DAZ aktuell

Verwirrung um Fycompa®

Bestellung und Abrechnung des Antiepileptikums ist langwierig und kompliziert

BERLIN (lue) | Die Bestellung und Verrechnung des Antiepileptikums Fycompa® sorgt in Apotheken für Verwirrung. Nachdem die Firma Eisai das Arzneimittel mit dem Wirkstoff Perampanel wegen Unstimmigkeiten über den Zusatznutzen letztes Jahr in Deutschland aus dem Vertrieb genommen hatte, kann es seit Januar über ein sogenanntes „Named-Patient-Access-Programm“ aus der Schweiz importiert werden. Der Hersteller übernimmt im Rahmen des Programmes die anfallenden Kosten, sodass die Patienten das Arzneimittel kostenfrei über die Apotheke erhalten. Die Umsetzung ist allerdings langwierig und die Kostenfrage häufig unklar.
Foto: Eisai
Fycompa®: Im Rahmen eines „Named-Patient-Access-Programm“ für den Patienten kostenlos.

Der betroffene Patient muss über den behandelnden Arzt und die abgebende Apotheke ein kompliziertes Anmeldungsprozedere durchlaufen, um in das „Fycompa® Named-Access-Programm“ aufgenommen zu werden. In Deutschland sind etwa 3000 bis 3500 Patienten auf den Wirkstoff Perampanel eingestellt. Die Anmeldung des Patienten, die Registrierung der Apotheke und die Arzneimittelbestellung werden von der Firma Clinigen betreut. Nicht nur die Bestellung ist umständlich. Auch bei der Auslieferung sind mit Movianto, dem Paketdienst GLS und der Schweizer Post drei weitere Firmen mit im Boot. Trotzdem gilt das Versprechen, dass die Ware innerhalb von vier Werktagen geliefert wird.

Bestellprozedere raubt Zeit

Dr. Peter Kaiser, Inhaber der Traubenapotheke in Fellbach, hat allein für das Bestellprozedere schon drei Wochen gebraucht. Um die Anträge zu stellen, müsse man sich durch 20 Seiten kämpfen, fehlerhafte oder fehlende Angaben korrigieren und viel telefonische Rücksprache halten, so Kaiser gegenüber der DAZ. Seiner Kundin rät er daher, das Arzneimittel das nächste Mal mindestens drei Wochen vor dem tatsächlichen Bedarf zu bestellen, damit eventuelle Verzögerungen nicht zu einer Unterbrechung der Therapie führen.

Mit der Abrechnung vergrößern sich die Probleme noch: Dem Präparat liegen zwei Rechnungen bei. Zum einen eine Rechnung über die Einfuhrumsatzsteuer, zum anderen eine „Proforma“-Rechnung. Darauf sind die Kosten des Warenwerts angegeben. Wer das Wort „Proforma“ überliest, überweist die Rechnung pflichtbewusst; so geschehen bei Kaiser. Der Betrag wird zwar zurückerstattet, dies kann allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen. Die zweite beiliegende Rechnung vom Dienstleister GLS über die Einfuhrumsatzsteuer muss dagegen von der Apotheke bezahlt werden, kann aber später als Vorsteuerabzug verrechnet werden.

Fycompa®: So läuft die Bestellung und Verrechnung ab


Für die Teilnahme an dem „Fycompa® Named-Access-Programm“ muss der betroffene Patient vom behandelnden Arzt angemeldet und die versorgende Apotheke registriert werden. Die Anmeldung des Patienten, die Registrierung der Apotheke und die Arzneimittelbestellung werden von der Firma Clinigen betreut. Dieser Kooperationspartner der Firma Eisai hat seinen Sitz in England.

Für die Registrierung benötigt Clinigen ein ausgefülltes Kundenkontoformular von der Apotheke, um zu prüfen, ob der Antragsteller zur Bestellung berechtigt ist. Da die Apotheke im Rahmen dieses Programmes für die Einfuhr von Fycompa® verantwortlich ist, benötigt sie zudem eine EORI-Nummer für Zollangelegenheiten. Diese wird beim „Informations- und Wissensmanagement Zoll“ in Dresden beantragt. Damit die Apotheke die Einfuhrformalitäten nicht selbst abwickeln muss, kann sie eine Vollmacht erteilen, sodass die Einfuhrformalitäten und Verfahren von einem Dienstleister im Namen der Apotheke erledigt werden. Die Formulare erhält die Apotheke über Clinigen.

Mittels Bestellformular und Verordnung kann die Apotheke nun Fycompa® bei der Firma Clinigen anfordern. Diese sendet die Bestellung an den Dienstleister Movianto in der Schweiz. Von deren Lager aus wird das Arzneimittel verpackt und mit der Schweizer Post an die Grenze verschickt. Dort übernimmt der Paketversanddienst General Logistics Systems (GLS) das Arzneimittelpäckchen und sendet es an die betreffende Apotheke in Deutschland. An der Zollabwicklung sind Movianto wie auch die Schweizer Post und GLS beteiligt, die Vollmacht der verantwortlichen Apotheke ist auf GLS ausgestellt. Die angeforderte Ware soll innerhalb von vier Werktagen geliefert werden.

Dem Präparat liegen zwei Rechnungen bei: Zum einen eine Rechnung über die Einfuhrumsatzsteuer des Paketdienstes GLS, zum anderen eine „Proforma“-Rechnung der Firma Eisai. Darauf sind die Kosten des Warenwerts angegeben. Die „Proforma“-Rechnung muss nicht bezahlt werden, da das Arzneimittel kostenlos vom Hersteller abgegeben wird. Die Rechnung über die Einfuhrumsatzsteuer muss dagegen bezahlt werden, kann aber später als Vorsteuerabzug verrechnet werden. Die Zuschläge für das Arzneimittel werden nach Arzneimittelpreisverordnung von der TK und der DAK nach eigenen Angaben auf Anfrage der Apotheken mittels Kostenvoranschlag übernommen. Auch die AOK übernimmt die Zuschläge – ob ein Kostenvoranschlag dafür notwendig sei, werde regional geregelt, so ein AOK-Sprecher. Die Barmer GEK klärt derzeit noch, ob sie die anfallenden Kosten erstattet.

Zuschläge für die Apotheke: Nicht von Eisai

Doch wer bezahlt der Apotheke nun die Zuschläge nach Arzneimittelpreisverordnung? Laut Eisai muss dies vom Patienten oder der Krankenkasse übernommen werden. Die DAK sowie die TK übernehmen nach eigenen Angaben auf Anfrage die Zuschläge von drei Prozent plus 8,35 Euro zuzüglich 16 Cent Notdienstgebühr sowie die Umsatzsteuer (bezogen auf die Zuschläge). Doch auch hier lauern Schwierigkeiten, wie Apotheker Kaiser feststellen musste: Verordnet wurden nämlich drei Packungen Fycompa® – allerdings genehmigte die DAK bisher nur die Zuschläge für eine Packung. Nun will er mit der Kasse nachverhandeln.

Datenschutzrechtliche Bedenken

Beim Deutschen Apothekerverband (DAV) beobachtet man das Eisai-Programm ebenfalls kritisch. So seien datenschutzrechtliche Bedenken aus Schleswig-Holstein angemeldet worden, erklärte DAV-Vize Dr. Rainer Bienfait. Der DAV sähe es am liebsten, wenn Eisai das Programm beenden würde – mindestens müsse die Firma die datenschutzrechtlichen Bedenken ausräumen. Eisai wiederum ist überzeugt, alle Regeln des Datenschutzes eingehalten zu haben. 

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