Die Seite 3

Grün ist die Hoffnung ...

Dr. Benjamin Wessinger, Chefredakteur der DAZ

Es ist ein sehr sympathisches Bild von der Apotheke, das Barbara Steffens, die grüne NRW-Gesundheitsministerin, im DAZ-Interview zeichnet (s. Seite 22):

Sie stellt sich „Kiez-Apotheken“ vor, in denen das pharmazeutische Personal seine hohe Kompetenz zum Wohle der Patienten einsetzt und die Anlaufpunkt für alle gesundheitlichen Probleme der Bevölkerung sind. Marktschreierische Werbung und Preisaktionen gäbe es nicht, dafür Medikationsmanagement in der Apotheke, zu Hause und im Altenheim. Die Zusammenarbeit mit den anderen Gesundheits- und Heilberufen wäre partnerschaftlich und eng – und wirtschaftliche Sorgen müssten sich die Apothekerinnen und Apotheker auch nicht machen.

Es ist einfach, ein solches Bild als naiv hinzustellen, ist doch die tatsächliche Entwicklung der Apotheken in den letzten zwanzig Jahren nicht unbedingt in diese Richtung gegangen, um es vorsichtig auszudrücken. Und grüne Gesundheitspolitik hatte daran durchaus eine Mitschuld – nicht zu vergessen grüne Gesundheitspolitikerinnen. Umso bemerkenswerter, wenn sich eine profilierte und prominente Grüne so klar und unmissverständlich für die inhabergeführte Apotheke und eine heilberufliche Orientierung der Apotheker ausspricht!

Eine dezentrale Arzneimittelversorgung, hochqualifizierte familienfreundliche Arbeitsplätze, niedrigschwellige Angebote unabhängig von Versichertenstatus oder Einkommen – das passt doch eigentlich ganz gut zu den Vorstellungen einer „grünen“ Wirtschaft. Besser jedenfalls als die Idee kapitalgesteuerter Apothekenketten in Konzernhand, wie sie zum Beispiel Birgitt Bender und zuletzt im Wahlkampf Jürgen Trittin vertreten haben. Es besteht also durchaus Hoffnung, dass sich Steffens – als Landesministerin sicher nicht ganz ohne Gewicht in ihrer Partei – mit ihrer Sichtweise auf die Apotheken bei den Grünen durchsetzen kann.

Wenn sich die Grünen dann noch zu einem überzeugenden Bekenntnis zu den freien Berufen und dem selbstständigen Unternehmertum durchringen könnten und diese eigentümlich tiefsitzende Angst vor allen nicht-pflanzlichen und nicht-homöopathischen Arzneimitteln überwinden, die alle nur „böse Chemie“ sind – dann, ja dann könnten die Grünen sich doch tatsächlich zu einer „Apothekerpartei“ entwickeln.

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