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Management
Momente der Wahrheit im Kundenkontakt
Lassen Sie es menscheln: So bauen Sie mit Empathie strategische Wettbewerbsvorteile auf – Voraussetzung: gut zuhören und verständlich kommunizieren
Das Personaltrainigsunternehmen AchieveGlobal hat über 5500 Konsumenten befragt, um herauszufinden, was die Wahrnehmung von Kunden prägt. Eines der wichtigsten Ergebnisse: Der Kunde beurteilt ein Unternehmen – und das gilt dann auch für Apotheken – umso positiver, je freundlicher und zuvorkommender sich die Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt verhalten. Darum sollte die strategische Ausrichtung der Apotheke darauf abheben, die Wahrnehmung des Kunden positiv zu beeinflussen, um eine Sogwirkung auf die Kunden in Gang zu setzen. Die Strategie trägt zum einen zur direkten Umsatzsteigerung bei und motiviert zum anderen die Kunden, die Apotheke an Freunde und Bekannte weiterzuempfehlen.
Zugleich sollten negative Kundenerfahrungen vermieden werden. Denn die Studie hat auch ergeben, dass 93 Prozent aller befragten Kunden bereits nach drei oder weniger negativen Erfahrungen zur Konkurrenz abwandern.
Beziehungsmanagement wichtiger als Problemlösungsorientierung
Entscheidend ist mithin die Frage, wie sich hervorragende Kundenerfahrungen herbeiführen lassen. Im Mittelpunkt stehen natürlich die Menschen, die für die Apotheke arbeiten: Der Apotheker und sein Team sind der entscheidende Faktor, der die Kunden zum Bleiben veranlasst – oder in die Arme des Wettbewerbs treibt.
Dazu eine weitere Zahl: 33 Prozent aller befragten Kunden legen mehr Wert auf eine höfliche und respektvolle Behandlung als auf die sofortige Lösung ihres Problems. Mit anderen Worten: Der Kunde wartet unter Umständen auch mal – aber er verzeiht es nicht, wenn er im direkten Kontakt mit Apotheker und Team unfreundlich und nachlässig behandelt wird. Das Beziehungsmanagement ist wichtiger als die Problemlösungsorientierung. Die schönste Hautcreme, die tollsten Produkte aus dem Frei- und Sichtwahlbereich verfehlen ihre Wirkung, wenn sie von einem unhöflichen Mitarbeiter angepriesen werden.
Die größte Bedeutung haben die kundenorientierten kommunikativen und emotionalen Kompetenzen des Teams in den sogenannten „Momenten der Wahrheit“: Das sind die Momente, in denen der Kunde die Apotheke oder den Mitarbeiter einer Bewertung unterzieht – und zwar einer Bewertung, die er nicht so schnell revidiert. Zu den Momenten der Wahrheit gehört etwa die Begrüßung des Kunden. Wer hier versagt, hat schon verloren. Der Kunde lehnt Mitarbeiter und Apotheker ab und geht – und kommt nie wieder.
Was also soll der Apotheker tun?
Mitarbeiter weiterentwickeln
Der Apotheker benötigt Mitarbeiter, die zur kundenorientierten Emotionsarbeit und zum Beziehungsmanagement fähig sind – wobei dies und das Folgende auch stets für ihn selbst gelten. Denn natürlich spielen das Auftreten und das Verhalten des Apothekers eine sehr große Rolle dabei, wie die Kunden in den Momenten der Wahrheit die Apotheke wahrnehmen und beurteilen.
Wer eine auf positiven Kundenerfahrungen basierende Strategie implementieren will, sollte die Mitarbeiterauswahl, die Mitarbeiterbildung und die Entwicklung der Mitarbeiterkompetenzen darauf ausrichten.
Konkret: Sind die Mitarbeiter fähig, emotionale Interaktionen mit den Kunden aufzubauen? Sind sie in der Lage, nett, höflich und zuvorkommend zu kommunizieren? Können sie aktiv zuhören, zeigen sie aufrichtig-wahrhaftiges Verständnis für die Probleme des Kunden, um sie zeitnah und kundenorientiert zu lösen?
Fällt der Kompetenzcheck zuungunsten eines Mitarbeiters aus, sollte der Apotheker schleunigst entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen ergreifen, um die Kompetenzlücken zu schließen.
Empathisches Sich-Einfühlen als Kernkompetenz
Spitzenverkäufer geben in Interviews, die ebenfalls von AchieveGlobal durchgeführt worden sind, Hinweise darauf, was ein Mitarbeiter im Kundenkontakt weit überdurchschnittlich beherrschen sollte. Dazu zählt die Kompetenz, selbst unter Zeitdruck in einem freundlichen Ton mit dem Kunden zu kommunizieren und durch eine durchdachte Fragetechnik direkt in das Herz der Wünsche und Erwartungen des Kunden vorzudringen.
Des Weiteren ist das empathische Sich-Einfühlen in die Vorstellungswelt des Kunden ein bedeutsamer Aspekt: Gute Verkäufer wissen, wie sie sich in ihre Kunden hineinversetzen können. Sie zeigen in kritischen Situationen – wie etwa bei einer Reklamation – ehrliches Verständnis, selbst wenn der Kunde das Problem selbst verursacht hat, und reagieren verbal und non-verbal angemessen auf seine Befindlichkeit.
Selbstverständlichkeiten beachten
Es sind oft „nur“ Selbstverständlichkeiten, die die Mitarbeiter und der Apotheker beherzigen müssen, um die Kundenloyalität zu steigern. Dazu gehört die Beachtung der Kundenbedürfnisse auf der menschlichen und der geschäftlichen Ebene. Kunden möchten respektvoll behandelt und individuell beraten werden. Sie gewinnen den bestmöglichen Eindruck dann, wenn die Mitarbeiter bei jeder Interaktion mit jedem einzelnen Kunden beide Bedürfnisarten erkennen und erfüllen.
Wichtig ist laut Studie überdies: Wenn einmal etwas nicht geklappt hat und der Kunde unzufrieden ist, darf der Mitarbeiter nicht in Scheinausreden flüchten. Vielmehr sollte er die Größe aufbringen, sich bei Bedarf zu entschuldigen. Aber wann? Ganz einfach: Wenn er in einer Situation selbst gern eine Entschuldigung hören würde, dann entschuldigt er sich. Wiederum ist die Fähigkeit, sich in den Kunden einzufühlen, entscheidend.
Hinzu kommen sollte die ehrliche und authentische Achtsamkeit gegenüber dem Kunden. Diese zeigt sich, wenn der Mitarbeiter bereits an der Stimme des Kunden erkennt, dass etwas nicht stimmt – und mit dem Kunden mitfühlt und ihm eine Problemlösung anbietet.
Hilfreich ist es, wenn der Mitarbeiter mögliche Kundengefühle selbst kennt und darum einschätzen kann, wie es dem Kunden geht. Die Lebenserfahrung und das Gefühlsspektrum, über das der Mitarbeiter verfügt, haben für den Erfolg beim Kunden einen höheren Stellenwert als bisher angenommen.
Herausragende Kundenerlebnisse kann insbesondere der Mitarbeiter herbeiführen, der überhaupt erst einmal bereit ist, Emotionsarbeit zu leisten. Überdies muss er zum Beispiel die Fähigkeiten haben, aufmerksam zuzuhören und verständlich zu kommunizieren. Auch dies sind Selbstverständlichkeiten – die jedoch anscheinend, so belegt es jene Studie, von vielen Mitarbeitern nicht beherrscht werden.
Fazit
Um zu positiven Kundenwahrnehmungen zu gelangen, sind Mitarbeiter notwendig, die Emotionsarbeit leisten und auf der menschlichen und geschäftlichen Ebene herausragende Kundenerlebnisse prägen. Aufgabe des Apothekers ist es, für den notwendigen Kompetenzaufbau zu sorgen – und sich selbst dabei nicht außen vor zu lassen.
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