Ernährung

Dünger für die Intelligenz?

Einfluss von Ernährung, Vitaminen und Eisen auf die Hirnentwicklung

Von Uwe Gröber und Klaus Kisters | Der folgende Beitrag gibt einen aktuellen Einblick in Ernährungsgewohnheiten von Jugendlichen und betont die Bedeutung einer guten diätetischen Versorgung mit Vitaminen und anderen Mikronährstoffen für die kognitive Leistungsfähigkeit. Die Arbeit erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern fokussiert sich in erster Linie auf eine Auswahl von gehirnaktiven Mikronährstoffen (z.B. B-Vitamine, Vitamin D, Eisen) unter dem Aspekt der kognitiven Entwicklung von Schulkindern. Auf die Bedeutung der Omega-3-Fettsäuren wurde in DAZ 2014, Nr. 27, S. 50 eingegangen.

Bekanntlich werden in der Kindheit und im Adoleszentenalter die Weichen für eine gesunde geistige und körperliche Entwicklung des Menschen gestellt. Ernährungseinflüsse und die Prägung von Ernährungsgewohnheiten spielen in dieser Phase eine tragende Säule in der Vorbeugung vieler chronischer Erkrankungen des Alters. Dabei hat die Ernährung vorrangig das Ziel, den wachsenden Organismus ausreichend mit Energie und essenziellen Mikronährstoffen (z.B. Folsäure) zu versorgen sowie zur Prävention späterer ernährungsbedingter Krankheiten, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Krebs, beizutragen. Dass die Ernährung auch einen entscheidenden Einfluss auf die Hirnentwicklung und kognitive Leistungsfähigkeit hat, wird zunehmend deutlich. In der frühkindlichen Entwicklung sowie in der gesamten Wachstumsphase ist daher bei Kindern und Jugendlichen eine adäquate diätetische Versorgung mit gehirnaktiven Mikronährstoffen wie Folsäure, Vitamin B12, Vitamin D von wesentlicher Bedeutung.

Gesunde Ernährung: Häufig ein Fremdwort

Trotz zahlreicher Aufklärungskampagnen in den vergangenen Jahren klafft zwischen einer gesunden Ernährung in der Theorie und dem tatsächlichen Ernährungsverhalten nach wie vor in vielen Altersklassen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, eine sehr große Lücke. Das wird auf alarmierende Weise erneut durch die aktuellen Ergebnisse der HELENA-Studie deutlich, einer europaweiten Studie an Jugendlichen im Alter von 12,5 bis 17,5 Jahren. Durchgeführt wurde das multizentrische europäische Projekt in zehn Ländern, darunter Belgien (Gent), Deutschland (Dortmund), Frankreich (Lille), Griechenland (Athen, Kreta: Heraklion), Großbritannien (Birmingham), Italien (Rom), Österreich (Wien), Ungarn (Pecs), Schweden (Stockholm) und Spanien (Zaragossa) [1–3].

Nach der HELENA-Studie nehmen Europas Jugendliche im Durchschnitt jeden Tag etwa 160 g Fleisch, 125 g Obst, 100 g Gemüse, 55 g süße Teigwaren (z.B. Kuchen), 25 g Schokolade, 728 ml Wasser, 260 ml Milch und 303 ml mit Zucker gesüßte Softdrinks (z.B. Limonaden) zu sich. Der hohe Konsum von Genussmitteln und zuckerhaltigen Softdrinks ist zum Teil mit einer täglichen Kalorienaufnahme von bis zu 3300 kcal verbunden (siehe Tab. 1) [1–3]. In diesem Zusammenhang sind aktuelle Studienergebnisse interessant, die belegen, dass eine derartig ungesunde Ernährung gepaart mit Übergewicht bei Jugendlichen ganze Hirnregionen (z.B. Hippokampus) schrumpfen lässt und die kognitive Leistungsfähigkeit beeinträchtigt [4, 5]. Infolge der sehr Energie-dichten, aber Nährstoff-armen Ernährung liegt ein Großteil der Jugendlichen bei der täglichen Gesamtenergieaufnahme über den altersgemäßen Empfehlungen der optimierten Mischkost des Forschungsinstituts für Kinderernährung (FKE), das zum Beispiel bei einer durchschnittlichen körperlichen Aktivität für 13- bis 14-jährige Mädchen von einem Energiebedarf von 2200 kcal und bei Jungen diesen Alters von 2700 kcal pro Tag ausgeht. Ein hoher Verzehr von Gemüse und Obst geht mit einer hohen Zufuhr an Vitaminen (z.B. Vitamin C, Folsäure), Mineralstoffen (z.B. Calcium, Kalium), sekundären Pflanzenstoffen (z.B. Carotinoiden) und Ballaststoffen einher. Es wundert daher nicht, dass der Anteil der übergewichtigen Kinder in unserem Land stetig zunimmt und dass ein Großteil nicht ausreichend diätetisch versorgt ist mit essenziellen Vitaminen, Mineralstoffen, Fettsäuren (z.B. Eicosapentaensäure, Docosahexaensäure) und anderen Mikronährstoffen.

Fokus: Folsäure und Vitamin B12

Die B-Vitamine arbeiten im Körper eng zusammen und unterstützen sich in verschiedenen Körperfunktionen. Vitamin B1, Vitamin B2 und Vitamin B12 leisten einen wichtigen Beitrag im mitochondrialen Energiestoffwechsel bei der Produktion von Zellenergie in Form von ATP. Folsäure und Vitamin B12 sind vor allem an Prozessen der Zellteilung und Zellneubildung (z.B. Blutzellen, Schleimhäute) beteiligt. Zusammen mit Vitamin B2 und B6 sind Folsäure und B12 für eine normale Funktion des Nervensystems und die kognitive Leistungsfähigkeit zwingend erforderlich. So sind die Synthese von Neurotransmittern (z.B. Serotonin, Dopamin) und die Integrität der Myelinscheiden der Nervenfasern von einer ausreichenden Verfügbarkeit von diesen B-Vitaminen abhängig [6].

Nach den Ergebnissen der Nationalen Verzehrsstudie II erreichen 78% der weiblichen und 66% der männlichen Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren nicht die Zufuhrempfehlungen für die tägliche Folsäure-Aufnahme von 400 µg Nahrungsfolat. Die durchschnittliche Aufnahme von Nahrungsfolat liegt danach bei jungen Frauen täglich nur bei 252 µg. 8% der jungen Männer und 33% der jungen Frauen im Alter von 14 bis 24 Jahren erreichen die empfohlene tägliche Zufuhr von Vitamin B12 nicht [7]. In einer aktuellen Multicenterstudie an 1051 europäischen Jugendlichen (Alter: 12,5–17,5 Jahre) wurde die diätetische Versorgung mit B-Vitaminen mithilfe der Folsäure-, Vitamin-B6-, Vitamin-B12-Spiegel im Blut sowie der Homocystein-Plasmaspiegel erfasst. Der durchschnittliche Vitamin-B12-Spiegel im Serum lag bei 319 pmol/l (= 432 pg/ml). In Bezug auf die Holo-Transcobalamin-Spiegel (früher Marker für B12-Mangel) hatten 5% eine unzureichende Versorgung mit Vitamin B12, anhand der erythrozytären Folsäurespiegel hatten 10% eine unzureichende Versorgung mit Folsäure und 20% hatten eine unzureichende Versorgung mit Vitamin B6, erfasst mithilfe der Pyridoxal-5-Phosphat-Spiegel. 5% der untersuchten Jugendlichen hatten erhöhte Homocystein-Spiegel im Plasma. [8]. Damit besteht bereits durch die tägliche Ernährung bei einer beachtlichen Zahl von Personen ein Risiko für Folsäure-, Vitamin-B6- und -B12-Mangelzuständen mit Krankheitswert durch Fehlernährung.

Empfehlung: Grundsätzlich sollte bei Jugendlichen auf eine ausreichende Zufuhr Folsäure-haltiger Lebensmittel (z.B. Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte) nach dem Konzept der optimierten Mischkost seitens des FKE geachtet werden. Bei Risikogruppen, wie weiblichen Jugendlichen, die regelmäßig orale Kontrazeptiva einnehmen, ist eine begleitende Supplementierung von Folsäure, Vitamin B6 und B12 in physiologischer Dosierung empfehlenswert. Eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B12 ist bei Kindern mit veganer Ernährung nur über die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln möglich.

Der Vitamin-B12-Spiegel im Serum ist ein später, relativ unsensitiver und unspezifischer Biomarker des B12-Mangels. Ein funktioneller Vitamin-B12-Mangel kann nicht bei Werten <450 pg/ml ausgeschlossen werden. Bei B12-Serumspiegeln <450 pg/ml können bereits unspezifische neurologische Symptome eines B12-Mangels auftreten. Dagegen ist Holo-Transcobalamin (Holo-TC), auch als aktives B12 bezeichnet, der früheste Laborparameter des B12-Mangels [9]. Bei älteren Personen ist ein durch Vitamin-B12-Mangel induzierter erhöhter Homocystein-Spiegel ein signifikanter Risikofaktor für neurodegenerative Erkrankungen (z.B. Demenz) und korreliert stark mit der Atrophie in frontalen, parietalen und okzipitalen Gehirnregionen [10, 11]. Eine Reduktion dieser erhöhten Homocystein-Werte durch Gabe von B-Vitaminen verminderte die Atrophierate des Hirnes bei Patienten mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen [12, 13, 14, 15].

Die Homocystein-Spiegel im Plasma verhalten sich umgekehrt proportional zum Folsäure-Spiegel im Blut. Ursache hierfür ist eine bei Folsäure-Mangel unzureichende Bereitstellung von Methyl-Gruppen über 5-Methyl-Tetrahydrofolsäure, welche Homocystein zu L-Methionin remethyliert. Ein Genpolymorphismus der 5-MTHF-Reduktase spielt hierbei häufig auch eine Rolle. In Untersuchungen an Jugendlichen korrelierten das Körpergewicht und der BMI invers mit dem Folsäure- und Vitamin-B12-Status [16–18]. In einer Untersuchung an 60 Jugendlichen im Alter von 7 bis 17 Jahren hatten diejenigen mit Übergewicht im Vergleich zu denjenigen mit Normalgewicht einen signifikant höheren Homocystein-Spiegel (14,3 ± 11,8 μmol/l vs 8,7 ± 5,9 μmol/l, p = 0.017) [19]. In kurzzeitigen Interventionsstudien an Vorschulkindern konnte durch die Supplementierung Folsäure, Vitamin B2, B6 und B12 der Homocysteinspiegel gesenkt und der Folsäurehaushalt verbessert werden. Dagegen war aber keine Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit bei den Kindern nachweisbar [20].

Fokus: Antioxidative Vitamine: Vitamin C, E & Co.

Ein adäquater Ernährungsstatus mit antioxidativen Vitaminen (z.B. Vitamin C, E) und Carotinoiden ist essenziell vor allem während der Kindheit und Adoleszenz aufgrund der Bedeutung für das Zellwachstum und die Zellentwicklung. Für Vitamin E sind darüber hinaus verschiedene neuroprotektive Wirkungen beschrieben worden [21, 22]. Nach den Ergebnissen der Nationalen Verzehrsstudie II erreichen 29% der weiblichen und 32% der männlichen Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren nicht die Zufuhrempfehlungen für die tägliche Vitamin-C-Aufnahme von 100 mg. 48% der jungen Männer und 49% der jungen Frauen im Alter von 14 bis 24 Jahren erreichen auch die empfohlene tägliche Zufuhr von 15 mg Vitamin E nicht [7]. In einer aktuellen Multizenterstudie an 1054 europäischen Jugendlichen (Alter: 12,5 bis 17,5 Jahre) wurde die diätetische Versorgung mit antioxidativen Vitaminen mithilfe der Vitamin C-, Vitamin E-, Vitamin A- und Betacarotin-Spiegel im Blut erfasst [23]. Der durchschnittliche Vitamin-E-Spiegel lag bei 23 µmol/l und der Vitamin C-Spiegel bei 59 µmol/l. Unter präventiven Aspekten ist die Versorgung mit diesen antioxidativ wirkenden Vitaminen als suboptimal einzuschätzen. Für die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebserkrankungen sollten Vitamin C-Spiegel von ≥70 µmol/l und Vitamin E-Spiegel von >30 µmol/l angestrebt werden [24–26]. Durch den regelmäßigen Verzehr von Antioxidanzienreichen Obst- und Gemüsesorten sind diese präventiven Blutspiegel ohne Weiteres zu erreichen. Darüber hinaus geben epidemiologische Studien und prospektive Fall-Kontroll-Studien Hinweise darauf, dass ein hoher Verzehr von Obst und Gemüse das Risiko für kognitive Leistungseinbußen verringert [27, 28].

Empfehlung: Grundsätzlich sollte bei Jugendlichen auf eine ausreichende Zufuhr Antioxidanzien-reicher Lebensmittel (z.B. frisches Gemüse, Obst) nach dem Konzept der optimierten Mischkost seitens des FKE geachtet werden. Täglich sollten danach mindestens 300 g frisches Obst und 300 g frisches Gemüse verzehrt werden.

Fokus: Vitamin D

Für die kindliche Entwicklung und Reifung ist eine gute Versorgung mit Vitamin D (25-OH-D: 30-60 ng/ml) von zentraler Bedeutung, insbesondere in der Schwangerschaft und in Phasen des Wachstums. Man geht heute davon aus, dass 1,25-(OH)2-Vitamin D über Wechselwirkung mit Vitamin-D-Rezeptoren (VDR) direkt oder indirekt mehr als 2000 der 20.488 Gene des Menschen reguliert. Neben Mineralisationsstörungen des Knochens, die bei Kindern zur Rachitis und bei Erwachsenen zur Osteomalazie führen, dürfte ein Vitamin-D-Mangel (25-OH-D im Serum <20 ng/ml) bei der Entstehung vieler chronischer Krankheiten eine ätiologische Rolle spielen. Darunter Autoimmunerkrankungen (z.B. multiple Sklerose, Typ-1-Diabetes), kardiovaskuläre Erkrankungen (z.B. Bluthochdruck, Herzinsuffizienz), Krebserkrankungen (z.B. Brust-, Darmkrebs), neurodegenerative Erkrankungen (z.B. Alzheimer) und Osteoporose [29, 30].

Bis zum Alter von 20 Jahren werden 90% der maximalen Knochenmasse aufgebaut. Der Knochenaufbau wird dann während des 3. Lebensjahrzehnts abgeschlossen, und ab der 4. Lebensdekade beginnt in der Regel ein Abbau des Knochens. In mehreren Studien an Jugendlichen konnte eine positive Assoziation zwischen dem 25-OH-D-Spiegel im Serum und der Verbesserung der Knochendichte beobachtet werden [31–33]. Demnach kann die Osteoporose zum Teil als Folge von Lebensstilfaktoren im Kindes- und Jugendalter, die zu einer Mangelversorgung mit Vitamin D führen, betrachtet werden [34, 35]. Eine adäquate Vitamin-D-Versorgung bei Kindern und Jugendlichen hat insofern große Bedeutung in der Vorbeugung der Osteoporose [36]. Darüber hinaus wird bei Kindern eine protektive Wirkung von Vitamin D auf das Risiko für Autoimmunerkrankungen wie multiple Sklerose und Typ-1-Diabetes beschrieben [37–39].

Nach den Ergebnissen großer Studien ist die Vitamin-D-Versorgung in Deutschland bei den meisten Kindern und Jugendlichen mehr als mangelhaft. In einer repräsentative Stichprobe des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KIGGS) hatten unter den Kleinkindern im Alter von 0 bis 2 Jahren Mädchen durchschnittlich einen 25-OH-D-Spiegel von 23 ng/ml und Jungen von 24,5 ng/ml. Alarmierend ist, dass der Vitamin-D-Spiegel mit zunehmendem Alter unter den Kindern und Jugendlichen sogar abnimmt. Jungen im Alter von 14 bis 17 Jahren und Mädchen im Alter von 11 bis 13 Jahren weisen mit durchschnittlich 14,2 ng/ml bzw. 13,7 ng/ml besonders niedrige Vitamin-D-Spiegel auf. Auch wurden deutliche saisonale Unterschiede der 25-OH-D-Spiegel beobachtet mit den niedrigsten Durchschnittswerten im Februar (→ 10,56 ng/ml) und den höchsten im August (→ 24,16 ng/ml). Bei Kindern mit Migrationshintergrund liegt der Durchschnittswert mit 13,4 ng/ml deutlich unter dem der Kinder ohne Migrationshintergrund (16,7 ng/ml). Legt man einen Grenzwert des 25-OH-D-Spiegels von 20 ng/ml zugrunde, so liegt bei 62% der 3- bis 17-Jährigen Nicht-Migranten und bei 76% der Migranten ein Vitamin-D-Mangel vor. Des Weiteren zeigten sich, wie zu erwarten war, bei adipösen und übergewichtigen Kindern und Jugendlichen deutlich niedrigere 25-OH-D-Spiegel als bei Normalgewichtigen [40].

Nach den Ergebnissen der Nationalen Verzehrsstudie II erreichen >96% der weiblichen und 86% der männlichen Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren nicht die Zufuhrempfehlungen für die tägliche Vitamin-D-Aufnahme [7]. Eine aktuelle europäische Studie, die den 25-OH-D-Status von 1006 europäischen Jugendlichen im Alter von 12,5 bis 17,5 Jahren erfasst hat, zeigt dass 39% der Jugendlichen einen insuffizienten Vitamin-D-Status (25-OH-D: 20–30 ng/ml), 27% einen Vitamin-D-Mangel und 15% einen schweren Vitamin-D-Mangel aufweisen. Nur 19% hatten in dieser Studie einen ausreichenden Vitamin-D-Status von 25-OH-D ≥30 ng/ml [41].

Empfehlung: Die Ergebnisse dieser Studien rechtfertigen in jedem Fall die Empfehlung, den Vitamin-D-Status bei Kindern und Erwachsenen allgemein zu verbessern. Das kann durch einen gesunden Umgang mit der Sonnenlicht-Exposition, dem Verzehr Vitamin-D-haltiger Lebensmittel und der Supplementierung von Vitamin-D-Präparaten geschehen. Grundsätzlich sollte bei Jugendlichen unter dem Aspekt einer gesunden immunologischen, metabolischen und neurologischen Entwicklung auf eine gute Versorgung mit Vitamin D geachtet werden. In allen Altersstufen ist ein gesunder Vitamin-D-Status durch einen 25-OH-D-Spiegel von 30 bis 60 ng/ml bzw. 75 bis 150 nmol/l gekennzeichnet. Da eine ausreichende Versorgung mit Colecalciferol über die Ernährung nicht möglich ist und nur in den Sommermonaten Vitamin D in Deutschland mithilfe des Sonnenlichtes gebildet werden kann, sollten Kinder und Jugendliche täglich etwa 50 I.E. Vitamin D3 pro kg Körpergewicht in Form von Vitamin-D-haltigen Supplementen einnehmen.

Fokus: Eisen

Eisen spielt neben seiner Funktion beim Sauerstofftransport als Bestandteil des Hämoglobins eine essenzielle Rolle bei der Synthese von Nukleinsäuren (DNA, RNA) und Proteinen, beim Zellwachstum und Differenzierung sowie bei der Genexpression. Darüber hinaus ist Eisen für den Energiestoffwechsel der Neuronen und Gliazellen sowie für die Neurotransmitterproduktion (z.B. Dopamin, Serotonin), die Synaptogenese und die Myelinisierung unentbehrlich [42]. Eisenmangel ist weltweit die häufigste Mangelerscheinung eines Spurenelementes. In Europa liegt die Prävalenz eines Eisenmangels bei etwa 10% [43]. Bei Schulkindern kann sich Eisenmangel negativ auf die kognitive Leistungsfähigkeit auswirken. Bei anämischen Schulkindern konnten eine verringerte motorische Aktivität, verminderte soziale Achtsamkeit und schlechtere Schulleistungen beobachtet werden [44–46]. Generell kann ein Eisenmangel, auch in Abwesenheit einer Anämie, Müdigkeit verursachen und die Arbeitsleistung verringern [47, 48]. Darüber hinaus ist eine gute Versorgung mit Eisen und Vitaminen (z.B. Vitamin D, Vitamin A, Vitamin C) bei Jugendlichen ein wichtiger Faktor für die körperliche Leistungsfähigkeit (z.B. Ausdauer, Muskelkraft), denn Eisen ist als integraler Bestandteil des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin für den Sauerstofftransport zu den Muskeln verantwortlich, Antioxidanzien wie Vitamin C können die Regeneration nach intensivem Training fördern. Vitamin D kann über die Wechselwirkung mit Vitamin-D-Rezeptoren die Muskelkraft unterstützen [49].

In Phasen des Wachstums besteht ein erhöhter Eisenbedarf, welcher nicht immer ausreichend über die Ernährung gedeckt werden kann. Dementsprechend kann bei Jugendlichen häufig eine unzureichende Eisenversorgung beobachtet werden. Nach den Ergebnissen der Nationalen Verzehrsstudie II erreichen 58% der weiblichen und 14% der männlichen Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren nicht die Zufuhrempfehlungen für die tägliche Eisen-Aufnahme [7]. Dies wird auch durch die aktuellen Ergebnisse der HELENA-Studie unterstrichen, bei dem der Eisen-Status von Jugendlichen aus zehn europäischen Ländern untersucht wurde [50]. Dabei diente der Ferritin-Spiegel im Serum (<15 µg/l) als Indikator für eine Eisen-Depletion und der lösliche Transferrin-Rezeptor (sTfR >8,5 mg/l) plus Eisen-Depletion als Indikator für einen Eisen-Mangel. Ein Serumferritin von <15 µg/l ist bereits ein Hinweis für entleerte Eisen-Speicher. Ein latenter Eisen-Mangel mit nicht-hämatologischen Symptomen kann aber bereits bei Ferritin-Werten <50 µg/l bestehen. Da Entzündungsprozesse die Qualität der Eisendiagnostik beeinträchtigen können, wurden Probanden mit erhöhten CRP-Werten (CRP >5 mg/l) ausgeschlossen.

Empfehlung: Grundsätzlich sollte bei Jugendlichen auf eine ausreichende Zufuhr Eisen-haltiger Lebensmittel (z.B. Fleisch, Fisch, Geflügel) nach dem Konzept der optimierten Mischkost seitens des FKE geachtet werden. Bei Risikogruppen, wie weiblichen Jugendlichen, bei denen der Eisenbedarf infolge der einsetzenden Menstruation erhöht ist und vegetarisch ernährten Jugendlichen, kann eine regelmäßige Supplementierung von Eisen in gut bioverfügbarer Form nach labormedizinischer Abklärung (z.B. Ferritin, löslicher Transferrin-Rezeptor) durch den Arzt empfohlen werden.

Insgesamt wurden die Daten von 940 Jugendlichen (502 Mädchen, 438 Jungen) im Alter von 12 bis 17 Jahren ausgewertet: Eine Eisen-Depletion war bei 17,6% der Jugendlichen in Europa nachweisbar – mit 21% bei Mädchen signifikant häufiger als bei Jungen mit 13,8% (p <0,05). Ein Eisen-Mangel konnte bei 5,4% der Mädchen und 3,9% der Jungen nachgewiesen werden. In Deutschland und in Österreich war eine Eisen-Depletion bei 16% bzw. 19% der Jugendlichen nachweisbar. Bemerkenswert ist, dass die höchste Prävalenz für eine Eisen-Depletion mit 43% bei Mädchen aus Irland und mit 16% bei Jungen aus Dänemark nachweisbar war.

Bessere schulische Leistung durch Multivitamine?

Eine Metaanalyse von 20 randomisierten kontrollierten Studien lässt eine geringfügige Zunahme der fluiden Intelligenz und akademischen Performance bei gesunden Schulkindern erkennen. In 15 der in die Metaanalyse eingeflossenen Studien konnte durch die regelmäßige Supplementierung von Multivitamin-Mineralstoff-Präparaten eine Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit (z.B. Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Konzentration, non-verbale Intelligenz wie logische oder mathematische Intelligenz, verbales Lernen) erzielt werden (siehe Tab. 2). Die Autoren der Meta-Analyse fordern weitere Forschungen, um zu einer fundierten Empfehlung zu kommen. Im Hinblick auf die schulischen Leistungen dürften unserer Ansicht nach vor allem Kinder und Jugendliche mit ungesunden Ernährungsgewohnheiten von Nahrungsergänzungsmitteln profitieren. Auch scheint nur die regelmäßige und konsequente Einnahme derartiger Präparate über mehrere Wochen sinnvoll zu sein. Darüber hinaus wäre es bei Jugendlichen sinnvoll, über aussagekräftige Laborparameter (z.B. Ferritin, löslicher Transferrin-Rezeptor, 25-OH-D, Homocystein) Mikronährstoffmängel aufzudecken und durch gezielte Supplementierung zu kompensieren. 

Quelle

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Autoren

Apotheker Uwe Gröber, Akademie für Mikronährstoffmedizin, Essen

www.mikronaehrstoff.de
Prof. Dr. med. Klaus Kisters,
Chefarzt an der Medizinischen Klinik I am St. Anna-Hospital, Herne

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