Arzneimittel und Therapie

Neue Nebenwirkungen von Voriconazol

Haarverlust und Nagelveränderungen unter hoch dosierter Therapie

Das Breitspektrum-Antimykotikum Voriconazol (Vfend®) kann, wenn es mehrere Wochen eingenommen wird, zu Haarverlust und Nagelveränderungen führen. Diese Effekte wurden erstmals im Zusammenhang mit der systemischen antimykotischen Therapie bei Patienten beobachetet, die sich eine Pilzinfektion zugezogen hatten, nachdem ihnen kontaminierte Arzneimittel verabreicht worden waren.

Voriconazol ist ein Breitspektrum-Triazol-Antimykotikum, das in Deutschland zugelassen ist zur Behandlung der invasiven Aspergillose sowie der Candidämie bei nicht neutropenischen Patienten, der Behandlung von Fluconazol-resistenten, schweren invasiven Candida-Infektionen (einschließlich durch C. krusei), der Behandlung schwerer Pilzinfektionen, hervorgerufen durch Scedosporium spp. und Fusarium spp. Es sollte in erster Linie bei Patienten mit progressiven, möglicherweise lebensbedrohlichen Infektionen eingesetzt werden. Sein primärer Wirkmechanismus beruht auf einer Hemmung der Cytochrom-P450-abhängigen 14α-Sterol-Demethylierung der Pilze, einem essenziellen Schritt in der Ergosterol-Biosynthese.

Zur Erinnerung: 2012 trat in den USA nach der epiduralen Applikation von Methylprednisolon des Herstellers New England Compounding Center eine Meningitiswelle auf. Diese war auf eine Kontamination des Arzneimittels mit dem Pilz Exserohilum rostratum zurückzuführen. Zur Therapie dieser schweren Pilzinfektion wurde bevorzugt das Breitspektrum-Antimykotikum Voriconazol in hohen Dosen (6 mg/kg Körpergewicht) zweimal täglich) über einen längeren Zeitraum hinweg eingesetzt. Unter dieser Behandlung beobachten viele Patienten einen starken Haarausfall sowie Veränderungen der Nägel. Da diese Begleiterscheinungen in diesem Ausmaß bislang nicht bekannt waren – die Fachinformation führt lediglich Alopezie mit einer Häufigkeit von >1/100 und <1/10 auf –, wurden Prävalenz und Charakteristika dieser Nebenwirkungen genauer untersucht.

Arzneimittel-induzierte Haar- und Nagelveränderungen (Beispiele)

Medikamenten-induzierter Haarausfall unter

  • Zytostatika
  • Retinoide
  • Antikoagulanzien
  • Lipidsenker
  • Aromatase-Hemmer
  • H2-Blocker
  • Thyreostatika
  • Interferonen


Medikamenten-induzierte Nagelveränderungen unter

  • Zytostatika
  • Retinoide
  • Immunsuppressiva
  • Tetracycline
  • Virustatika
  • Antikoagulanzien
  • Antikonvulsiva
  • Antimalariamittel
  • Psychopharmaka

Haarausfall bei über 80% der Patienten

Befragt wurden Patienten einer Klinik in Ann Arbor im US-Bundesstaat Michigan, die mindestens einen Monat lang Voriconazol aufgrund der systemischen Pilzinfektion (s.o.) eingenommen hatten. Von insgesamt 175 Patienten konnten die Daten von 152 Betroffenen ausgewertet werden. Von diesen klagten 82% unter Haarverlust. Dieser machte sich vorwiegend am Kopf (bei 96%), an Armen und Beinen (42%), aber auch an Augenbrauen und Wimpern bemerkbar (38%). 15% der Betroffenen litten unter so starker Alopezie, dass das Tragen einer Perücke oder einer Kopfbedeckung erforderlich war. Der Haarverlust setzte etwa zwei bis drei Monate nach Therapiebeginn ein und sistierte in der Regel drei Monate nach Beendigung der Behandlung. Bei gut zwei Drittel der Betroffenen begannen die Haare wieder zu wachsen. Zu Nagelveränderungen kam es bei 70% der Betroffenen, bei jedem zehnten kam es zu einem Verlust einzelner Nägel.

Obwohl die Fachinformation Nagelveränderungen nicht und Haarausfall in wesentlich geringerem Ausmaß aufführt, sehen die Autoren der Studie einen kausalen Zusammenhang zwischen der Exposition mit Voriconazol und den aufgetretenen Nebenwirkungen. Für einen Zusammenhang spricht auch die Reversibilität der Nebenwirkungen nach Absetzen des Medikaments. Es ist denkbar, dass die unerwünschten Wirkungen erst unter höheren Dosierungen und längerer Behandlung auftreten.

Quelle

Malani A. Alopecia and nail changes associated with voriconazole therapy. Clinical Infectious Diseases 2014;59(3):e61-65

Raab, W. Nagelerkrankungen in der dermatologischen Praxis. Springer-Verlag 2011

Fachinformation Vfend® (Stand Januar 2014)

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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