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Zurück ins Sichtwahlregal!
Landgericht verbietet „Indikationstisch“ für OTC-Arzneimittel von Klosterfrau
Bei dem Vertriebsmodell erhalten teilnehmende Apotheker Sonderkonditionen, wenn sie einen Indikationstisch vor dem HV-Tisch aufstellen, auf dem von Klosterfrau vertriebene OTC-Arzneimittel in Leerpackungen platziert werden. Diese sind mit „Indikationskarten“ verbunden. Die Karten können Kunden sich selbst aussuchen und am HV-Tisch vorlegen. Dort erhalten sie eine entsprechend gefüllte Packung, die es noch zu bezahlen gilt. In einer Werbebroschüre von Klosterfrau heißt es: „Vorteile Ihres Indikationstisches: Verlängerung der Sichtwahl in die Freiwahl, Impulskäufe für Sichtwahlprodukte stärken, Chance auf Absatzsteigerung sichern.“
Die Wettbewerbszentrale sah in diesem Modell einen Verstoß gegen das Selbstbedienungsverbot (§ 17 Abs. 3 ApBetrO) und forderte von Klosterfrau eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Weil die Vertriebsgesellschaft diese aber nur in Bezug auf die angekündigten Rabatte an Apotheken abgab – schließlich handle es sich bei dem Indikationstisch lediglich um zulässige „bewegliche Werbung“ und die Beratungspflicht bleibe davon unberührt –, traf man sich vor Gericht wieder. Die Richter des Landgerichts Köln entschieden im Sinne der Wettbewerbszentrale, dass das Vertriebsmodell als verbotene Selbstbedienung zu qualifizieren sei.
Verbotene Selbstbedienung
Klosterfrau stifte teilnehmende Apotheker mit der Werbebroschüre zu einem Verstoß gegen § 17 Abs. 3 Apothekenbetriebsordnung an, heißt es in den Urteilsgründen. Dass der Kunde zwar formal nur eine leere Umverpackung eines apothekenpflichtigen Arzneimittels auswählen könne, ändere hieran nichts, befanden die Richter. Denn eine solche rein formale Betrachtungsweise widerspreche dem Sinn und Zweck des Selbstbedienungsverbotes, das im Interesse einer geordneten Arzneimittelversorgung und damit zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, eine unkontrollierte Arzneiabgabe verhindern und eine fachkundige Beratung sicherstellen solle. Dass es sich um eine Art der Selbstbedienung handelt, erklären sie vor allem damit, dass mit den Indikationskarten jeweils originalgetreue Umverpackungen der jeweiligen Medikamente verbunden sind. „Dadurch hat der Kunde gerade nicht das Gefühl, lediglich eine Karte in der Hand zu haben, sondern das Gefühl, ein Originalprodukt ausgewählt zu haben, dessen Inhalt lediglich an der Kasse vervollständigt wird.“ Einzelne Kunden könnten bei leichteren Arzneimitteln sogar einen entsprechenden Packungsinhalt vermuten. „Dem Kunden wird also bewusst suggeriert, er habe sich selbst das Arzneimittel ausgesucht.“
Beratung problematisch
Problematisch ist aus Sicht der Richter, dass der Kunde dadurch animiert wird, seine Kaufentscheidung ohne vorherige Beratung durch den Apotheker allein aufgrund der offensiven Bewerbung auf dem Weg zum HV-Tisch zu treffen. Zudem dürfte ein Kunde, der sich bereits für ein bestimmtes Arzneimittel entschieden habe, weniger empfänglich für eine anschließende Beratung sein. „Der Apotheker wird es auch schwer haben, den Kunden von einem Produkt einer anderen Marke oder anderer Wirkstärke zu überzeugen, wenn er ihm ja auch auf der anderen Seite gerade die Möglichkeit geben will, selbst eine bestimmte Entscheidung zu treffen“ – schließlich ziele das Vertriebsmodell gerade auf „Impulskäufe“. Das Fazit der Kölner Richter: „Es ist damit offensichtlich, dass durch das Vertriebssystem der Beklagten der elementare Zweck des Selbstbedienungsverbotes, nämlich die Verhinderung, dass die Kaufentscheidung der Beratung vorverlagert wird, hier umgangen werden soll.“
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