Gesundheitspolitik

Aleve darf Aktren Naproxen heißen

Dachmarke auch bei unterschiedlichen Wirkstoffen zulässig

BERLIN (ks) | Das Bayer-Schmerzmittel „Aleve“ mit dem Wirkstoff Naproxen-Natrium darf künftig unter der Dachmarke „Aktren“ vertrieben werden. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) verpflichtet, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid in „Aktren Naproxen“ zu ändern. Es sah im vorliegenden Fall keinen Verstoß gegen das arzneimittelrechtliche Verbot gleicher Bezeichnungen – ebenso wenig werde der Verbraucher durch den Arzneimittelnamen in die Irre geführt.

(Urteil des OVG NRW vom 12. Februar 2014, Az.: 13 A 1377/13)

Die Bayer Vital GmbH hat bereits mehrere Arzneimittel mit dem Namensbestandteil Aktren auf dem Markt: Aktren, Aktren forte und Aktren spezial. Alle Präparate enthalten als Wirkstoff Ibuprofen und haben die gleichen Anwendungsgebiete: leichte bis mäßig starke Schmerzen wie Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Regelschmerzen sowie Fieber. Aktren spezial ist zudem indiziert bei akuten Kopfschmerzen bei Migräne mit und ohne Aura. Aleve enthält hingegen Naproxen-Natrium als Wirkstoff – die Anwendungsgebiete sind aber ebenfalls leichte bis mäßig starke Schmerzen und Fieber.

Bayer wollte auch Aleve der Dachmarke Aktren unterstellen – mit dem Wirkstoff als Namenszusatz. Das BfArM lehnte eine entsprechende Änderungsanzeige unter Hinweis auf das Irreführungsverbot ab. Bayer zog daraufhin vor das Verwaltungsgericht Köln, das die Klage allerdings abwies. Zur Begründung verwiesen die Richter auf die Fenistil-Entscheidung des OVG NRW. Mit diesem Urteil hatte das OVG Novartis verwehrt, seine Creme „Pencivir bei Lippenherpes“ unter der Dachmarke Fenistil zu führen – wegen möglicher Irreführung der Verbraucher.

Nun hat das OVG NRW im Fall Aleve/Aktren anders entschieden. In diesem konkreten Einzelfall sah es keine Irreführungs- und Verwechslungsgefahr. In seinem Urteil befasst sich das Gericht zunächst mit § 25 Abs. 3 Satz 1 Arzneimittelgesetz (AMG). Danach ist die Zulassung für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel „gleicher Bezeichnung“ in Art oder Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Ausführlich legt das OVG dar, dass eine „gleiche Bezeichnung“ im Sinne dieser Vorschrift die vollständig wortlautidentische Benennung des Arzneimittels sein muss. Und eine solche liege hier nicht vor. Eine Differenzierung zwischen Hauptbezeichnung und Bezeichnungszusätzen – wie sie das Verwaltungsgericht Köln vornahm – folge schon nicht aus dem Wortlaut der Norm. Dieses Verständnis sehen die Richter gestützt durch die Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln sowie den Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (Richtlinie 2001/83/EG).

Weiterhin prüft das Gericht einen etwaigen Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, der irreführende Bezeichnungen von Arzneimitteln verbietet. Eine solche liegt vor, wenn die Bezeichnung bei einem nicht ganz unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise unzutreffende Erwartungen, insbesondere über die Art, Qualität, therapeutische Wirksamkeit, Unbedenklichkeit oder sonstige wesentliche Merkmale des Arzneimittels weckt. Dabei sind strenge Anforderungen zu stellen – denn hier geht es um das bedeutende Rechtsgut Gesundheit. Der Senat verlässt sich bei der Beurteilung auf seine eigene Sachkunde und kommt zu dem Ergebnis, dass bei einer Gesamtbetrachtung und der Würdigung aller Umstände des Einzelfalls keine Irreführung vorliegt. Zwar sei die Nutzung einer eingeführten Dachmarke für ein wirkstoffverschiedenes Arzneimittel im Regelfall irreführend. Im vorliegenden Einzelfall verhalte es sich jedoch anders: Die Aktren-Präparate haben nämlich das gleiche Anwendungsgebiet wie Naproxen-Natrium – und darüber hinaus bestünden auch beim Nebenwirkungsprofil keine erheblichen Unterschiede. In diesem Punkt weicht die Konstellation vom Fenistil-Fall ab, wo es um Arzneimittel unterschiedlicher Anwendungsgebiete ging.

Das Gericht verweist zudem darauf, dass im Bereich der Schmerzbehandlung schon zahlreiche Dachmarken mit verschiedenen Wirkstoffen im Verkehr seien – allesamt vom BfArM zugelassen. Auch durch die tatsächlichen Verhältnisse in diesem Marktsegment seien die Erwartungen der Verbraucher geprägt: Jedenfalls in diesem Bereich erwarteten sie unter einer Dachmarke nicht stets Arzneimittel mit identischer Zusammensetzung.

Die Revision hat das OVG NRW nicht zugelassen.

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