Arzneimittel und Therapie

Gene im Verdacht

Untersuchung zu den Ursachen von schweren Phenytoin-Nebenwirkungen

Schwere Hautreaktionen bei Phenytoin-Patienten gehen mit einer Mortalität von bis zu 50% einher. In einer Studie wurde nun untersucht, ob es eine genetische Ursache für deren Auftreten gibt. Es wurde das Genom von insgesamt 183 betroffenen Patienten mit 130 Phenytoin-toleranten und 3655 gesunden Kontrollen verglichen. Es zeigte sich, dass die Variante CYP2C9*3 mit Phenytoin-Unverträglichkeiten assoziiert ist. Diese könnte für eine verlangsamte Ausscheidung und damit für die Nebenwirkungen verantwortlich sein.

Das Antiepileptikum Phenytoin kann schwere Nebenwirkungen wie Stevens-Johnson-Syndrom oder TEN (Toxic Epidermal Necrolysis) auslösen. Diese treten als Erytheme bis hin zu Ablösungen der Epidermis auf und haben je nach Ausprägung Mortalitätsraten von 10 bis 50%. Eine weitere Komplikation ist das DRESS-Syndrom (Drug Rash with Eosinophilia and Systemic Symptoms), ein fleckig-knotiger Ausschlag mit Eosinophilie und systemischen Symptomen wie hohem Fieber. Die Mortalitätsrate liegt hier bei 10%.

Mit einer asiatischen Fall-Kontroll-Studie wurde jetzt untersucht, welche genetischen Ursachen diese Reaktionen haben können. Analysiert wurde das Genom von 105 Patienten mit schweren Hautreaktionen (61 mit Stevens-Johnson-Syndrom/TEN, 44 mit DRESS-Syndrom), 78 Patienten mit Exanthemen, 130 Phenytoin-toleranten Patienten und 3655 gesunden Kontrollteilnehmern aus Taiwan, Malaysia und Japan. Zusätzlich wurden Plasmaproben während der Phenytoin-Therapie und nach dem Absetzen untersucht, um Unterschiede in den Plasmaspiegeln festzustellen. Zur Erkennung von Punktmutationen wurde zunächst eine genomweite Assoziationsstudie bei 130 Phenytoin-toleranten Patienten und 168 Patienten mit Hautreaktionen durchgeführt. Hierbei wurden DNA-Proben der zwei Gruppen verglichen und nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden durchsucht. Danach wurden die auffälligen Genabschnitte sequenziert und die Genotypen von sinnverändernden Punktmutationen identifiziert.

Auffälliger Cluster von 16 Punktmutationen

Genomweit signifikant war ein Cluster von 16 Punktmutationen auf Chromosom 10. Acht dieser Mutationen waren in CYP2C-Genen lokalisiert, einschließlich CYP2C18, CYP2C19, CYP2C9 und CYP2C8. Die sinnveränderten Varianten CYP2C9*3 und CYP2C19*1C wurden identifiziert und zeigten einen statistisch signifikanten Zusammenhang mit einer Phenytoin-Unverträglichkeit.

Die Ergebnisse konnten nach Untersuchung weiterer 30 Patienten mit schweren Hautreaktionen (10 mit TEN, 20 mit DRESS) bestätigt werden. Vor allem Träger der Variante CYP2C9*3 vertrugen die Phenytoin-Therapie nicht. Das Risiko für Stevens-Johnson-Syndrom/TEN war bei ihnen zwölffach erhöht, das für DRESS neunfach. Die Odds Ratio für alle Hautreaktionen lag bei 11. Darüber hinaus wurden in Japan und Malaysia bei 17 bis 22% der betroffenen Patienten diese Genvariante gefunden, dagegen aber nur bei ca. 3% der gesunden Kontrollen. Ein ähnlicher Effekt wurde auch in Taiwan beobachtet.

CYP2C9*3 führt zu einer 93- bis 95%-igen Reduktion der Phenytoin-Clearance, weshalb die betroffenen Patienten vor und nach Absetzen der Medikation trotz gleicher Tagesdosis deutlich höhere Plasmaspiegel aufwiesen als die Phenytoin-toleranten Kontrollen. Es wird vermutet, dass beim Abbau von Phenytoin ein reaktives Oxid als Zwischenprodukt entsteht, das für die Nebenwirkungen verantwortlich ist. Bei Patienten ohne CYP2C9*3-Variante könnten die Akkumulation und damit die Unverträglichkeiten durch nicht-genetische Faktoren wie reduzierte Leber- oder Nierenfunktion ausgelöst werden.

Diese Studie war international angelegt, blieb aber auf den asiatischen Raum beschränkt. Weitere Untersuchungen in verschiedenen Ethnien sind notwendig, um die Aussagen als allgemeingültig bestätigen zu können. In einer vorherigen britischen Studie wurde kein genetischer Zusammenhang mit Phenytoin-Unverträglichkeit gefunden. Allerdings war die Kohorte sehr klein. 

Quelle

Chung W-H. Genetic variants associated with phenytoin-related severe cutaneous adversereactions, JAMA 6. August 2014

 

Apothekerin Sarah Katzemich

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