Arzneimittel und Therapie

Wenn Teenies über Kopfschmerz klagen

Analgetikum bei Migräne, Sportplatz bei Spannungskopfschmerzen

Kopfschmerzen und Migräne lassen sich bei Jugendlichen meist mit Anamnese und körperlicher Untersuchung diagnostizieren. Sofortiges Handeln ist nur bei Alarmzeichen notwendig. Differenziert werden muss zwischen Spannungskopfschmerz und Migräne, denn der Unterschied ist therapieentscheidend. So wird bei Spannungskopfschmerz auf Allgemeinmaßnahmen gesetzt, während bei der Migräne eine frühe und ausreichend hoch dosierte analgetische Therapie empfohlen wird.

Schon Kinder und Jugendliche leiden unter Schmerzen. Kopfschmerzen stehen dabei ganze vorne. Die Drei-Monats-Prävalenz der Zehn- bis 18-Jährigen in Deutschland liegt bei 70%. 90% der Jugendlichen berichten über Kopfschmerzerfahrungen, über ein Drittel leidet mehr als einmal pro Woche darunter. Die Folgen wiederkehrender Schmerzen sind weitreichend, wie auf einem von der Reckitt Benckiser Deutschland GmbH unterstützten Symposium deutlich wurde. Kopfschmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität, führen zu Schulausfall und mangelndem Selbstbewusstsein und bergen das Risiko der Chronifizierung. Bei länger bestehenden Kopfschmerzen kann es möglicherweise zu einem Verlust der grauen Hirnsubstanz und damit letztlich auch zu Einbußen bei der Kognition kommen, so Priv.-Doz. Dr. Sven Gottschling, Homburg/Saar.

Eigen-, Fremd- und Medikamentenanamnese

Klagen Jugendliche über Kopfschmerz, steht eine gründliche Anamnese im Vordergrund, um primäre und sekundäre Kopfschmerzen zu unterscheiden und einen Spannungskopfschmerz von einer Migräne abzugrenzen. Gefragt werden sollte nach der Häufigkeit der Attacken, dem tageszeitlichen Auftreten sowie dem Auftreten an Schultagen oder am Wochenende. So können eventuelle Trigger erkannt werden. Ebenfalls wichtig ist – neben der Familienanamnese – auch in dieser Altersklasse eine Medikamentenanamnese. Denn Medikamenten-induzierter Kopfschmerz ist schon bei Schülern möglich. Bei Verdacht auf eine Migräne müssen anamnestisch bei Kindern einige Besonderheiten beachtet werden:

  • häufig Attackendauer < 1 Stunde,
  • meist beidseits,
  • Kopfhaut oft berührungsempfindlich,
  • Übelkeit und Erbrechen besonders stark ausgeprägt,
  • häufiges Einschlafen während der Attacke.

Sorge wegen Tumor unbegründet

„Gefährliche Kopfschmerzen sind selten“, machte Gottschling deutlich. Meistens seien bei Spannungskopfschmerzen und Migräne keine pädiatrisch-internistischen oder neurologischen Auffälligkeiten feststellbar. Eine weiterführende Diagnostik ist deshalb, abgesehen von einer augenärztlichen Untersuchung, bei klarer Anamnese und unauffälliger körperlicher Untersuchung nicht indiziert. Wenn Kinder über Kopfschmerz klagen, haben Eltern oft Sorge, dass sich dahinter ein Hirntumor verbirgt. Hier konnte Gottschling beruhigen. Das Risiko für einen Hirntumor liegt bis zum 16. Lebensjahr gerade einmal bei 0,4 Promille, erläuterte er. Und ein Hirntumor geht häufig nicht mit Kopfschmerzen einher, sondern eher mit Krampfanfällen oder Gangschwierigkeiten. Als „unnötige Untersuchungen“ nannte Gottschling explizit Blutuntersuchungen, Liquoruntersuchungen, Hirnstromuntersuchungen und die Kernspintomographie, auch bei wiederholten Kopfschmerzen ohne Alarmzeichen.

Bei „red flags“ sofort handeln

Bei den sogenannten „red flags“ sollte dagegen sofort gehandelt werden. Dazu gehören

  • plötzlich auftretende starke Schmerzen in ungewöhnlicher Intensität,
  • stetig zunehmende Schmerzen,
  • Kopfschmerzen, die nachts oder bei Drucksteigerung beginnen,
  • Nüchternerbrechen,
  • epileptische Anfälle.

Und: Wenn die Angst der Familie einen adäquaten Umgang mit den Kopfschmerzen verhindert.

Was aber tun, wenn Jugendliche unter Kopfschmerz leiden? „Bei Spannungskopfschmerz nicht reflexartig zu Medikamenten greifen“, empfahl Priv.-Doz. Dr. Friedrich Ebinger, Paderborn. Besser ist es, auf verhaltenstherapeutische Maßnahmen zu setzen, wie Ablenkung, etwa durch Sport, ein feuchtes Tuch auf die Stirn, Kälte- und Wärmeapplikation oder ätherische Öle. Bei einer Migräneattacke empfiehlt es sich dagegen, die Aktivitäten zu unterbrechen und sich in einer ruhigen Umgebung zu entspannen. In der Regel ist ein Analgetikum notwendig, das möglichst frühzeitig und ausreichend hoch dosiert gegeben werden sollte. Nach Studienlage und „nach persönlicher Erfahrung“ so Ebinger, ist Ibuprofen in einer Einzeldosis von 10 bis 15 mg/kg das Analgetikum der ersten Wahl. Ist mit einem Analgetikum keine ausreichende Linderung möglich, sollte aus seiner Sicht als spezifisches Migränemedikament ein Triptan zum Zug kommen. Einige Triptane sind bereits ab einem Alter von zwölf Jahren zugelassen. Ein „off-label“-Einsatz bei jüngeren Kindern könne aber individuell sinnvoll sein. 

Apothekerin Dr. Beate Fessler

 

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