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Arzneimittel und Therapie
Abnehmen hat seinen Preis
Nutzen und Risiken der Antiadiposita
Adipositas ist definiert als eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts. Nach der WHO-Definition liegt diese ab einem Körpermasseindex (Body Mass Index; BMI) von 30 kg/m² vor. Die Prävalenz der Adipositas hat in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Fast 24% aller Männer und Frauen sind aktuell betroffen. Zu möglichen Komorbiditäten und Komplikationen von Übergewicht und Adipositas zählen neben vielen anderen Erkrankungen unter anderem Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels, Dyslipoproteinämien sowie kardiovaskuläre Erkrankungen. Intensive Lebensstil-Interventionen, welche die Komponenten Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie umfassen, können initial zu einem klinisch relevanten Gewichtsverlust (von mindestens 5% des Ausgangsgewichtes) führen. Eine langfristige Gewichtskontrolle lässt sich jedoch oft nur schwer realisieren. Welche adjuvanten medikamentösen Maßnahmen hierzu beitragen können, wurde nun im Rahmen einer systematischen Übersichtsarbeit ermittelt.
Langzeittherapie der Adipositas
In die Bewertung flossen Metaanalysen, systematische Reviews sowie randomisierte, placebokontrollierte Studien ein, die den Effekt derzeit in den USA zugelassener Antiadiposita auf das Körpergewicht über einen Zeitraum von bis zu mindestens einem Jahr untersuchten. Die zur Langzeittherapie bestimmten Wirkstoffe Orlistat, Lorcaserin und Phentermin plus Topiramat führten gemeinsam mit Lebensstil-Veränderungen im Vergleich zu Placebo zu einem zusätzlichen Gewichtsverlust von 3% (Orlistat und Lorcaserin) bis 9% (hochdosiertes Phentermin plus retardiertes Topiramat) nach einem Jahr. Anzumerken ist hierbei, dass sich die durchgeführten Lebensstil-Interventionen der einbezogenen Studien stellenweise unterschieden. Auch die in den USA zum kurzfristigen Gebrauch vorgesehenen Wirkstoffe Phentermin, Diethylpropion, Phendimetrazin sowie Benzphetamin wurden kommentiert.
Mortalität unbeeinflusst
Der Anteil an Patienten, die einen klinisch bedeutsamen Gewichtsverlust erreichten, betrug 37% bis 47% für Lorcaserin, 35% bis 73% für Orlistat und 67% bis 70% für hochdosiertes Phentermin plus retardiertes Topiramat. Alle drei Medikamente sind mit einer Verbesserung von kardiometabolischen Risikofaktoren assoziiert, jedoch hat bisher kein Antiadipositum zu einer Reduktion der kardiovaskulären Morbidität oder Mortalität geführt.
Nutzen-Risiko-Analyse
Antiadiposita sind auch mit gesundheitlichen Risiken verbunden. Nach der Marktrücknahme von Fenfluramin/Dexfenfluramin (wegen möglicher Herzklappenfehler), Rimonabant (wegen eines Suizidrisikos) und Sibutramin (wegen kardiovaskulärer Komplikationen) steht in Deutschland nur noch Orlistat zur medikamentösen Langzeittherapie der Adipositas zur Verfügung. Dieser Arzneistoff kommt jedoch erst zum Einsatz, wenn durch eine Änderung der Lebensgewohnheiten keine oder eine unzureichende Gewichtsabnahme (< 5% des Ausgangsgewichts innerhalb von sechs Monaten) erzielt wird. Da der initiale Gewichtsverlust auf den weiteren Therapieerfolg hinweist, ist die Behandlung mit Orlistat nach zwölf Wochen abzubrechen, wenn die Gewichtsabnahme nicht mindestens 5% des anfänglichen Körpergewichtes beträgt. Ähnliche Empfehlungen bestehen ebenso für die in den USA zur Langzeittherapie zugelassenen Arzneistoffe. Patienten, die nicht adäquat ansprechen, sollten den Risiken und Kosten einer Therapie nicht länger ausgesetzt werden. Die Wirkstoffe D-Norpseudoephedrin-HCl, Phenylpropanolamin und Amfepramon (Diethylpropion) können hierzulande kurzfristig vier Wochen bis maximal drei Monate eingesetzt werden. Grundsätzlich ist der gesundheitliche Nutzen einer medikamentösen Behandlung adipöser Patienten stets gegen mögliche Risiken abzuwiegen.
Quelle
Yanovski SZ, Yanovski JA. Long-term Drug Treatment for Obesity: A Systematic and Clinical Review. JAMA; 2014; 311(1): 74-86, doi:10.1001/jama.2013.281361.
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