- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 15/2014
- Medikations-Technik statt...
INTERPHARM 2014 - Wirtschaft
Medikations-Technik statt -Management?
Herzog: Apotheker sollten neue Chancen nicht verpassen
Vor dem Engagement für das Medikationsmanagement sollten die Konsequenzen geprüft werden. Das Verhältnis zwischen der Anzahl der Patienten und den Ausgaben für ihre Behandlung folgt einer Lorenz-Kurve. Demnach verursachen sehr wenige Menschen einen sehr hohen Anteil der Ausgaben. Daher kann das Medikationsmanagement bei diesen wenigen Patienten besonders viel bewirken, während bei einem zu großen Teilnehmerkreis die Kosten stärker steigen als der Nutzen. Aufgrund der Annahmen von Herzog könnte das Medikationsmanagement für die Krankenkassen wirtschaftlich tragfähig sein, wenn eine Durchschnittsapotheke jährlich etwa 500 Patienten betreut. Das dadurch finanzierbare Honorar wäre jedoch für die Apotheken allenfalls kostendeckend und würde nicht die Einbußen durch eingesparte Arzneimittel kompensieren. Wenn sich die Apotheken allerdings jeweils auf jährlich etwa 100 besonders problematische Patienten konzentrieren, verbessere sich die Relation und die Apotheken könnten auf einen zusätzlichen Ertrag hoffen, erwartet Herzog.
Mehr als Medikationsmanagement
Doch die Apotheker sollten den Blick über das Medikationsmanagement hinaus richten, forderte Herzog. Sie sollten eine Wertschöpfungskette aufbauen, zu der auch Präventionsstrategien, die Pharmakogenomik und elektronische Hilfsmittel gehören. Letztlich sollten die Apotheker sich weniger mit Problemen befassen, sondern die Verbesserung der Lebensqualität der Patienten betonen. Dafür seien die Patienten bzw. Beitragszahler bereit zu bezahlen.
Komplexe Strategien über das Medikationsmanagement hinaus zu entwickeln und umzusetzen, hält Herzog allerdings für eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Außerdem würden die Krankenkassen Nachweise für die Qualität der Arbeit erwarten, wenn sie neue Leistungen bezahlen sollen. Dies alles könnte nach Einschätzung von Herzog kleine oder durchschnittliche Apotheken überfordern, während sehr große Apotheken oder gar Konzerne dies eher leisten könnten. Daher werde der Berufsstand eher gespalten, wenn die Messlatte für die eigene Arbeit immer höher gelegt wird.
Technische Entwicklung beachten
Wenn die Apotheker ihren Blick auf die betreuenden Tätigkeiten rund um das Arzneimittel konzentrieren, könnten sie nach Einschätzung von Herzog die technische Entwicklung übersehen. Doch die elektronische Datenverarbeitung, die Medizintechnik und die pharmazeutische Technologie entwickeln sich rasant. Herzog nannte einige Beispiele: Kontaktlinsen können Blutzuckerkonzentrationen und künftig vermutlich viele andere Parameter messen. „Smart pills“ werden demnächst nach individuellen Programmen auf Biomarker reagieren können. „Das ist die Zukunft“, prognostizierte Herzog und sieht viele Aufgaben auf die Apotheker zukommen. Dabei geht es um technische Leistungen wie die Programmierung der „smart pills“ und um neue Produktmärkte, die sich die Apotheker erschließen und sichern sollten. Die Apotheker sollten aufpassen, dass diese Entwicklung nicht an ihnen vorbei geht. Dies könne auch wirtschaftlich attraktiver sein als Dienstleistungen, die neue Abhängigkeiten von den Krankenkassen schaffen, meint Herzog. Doch „wir sind noch meilenweit davon entfernt, hier liefern zu können“, konstatierte Herzog. Letztlich plädierte Herzog dafür, lieber ein guter Kaufmann als ein schlechter, weil gegängelter, in seiner Entfaltung an allen Ecken und Enden behinderter Heilberufler zu sein.
Zum Weiterlesen
Dr. Reinhard Herzog: „Apotheke 2020“ – Zwischen „pharmazeutischer Managementinstitution“ und schlichtem Händlerdasein (DAZ 2013, Nr. 25, S. 26). Hier finden Sie detaillierte Berechnungen zur Honorierung des Medikationsmanagements.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.