DAZ aktuell

Warum „Vorteil24“ unzulässig war

Urteilsgründe des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Holland-Boni

BERLIN (jz) | Der langwierige Streit um Rezept-Boni von Versandapotheken aus dem EU-Ausland fand bereits am 26. Februar sein Ende, als der BGH die letzten Entscheidungen in den noch anhängigen Verfahren verkündete. Eines davon betraf das Apotheken-Pick-up-Modell „Vorteil24“ (Az. I ZR 77/09). Nun liegen die Urteilsgründe zu dieser Entscheidung vor. Darin verweisen die BGH-Richter darauf, dass das ehemalige Geschäftsmodell der Apothekerfamilie Winterfeld ersichtlich darauf zielte, das deutsche Arzneimittelpreisrecht zu umgehen.

Beklagt waren in dem Verfahren drei Apotheken in Nordrhein-Westfalen, die im April 2008 für den Einkaufsservice der im niederländischen Dinxperlo ansässigen Montanus-Versandapotheke warben. In einem Werbeprospekt versprachen sie einen zehnprozentigen Preisvorteil auf alle in Deutschland erhältlichen rezeptpflichtigen Medikamente. Diese wurden sodann nicht direkt per Post an den Kunden geschickt – sie lagen vielmehr in einer der deutschen Apotheken zur Abholung bereit. Gegen dieses Modell hatte die Wettbewerbszentrale geklagt, die heilmittelwerbe-, arzneimittelpreis- und wettbewerbsrechtliche Bedenken hatte. Ihrer Meinung schloss sich das Landgericht Köln an.

Doch das Oberlandesgericht Köln (OLG) entschied im Jahr 2009 – also noch vor der gegensätzlichen Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe (siehe AZ 2012, Nr. 37, S. 1 und DAZ 2013, Nr. 7, S. 74) und der entsprechenden gesetzlichen Klarstellung (siehe DAZ 2013, Nr. 33, S. 15) –, dass für ausländische Versandapotheken, die Kunden in Deutschland mit Rx-Arzneimitteln beliefern, die Arzneimittelpreisverordnung nicht gelte. Eine missbräuchliche Umgehung der inländischen Apothekenpreisbindung sei auch nicht gegeben, wenn örtliche Apotheken in den Bestell- und Abholvorgang eingebunden seien, so die OLG-Richter.

BGH: gezielte Umgehung

Im Februar hob der BGH diese Entscheidung allerdings auf und stellte das Urteil der ersten Instanz wieder her (siehe AZ 2014, Nr. 10, S. 1). Die beklagten Apotheker – die ihr Geschäftsmodell nach dem Verbot von Rx-Boni wieder eingestellt hatten – argumentierten, dass nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die jeder Kunde bestätigte, der Erfüllungsort der Sitz der niederländischen Apotheke sei. Dass die Kunden bei Inanspruchnahme des angebotenen Transportservices die bestellten Medikamente in einer der teilnehmenden Apotheken in Deutschland abzuholen hätten, stünde dem nicht entgegen. „Dem kann nicht zugestimmt werden“, entschieden die BGH-Richter. Ihrer Meinung nach erfolgte die Übergabe in der deutschen Apotheke.

Grundsätzlich liege der Ort der Abgabe zwar dort, wo die vom Empfänger mit der Abholung beauftragte Person das Mittel abhole. Allerdings sei dabei auch zu prüfen, ob eine Gestaltung vorliege, die allein dazu diene, zwingende apotheken- oder arzneimittelrechtliche Vorschriften zu umgehen. Das Urteil stellt klar: „Die hier hinsichtlich des Erfüllungsorts getroffene Regelung dient ersichtlich allein der Umgehung des deutschen Arzneimittelpreisrechts und damit auch der Vereitelung der mit der dortigen Regelung verfolgten Ziele wie insbesondere der Sicherung der flächendeckenden und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln.“ 

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