupon aber nicht verwendet hat. Umgekehrt bleibt aber unbeantwortet, wieviele Kunden auch ohne den Coupon gekommen wären und normal eingekauft hätten.

Ebenso ist es wichtig zu unterscheiden, ob ich Neukunden mit einem Angebot gewinnen oder Bestandskunden aktivieren möchte. Letztendlich bleiben unter dem Strich die Kunden-Aktivierungskosten, die sich aus den Gesamtkosten des Flyers inklusive Druck, Gestaltung und Verteilung, abzüglich der WKZ, berechnen, geteilt durch die Zahl der aktivierten Kunden. Ein Beispiel: Hat die Flyerproduktion 1000,– Euro gekostet und dem Apotheker 50 Rückläufer gebracht, dann betragen die Aktivierungskosten pro Kunde 20,– Euro. Beträgt der durchschnittliche Warenkorb ebenfalls lediglich 20,– Euro bei reduzierten Margen, hat sich der Flyer nicht bezahlt gemacht. In diesem Fall lautet die Devise: das Flyerkonzept zu überdenken und die Gesamtwirkung des Flyers im Auge zu behalten. Denn ein gut gemachter, Apotheken-gerechter Flyer sorgt dann auch für eine aktive Imagebildung. Wenn der Flyer beispielsweise 10.000 mögliche „Brandimpressions“ auslöst und treue Kunden an die Apotheke erinnert oder neue Kunden aufmerksam macht, kann ein guter Teil der Flyerkosten direkt auf das Marketingkonto verbucht werden.

Ins Konzept integrieren

Apotheker, die den Flyer in ihre Multichannel-Strategie einpassen, sind den Wettbewerbern einen Riesenschritt voraus: Denn sie können über den gefällig platzierten QR-Code den Kunden auf den Internetauftritt oder Webshop lotsen. Um die steigende Zahl der Smartphone-Nutzer zu erreichen, sollte der Online-Shop daher in einer mobilen Version angeboten werden. 

Benedikt Becker, Apozin GmbH, Wiesbaden

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