DAZ aktuell

„Sache der Überwachungsbehörden“

Dürfen Krankenkassen retaxieren, weil Apotheken die Betriebsordnung nicht einhalten?

STUTTGART (wes) | Darf eine Krankenkasse eine Rezeptur retaxieren, weil sie vermutet, der Apotheker habe sie nicht nach dem Stand der pharmazeutischen Wissenschaft angefertigt? Vor Kurzem hat die Techniker Krankenkasse (TK) für Aufregung gesorgt, als sie Apotheken retaxierte, die Rezepturen mit einer Kosmetik-Grundlage abgerechnet hatten. Da bei deren Herstellung die Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung nicht eingehalten worden seien, habe der Apotheker keinen Zahlungsanspruch, begründete die TK ihr Vorgehen. Nach Protesten von Apothekern und verschiedener Landesapothekerverbände hat die Krankenkasse die Nullabsetzungen inzwischen zurückgezogen. Doch die Frage, ob solche Retaxationen rechtmäßig sind, bleibt damit unbeantwortet.

Dass dies zumindest sehr fraglich ist, macht der angesehene Apothekenrechtler Dr. Valentin Saalfrank im Gespräch mit der DAZ klar. Grundsätzlich führen Verstöße gegen Abgabevorschriften, beispielsweise im Arzneimittelliefervertrag, dazu, dass der Apotheker seinen Zahlungsanspruch verliert. Die Einhaltung – oder eben Nichteinhaltung – allgemeiner Rahmenbedingungen wie beispielsweise der Hygienestandards lasse sich aber nicht mit Abgabevorschriften gleichsetzen.

In diesen Zusammenhang ordnet der Kölner Rechtsanwalt auch die jüngsten Retaxfälle aufgrund von kosmetischen Grundlagen in der Rezeptur ein. Zu kontrollieren, ob hier die Apothekenbetriebsordnung eingehalten wurde, ist Sache der Überwachungsbehörden, betont Saalfrank. Das gehe die Krankenkasse erst einmal nichts an.

Saalfrank gibt zu bedenken, dass die Apotheke nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur dann ihren Vergütungsanspruch verliert, wenn ein Mittel nicht hätte zulasten der Kassen abgegeben werden dürfen. Ob jedoch auch die Apothekenbetriebsordnung Abgabevoraussetzungen normiert, wurde gerichtlich bislang nicht geklärt. Allein die Vermutung, der herstellende Apotheker habe nicht ausreichend geprüfte Ausgangsstoffe in der Rezeptur verarbeitet, dürfte aber kaum genügen, um den Vergütungsanspruch zu verlieren. Vor Gericht müsse im Zweifelsfall der positive Beweis erbracht werden, dass das konkrete Arzneimittel nicht in Ordnung war. 

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