Betäubungsmittelgebühr

Beispiel Betäubungsmittel

Hoher regulatorischer Zusatzaufwand bei der Arzneimittelversorgung – Konsequenzen für die Honorierung am Beispiel der Versorgung mit BtM

Von Uwe Hüsgen| Eine deutliche Erhöhung der Arbeitszuschläge für Rezeptur und Defektur sowie eine Anhebung der Betäubungsmittelgebühr ist eine langjährige Forderung der Apotheker. Diese Forderung traf bei Gesundheitspolitikern immer wieder auf Wohlwollen und Zustimmung – zuletzt im Bundestagswahlkampf. Aber wie sollte denn eine solche Anhebung aussehen? Vor diesem Hintergrund gab die Apothekerkammer Nordrhein eine Studie in Auftrag, die – pars pro toto – untersuchte, welche zusätzlichen Aufwendungen die Abgabe eines Betäubungsmittel-Fertigarzneimittels in der Apotheke durchschnittlich verursacht. Die Vorstellung der Ergebnisse auf der diesjährigen Interpharm hat für Aufsehen gesorgt – hier folgt eine ausführliche Darstellung der Studie durch den Studienautor.

Ausgangslage

Bis Ende 2003 unterlag das gesamte Apothekensortiment, vom sogenannten Ergänzungssortiment abgesehen, der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Mit diesem preisregulierten Umsatz- und Absatzanteil (von jeweils rund 90%) waren alle Gemeinwohlpflichten der Apotheken abgegolten. Seit mit dem GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) 2004 die Preisbindung auf die verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel – und damit auf weniger als 50% des Absatzes – beschränkt wurde, stellt sich die Frage, wie die Apotheken die (weiterhin flächendeckend geforderten) Leistungen und Gemeinwohlpflichten kostendeckend erbringen können. Offensichtlich in Kenntnis dieser Situation hat Jens Spahn, (alter und neuer) gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, in einem DAZ-Interview bekundet (s. DAZ 35/2013), er könne sich eine zusätzliche Vergütung der Rezeptur, Defektur und des Medikationsmanagements ebenso wie die Erhöhung der Betäubungsmittel-Gebühr vorstellen.

Auf der Grundlage dieser veränderten Ausgangssituation und in Anwesenheit des Autors ist der Vorstand der Apothekerkammer Nordrhein (AK NR) anlässlich seiner Sitzung Mitte Mai 2013 zu dem Ergebnis gekommen, dass zwecks Beurteilung einer angemessenen Vergütung apothekerlicher Leistungen

1. die Funktionen und Aufgaben der öffentlichen Apotheke (aktuell und mit Blick auf die Zukunft) definiert bzw. beschrieben werden sollten;

2. diese Funktionen und Aufgaben anschließend ihrem ordnungspolitischen Rahmen entsprechend zugeordnet werden müssten, um dann

3. diese Funktionen und Aufgaben der Art und der Höhe nach einer (dynamisch angelegten) Honorierung zuzuführen.

Anlass dieser Studie

Eine ordnungsgemäße, d.h. flächendeckende und qualitativ hoch stehende Arzneimittelversorgung kann dauerhaft nur von rentabel betriebenen Apotheken gesichert werden. Aufgabe der Gesundheitspolitik muss es daher sein, verlässliche Vergütungsmodelle zu etablieren, die Apotheken in die Lage versetzen, den gesetzlichen Gemeinwohlauftrag zu erfüllen.

Als Einstieg in diese komplexe Materie hat der Vorstand der AK NR eine Machbarkeitsstudie zum Thema „Betäubungsmittel“ (BtM) in Auftrag gegeben. Dies auch deshalb, weil

  • es sich bei diesen Arzneimitteln um besonders sensible Medikamente handelt,
  • der Markt der verschreibungsfähigen Betäubungsmittel überschaubar ist,
  • die über „die übliche Abgabe und Beratung“ hinausgehenden Pflichten der Apotheke relativ sauber zu definieren sind.

Pars pro toto steht die Betäubungsmittelversorgung damit für die bürokratischen und aufwendigen regulatorischen Leistungen, die Apotheken auf verschiedensten Ebenen zusätzlich zu ihrem ursprünglichen Versorgungsauftrag tagtäglich zu leisten haben. Anhand der Studie, ist zu hinterfragen, ob die in der Apotheke zu erbringenden Leistungen noch im Gleichgewicht zur Honorierung stehen.

Vorüberlegungen

Im Rahmen dieser Studie wurden nur Fertigarzneimittel der Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) untersucht, also nur verschreibungspflichtige Betäubungsmittel, die zugleich Fertigarzneimittel im Sinne der AMPreisV sind; sie werden im Folgenden als Rx‑BFAM bezeichnet.

Unbestritten sind Arzneimittel „Waren der besonderen Art“; ebenso unwidersprochen sind Rx‑BFAM „Arzneimittel der besonderen Art“! Ihren besonderen Stellenwert kann man an der Vielzahl der ihnen gewidmeten Gesetze und Verordnungen ermessen. Zugleich gilt aber auch, dass Rx‑BFAM ebenso beratungsintensiv sind wie jedes andere Arzneimittel.

Da es also im Vergleich zu „normalen“ Arzneimitteln prinzipiell keine Unterschiede bezüglich der Beratungspflicht und der Intensität des Beratungsaufwandes gibt, ist bei der Konzeption der vorliegenden Studie bewusst darauf verzichtet worden, nach einem möglichen Patienten-orientierten Beratungs-Zusatzaufwand bei Rx‑BFAM zu fragen.

Absatzmarkt der Rx-BFAM

Im Jahre 2013 sind – berechnet auf der Basis der von Insight Health zur Verfügung gestellten Daten – deutschlandweit etwa 11 Mio. Rx‑BFAM abgegeben worden. Damit betrug der Anteil der Rx‑BFAM am gesamten Absatzmarkt der Rx-FAM etwa 1,6%. Bei rund 20.800 öffentlichen Apotheken entfielen auf jede Apotheke durchschnittlich 530 Rx‑BFAM. Dabei lag der Durchschnittswert je Rx‑BFAM wesentlich über dem der durchschnittlichen Rx-FAM-Packung.

Studienziel

Ziel der Studie war es, den Zusatzaufwand im Rahmen der Bestellung, Prüfung, Lagerung, Abgabe, Retouren, Vernichtung und Dokumentation von Rx‑BFAM zu ermitteln, der – grob – in drei Kategorien unterteilt werden kann:

1. Zusätzlicher sächlicher und administrativer Aufwand;

2. Aufwand aufgrund zusätzlicher pharmazeutischer Prüfungen;

3. Sonderaufwand in Ausnahmesituationen.

Ergebnisse

Ende Oktober 2013 wurden 68 von der AK NR ausgewählte Apotheken angeschrieben und gebeten, einen Fragebogen zu Rx‑BFAM mit den Daten vom September 2013 zu beantworten. 55 Apotheken sind dieser Bitte gefolgt; die Rücksendequote von über 80% kann als Beleg für die Bedeutung des Themas bei den Apothekern gewertet werden.

Auf die Wiedergabe und Analyse der Strukturdaten der Apotheken (Mitarbeiter, GKV-Umsatz usw.) wird an dieser Stelle verzichtet, denn Ziel dieser Studie war es, den Zusatzaufwand je Rx‑BFAM (und nicht je Apotheke bzw. je Mitarbeiter) zu ermitteln.

Zur Frage nach den im Berichtsmonat September 2013 bestellten, abgegebenen, retournierten und vernichteten Rx‑BFAM machten die 55 Apotheken folgende Angaben:

3137 Rx‑BFAM bestellt,

3069 Rx‑BFAM abgegeben,

59 Rx‑BFAM retourniert,

41 Rx‑BFAM vernichtet.

Insgesamt wurden 6306 Vorgänge zu Rx‑BFAM in den Büchern der Apotheken registriert und dokumentiert.

Die einzelne Apotheke hat also durchschnittlich

57,0 Rx‑BFAM bestellt,

55,8 Rx‑BFAM abgegeben,

1,1 Rx‑BFAM retourniert,

0,8 Rx‑BFAM vernichtet,

also insgesamt 114,7 Vorgänge zu Rx‑BFAM dokumentiert.

I. Zeitlicher Zusatzaufwand

I.1. Zusätzlicher sächlicher und administrativer Zeitaufwand

I.1.1. Vorlaufkosten. Bei den Vorlaufkosten handelt es sich um Investitionen, die zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Apotheke für die Abgabe von Rx‑BFAM notwendig – und vom Gesetzgeber vorgeschrieben – sind. Zu den Vorlaufkosten zählen folglich

  • der Betäubungsmittelschrank,
  • die (seitens des Großhandels in Rechnung gestellten) BtM-Abgabebelege,
  • weitere sächliche Hilfsmittel zur Dokumentation (wie BtM-Dokumentationsbuch und /oder EDV-Programm).


I.1.2. Zusätzlicher Aufwand im Rahmen der normalen Bearbeitung von Rx‑BFAM.
Dieser Aufwand untergliedert sich in Bestellung, Lagerung, Retouren und Vernichtung; dabei wurde für die Lagerung – aus denselben Gründen wie beim Thema Beratung – kein zusätzlicher Zeitaufwand abgefragt und ermittelt. Der zusätzliche administrative Aufwand wurde nach Mitarbeitergruppen aufgegliedert (Abb. 1).

Abb. 1: Zeitlicher Zusatzaufwand je Rx‑BFAM bei einer „normalen“ Bearbeitung, aufgegliedert nach Mitarbeitergruppen und insgesamt.

Im Ergebnis beträgt der zusätzliche Zeitaufwand je Rx‑BFAM bei der „normalen“ Bearbeitung von Arzneimitteln nahezu 1,4 Minuten; dieser Zusatzaufwand verteilt sich zu knapp 38% auf Approbierte, zu ebenfalls knapp 27% auf PTA sowie zu gut 35% auf sonstige Mitarbeiter (PKA).

I.2. Zeitaufwand aufgrund zusätzlicher pharmazeutischer Prüfungen

Zu den zusätzlichen pharmazeutischen Prüfungen im Rahmen der Abgabe und Dokumentation von Rx‑BFAM zählen auf Grundlage der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV)

2.1. Rezeptaufdruck „01/98“/„Schützdruck“,

2.2. Rezeptangaben zum Versicherten,

2.3. Rezeptangaben zum verschreibenden Arzt,

2.4. Ausstellungsdatum,

2.5. Eindeutige Arzneimittelbezeichnung (Mengenbegrenzung/keine Norm-Bezeichnung),

2.6. Transdermale Systeme,

2.7. Überschreitung der Verschreibungshöchstmenge („A“-Kennzeichnung),

2.8. Gebrauchsanweisung,

2.9. Dokumentation.

Beachte: Notfallverordnungen und der Botendienst werden gesondert behandelt (s.u.).

Wie der Abbildung 2 zu entnehmen ist, wurden für die zusätzliche pharmazeutische Prüfung und Dokumentation je Rx‑BFAM fast 7,5 Minuten benötigt. Diesen Zusatzaufwand leisten größtenteils die Approbierten (zu mehr als 80%).

Abb. 2: Zusätzlicher pharmazeutischer Aufwand je Rx‑BFAM in Minuten, aufgegliedert nach Mitarbeitergruppen und insgesamt.


I.3. Zeitlicher Zusatzaufwand insgesamt

Die Addition des zusätzlichen sächlichen und administrativen Zeitaufwands und des zusätzlichen pharmazeutischen Prüfaufwands ergibt gut 8,8 Minuten, die für Bestellung, Prüfung, Lagerung, Abgabe, Retouren, Vernichtung und Dokumentation je abgegebenem Rx‑BFAM zusätzlich benötigt wurden und zu rund 75% von Approbierten, zu knapp 20% von PTA und zu gut 5% von sonstigen Mitarbeitern (PKA) geleistet wurden (Abb. 3).

Abb. 3: Zusätzlicher zeitlicher Aufwand je Rx‑BFAM für Prüfung, Abgabe und Dokumentation, aufgegliedert nach Mitarbeitergruppen und insgesamt.


I.4. Zeitlicher Sonderaufwand

Im Rahmen der Untersuchung wurde festgestellt, dass der Botendienst und die Notfallverordnung (N-Kennzeichnung) einer gesonderten Beurteilung bedürfen.

Botendienst. Er wird von den Patienten bei Rx‑BFAM vermutlich häufiger in Anspruch genommen als bei „normalen“ Arzneimitteln (Gründe: Alter, Gesundheitszustand der Patienten). Auch dürfte der Aufwand aufgrund der „persönlichen Zustellung“ größer sein als im Normalfall. Dennoch wurde – auch wegen der nachvollziehbaren Heterogenität im Einzelfall – der Aufwand nicht je abgegebenem Rx‑BFAM umgelegt. Vielmehr wird angeregt, dieses Problem (Stichworte: Versorgung immobiler Patienten, Heimversorgung) in Verhandlungen zwischen den Kostenträgern und Apotheken einer adäquaten, Patienten-orientierten Lösung zuzuführen.

Notfallverordnungen (N-Kennzeichnungen) sind in der täglichen Praxis absolute Ausnahmefälle. So sind im Rahmen dieser Untersuchung im September 2013 gerade einmal acht Apotheken mit insgesamt zehn Notfallverordnungen konfrontiert worden. Die Apotheken haben in diesem Zusammenhang einen zusätzlichen Prüfaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Minuten gemeldet, der zu gut 80% von den Approbierten und zu knapp 20% von den PTA geleistet wurde. Weil es sich um absolute Ausnahmefälle mit enormem Aufwand handelt, sollte die Belieferung von Notfallverordnungen zusätzlich vergütet werden (s.u.).

II. Finanzieller Zusatzaufwand

Wenn auch nicht explizit Auftrag der Studie, so kann der im Rahmen dieser Untersuchung ermittelte zeitliche Zusatzaufwand relativ einfach mit Kosten hinterlegt werden; die zwischen dem Arbeitgeberverband (ADA) und der Apothekengewerkschaft (ADEXA) vereinbarten Tarifgehälter für Approbierte, PTA und PKA (als Maßstab für die Vergütung von sonstigen Mitarbeitern) sind bekannt.

II.1. Zusätzlicher sächlicher und administrativer Finanzaufwand


II.1.1. Vorlaufkosten.
Die Vorlaufkosten sind von jeder öffentlichen Apotheke aufzubringen, unabhängig davon, wie viele Rx‑BFAM sie im Laufe der Zeit abgibt. Von daher wäre es nur recht und billig, die Apotheke erhielte diese tatsächlich entstandenen Kosten – nach dem Verursacherprinzip aufgeteilt – in voller Höhe jährlich erstattet. Da dies nicht praktikabel ist, müssen diese Kosten im Rahmen der Abgabe (über die Verrechnung mit den Krankenkassen bzw. auf Privatrechnung) folglich jedem abgegebenen Rx‑BFAM anteilig zugeordnet werden. In Summe entstehen für sächlichen und administrativen Aufwand Kosten je abgegebenem Rx‑BFAM von 1,33 Euro netto (Abb. 4).

Abb. 4: Vorlaufkosten je Rx‑BFAM.


II.1.2. Zusätzlicher Aufwand im Rahmen der „normalen Bearbeitung“ von Rx‑BFAM

Wie oben dargestellt, untergliedert sich dieser Zusatzaufwand in Bestellung, Lagerung, Retouren und Vernichtung. Hinterlegt man die zeitlichen Zusatzaufwendungen mit Mitarbeiterkosten gemäß den zuvor gemachten Ausführungen, so werden für die genannten Funktionen Kosten je abgegebenem Rx‑BFAM in Höhe von 0,52 Euro fällig (Abb. 5).

Abb. 5: Kosten je Rx‑BFAM für den zusätzlichen Aufwand beim „normalen Handling“.

II.2. Finanzieller Aufwand aufgrund zusätzlicher pharmazeutischer Prüfungen

Für zusätzliche rein pharmazeutische Tätigkeiten im Rahmen der Prüfung, Abgabe und Dokumentation fallen je abgegebenem Rx‑BFAM zusätzliche Personalkosten in Höhe von 3,67 Euro an (Abb. 6).

Abb. 6: Kosten je Rx‑BFAM für den zusätzlichen pharmazeutischen Aufwand.


II.3. Finanzieller Zusatzaufwand insgesamt

Der zusätzliche personelle Aufwand je abgegebenem Rx‑BFAM lässt sich leicht berechnen:

Zusatzkosten beim „normalen Handling“: 0,52 €

+ Zusatzkosten für die pharmazeutische Prüfung: 3,67 €

= Personalzusatzkosten insgesamt: 4,19 €


Da die Personalkosten in öffentlichen Apotheken rund 60% der Gesamtkosten ausmachen, müssen im Rahmen einer Vollkostenrechnung noch die Gemeinkosten umgelegt und addiert werden, nämlich je abgegebenem Rx‑BFAM 2,79 €, macht:

Zusätzliche Personal- und Gemeinkosten: 6,98 €


Der finanzielle Zusatzaufwand insgesamt je abgegebenem Rx‑BFAM beträgt also:

Vorlaufkosten / administrative Kosten: 1,33 €

+ zusätzliche Personal- und Gemeinkosten: 6,98 €

= Summe: 8,31 €

II.4. Finanzieller Sonderaufwand

Es wird vorgeschlagen, die Belieferung der sehr seltenen, aber kostenträchtigen Notfallverordnungen mit den gesetzlichen Krankenkassen über eine Sonder-PZN zu verrechnen; ein Anerkennungshonorar von etwa 20 Euro je im Notfall abgegebenem Rx‑BFAM erscheint angemessen.

Resümee

Die vorliegende Studie beschreibt die umfangreichen und komplexen bürokratischen und regulatorischen Anforderungen am Beispiel der Betäubungsmittelversorgung. Die Betäubungsmittelversorgung steht damit pars pro toto für die zusätzlich zum ursprünglichen Versorgungsauftrag in den Apotheken tagtäglich zu erfüllenden Leistungen.

Die Studie zeigt, dass die Betäubungsmittelgebühr von derzeit 0,26 Euro (einschl. Umsatzsteuer) die von der Apotheke geleistete Arbeit nicht annähernd honoriert. Eine dem Aufwand entsprechende Vergütung müsste gemäß Studie bei aktuell 8,31 Euro (zzgl. Umsatzsteuer) liegen. Weiterhin ist die Einführung einer dynamischen Anpassung gemäß Kostenentwicklung notwendig. Wahrend die „Vorlaufkosten/administrativen Kosten“ über die von den Apotheken nicht zu beeinflussenden, veränderten wirtschaftlichen Gegebenheiten angeglichen werden konnten, wäre bei den „Zusatzkosten“ der Lebenshaltungskostenindex eine adäquate Bezugsgröße.

Sollte die BtM-Gebühr in Zukunft auf betriebswirtschaftlich angemessene 8,31 Euro je Rx‑BFAM angehoben werden, würde die Durchschnittsapotheke in Zukunft einen um 8,09 Euro höheren Rohertrag je abgegebenem Rx‑BFAM erzielen. Bei durchschnittlich pro Apotheke und Jahr abgegebenen 530 Rx‑BFAM würde das ein durchschnittliches Rohertragsplus von knapp 4290 Euro ausmachen – angesichts des Aufwands eine sicher angemessene Zusatzvergütung.

Bei bundesweit 11 Mio. abgegebenen Packungen kämen auf die Kostenträger Mehrkosten (einschl. MwSt.) von rund 106 Mio. Euro zu, die zu rund 91% von der GKV und zu etwa 9% über Privatrechnungen aufzubringen wären. Würden die Notfallrezepte mit 20 Euro vergütet, würden sich die Mehrkosten nur unwesentlich, um gut einen Prozentpunkt, erhöhen.

In diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, dass seit der Zulassung des Versandhandels mit Arzneimitteln (mit Inkrafttreten des GMG zum 1. 1. 2004) im bundesdeutschen Arzneimittelversorgungssystem zwei unterschiedliche Vertriebsformen miteinander konkurrieren: Den öffentlichen Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung; die Versandapotheken genießen das – nicht sanktionierte – Privileg, von einer großen Anzahl kostenträchtiger Gemeinwohlpflichten (logistisch und finanziell) entbunden zu sein. Die vorliegende Studie soll auch bewusst machen, dass hier ein finanzieller Ausgleich geschaffen werden muss.

Fazit

Eine ordnungsgemäße, d.h. flächendeckende und qualitativ hoch stehende Arzneimittelversorgung kann dauerhaft nur von rentabel betriebenen Apotheken gesichert werden. Aufgabe der Gesundheitspolitik muss daher sein, verlässliche Vergütungsmodelle zu schaffen, die Apotheken in die Lage versetzen, den gesetzlichen Gemeinwohlauftrag der heilberuflichen und unabhängigen Arzneimittelversorgung zu erfüllen. Am Beispiel der Betäubungsmittelversorgung belegt die Studie den stark angewachsenen pharmazeutisch-regulatorischen Aufwand in öffentlichen Apotheken und damit das Ungleichgewicht zwischen Honorierung und Leistung, verbunden mit der Notwendigkeit zur grundsätzlichen Weiterentwicklung tragfähiger, zukunftsorientierter, dem Versorgungsauftrag der Apotheke Rechnung tragender Vergütungsmodelle. 

Autor

Dipl.-Math. Uwe Hüsgen, ehem. langjähriger Geschäftsführer des Apothekerverbandes Nordrhein e.V., Bremerstr. 30, 45239 Essen, uwe.huesgen@web.de

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