Aus den Ländern

Mehr Pharmazie = Zukunft der Apotheke

Das Motto der diesjährigen Pharmazierätetagung

Die jährliche Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) fand dieses Jahr vom 28. September bis 1. Oktober in Bremen statt. Über 90 ehrenamtliche Pharmazieräte und Amtsapotheker sowie Vertreter der zuständigen Ministerien und der Standesvertretungen diskutierten über Vorschriften und Gesetze mit dem erklärten Ziel einer einheitlichen Apothekenüberwachung in allen Bundesländern.

Rahmenbedingungen der öffentlichen Apotheke

Der Vorsitzende der APD, Christian Bauer, eröffnete die Arbeitstagung mit einem Statement: „Mehr Pharmazie = Zukunft der Apotheke“. Er betonte, dass die Zukunft des Apothekers im akademischen Heilberuf liege. Den „Fachmann für Rabatte“ oder den „Abgebenden“ brauche die Gesellschaft nicht. Das Perspektivpapier 2030 sei ein Meilenstein für die öffentliche Apotheke; es zeige, dass der überwiegende Teil des Berufstandes die Zukunft der Apotheke in mehr Pharmazie sehe. Mehr Pharmazie in den Apotheken zu verankern, sei auch eine Aufgabe der Pharmazieräte und Amtsapotheker.

Ministerialrat Hans-Georg Will, der im Bundesgesundheitsministerium (BMG) für das Apothekenwesen zuständig ist, gab ein klares Bekenntnis des BMG zur inhabergeführten Apotheke mit der persönlichen heilberuflichen Verantwortung des Inhabers ab. Er rief dazu auf, die Apothekertätigkeit weiter zu optimieren. Dann ging er auf aktuelle Rechtsangelegenheiten wie Änderungen im MP-Recht, das Verbot von Online-Verschreibungen und die Fälschungsrichtlinie ein.

Der Präsident der Bundesapothekerkammer, Dr. Andreas Kiefer, nannte die Ziele der BAK beim Medikations- und Entlassmanagement durch die Apotheke. Die BAK werde im November die Leitlinie Medikationsanalyse veröffentlichen und Kriterien für eine einheitliche Fortbildung festlegen.

Über aktuelle Entwicklungen im Arzneimittel- und Apothekenrecht referierte Lutz Tisch von der ABDA. Die aktuelle Rechtsprechung berücksichtige bei der Urteilsfindung verstärkt die pharmazeutische Ausrichtung der Apotheke; dies zeigen z.B. die Urteile zu Ungarn-Pick-up, zu Vorteil 24 oder zur Krankenhausversorgung.

Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen (AATB), Ministerialrat Dr. Michael Hiob, Kiel, kündigte an, die AATB werde sich nächstes Jahr mit der elektronischen Dokumentation in der Apotheke beschäftigen. Hinsichtlich der Barrierefreiheit müssten die Apotheken alle Anstrengungen unternehmen und diese auch gegenüber den Aufsichtsbehörden belegen. Externe Lagerräume nach § 4 Abs. 2d Satz 5 ApBetrO dienten nur zur Lagerung und nicht für andere Funktionen (z.B. Rezeptbearbeitung, Herstellung oder Beratung).

Beratung wird überwacht

Ministerialrat Gert Bernscher, München, erörterte das überarbeitete Eckpunktepapier der AATB zur ApBetrO vom 27. Februar 2014: Erlaubnispflichtige Großhandelstätigkeiten müssen in separaten Räumen durchgeführt werden. Die Arzneimittelversorgung hat Vorrang und kann Beschränkungen beim Nebensortiment in der Apotheke erfordern (siehe die Resolution). Die Beratungspflicht zu Arzneimitteln nach § 20 ApBetrO ist eine „Bringschuld“ der Apotheke und muss durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden, sowohl fachlich als auch organisatorisch (z.B. im QMS). Deshalb wird die Beratung in der Apotheke im Rahmen der Revisionen überwacht werden.

Ausstattung der Apotheken

Über eine zeitgemäße Ausstattung der Rezeptur referierte Pharmazierat Dr. Wolfgang Kircher, Peißenberg. Er schlug Ergänzungen der Empfehlungsliste 2010 der APD vor, damit in jeder Apotheke die ordnungsgemäße Herstellung von Rezeptur- und Defekturarzneimitteln gewährleistet ist. Dies umfasst auch die Herstellung von zeitweilig nicht verfügbaren Fertigarzneimitteln (z.B. Rifampicin-Saft bei Hirnhautentzündung).

Die Verwendung von Reibschale und Pistill aus Melamin ist oft nicht geeignet, da Melamin Wirkstoffe ab- und desorbiert (daher die Verfärbungen); Alternativen sind Geräte aus Metall oder Glas. In jeder Apotheke müssen Primärpackmittel für die gängigen Arzneiformen ausreichend vorhanden sein. Ein besonderes Augenmerk ist auf orale Dosierhilfen wie Kolbenpipetten, Oraldispenser oder Feindosierspritzen zu legen. Diese ermöglichen im Gegensatz zum Dosierlöffel gerade im pädiatrischen Bereich eine genaue Dosierung des Wirkstoffes und sollen Standard in jeder Apotheke sein.

Bei den wissenschaftlichen Hilfsmitteln nach § 5 Abs. 1 ApBetrO gehören DAC und NRF zur Pflichtliteratur und müssen in der Apotheke vorhanden sein. Das QMS muss in der Apotheke umgesetzt, d.h. gelebt werden mit Aufzeichnungen, Listen und Nachweisen. Ein Handbuch mit Unterschrift reicht als Nachweis nicht aus.

Herstellung von Parenteralia

Auf die Apothekeninspektion gemäß § 35 ApBetrO – die Überwachung z.B. von Zytostatikalabors – ging Ltd. Pharm.-Dir. Dr. Albert Vogt, Bayreuth, anhand des Fragen-und-Antworten-Papiers der AATB vom 27. Februar 2014 (siehe www.pharmazierat.de) ein. Für die Befüllung von Schmerzpumpen gelten die Vorgaben des § 35 ApBetrO analog. Es kann allerdings zeitlich getrennt nach ordnungsgemäßer Reinigung (validiert) an der gleichen Werkbank gearbeitet werden. Bei geringen Herstellungsmengen von Parenteralia ist ein Isolator eine geeignete Alternative. Im Betriebszustand, d.h. während der Herstellung, ist ein kontinuierliches Partikelmonitoring an der Werkbank erforderlich. Die anderen Bereiche sind an kritischen Stellen mit einem mobilen Partikelzählmessgerät regelmäßig zu überprüfen. Weitere Indikatoren für die Reinraumklassen sind die Luftwechselzahl und die Erholzeit. Beim Druckgefälle zur Schleuse sind 10 Pa ausreichend. Für das mikrobiologische Monitoring sind bei jeder Arbeitssitzung Sedimentationsplatten zu bebrüten. Ein Handschuhabdruck aller Finger ist am Ende jeder Arbeitssitzung, die Herstellung eines Dummys am Ende des Arbeitstages erforderlich.

NIR- und MIR-Spektroskopie

Die Einsatzmöglichkeiten der Nah- und Mittelinfrarot-Spektroskopie in der Apotheke zeigte Prof. Dr. Andreas Link, Institut für Pharmazie, Greifswald, auf. Entscheidend beim Einsatz jedes NIR-Gerätes ist die für dieses Gerät hinterlegte Referenz-Datenbank. Diese soll alle Chargen der gehandelten Substanzen beinhalten. Die NIR-Spektroskopie eignet sich nicht für fette Öle, Salbengrundlagen oder TCM-Drogen, sie kann deshalb nicht die einzige Methode zur Identitätsprüfung in der Apotheke sein (siehe Resolution). Für die Prüfung von Rezeptur- und Defekturarzneimitteln ist die MIR geeignet, ebenso für eine Gehaltsbestimmung.

Dopamin treibt uns an

Zum Abschluss der Tagung hielt Prof. Dr. Thomas Herdegen, Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie, Kiel, einen brillanten Festvortrag über „Dopamin – explosiver Treibstoff für Triebe und Handeln“. Das dopaminerge Belohnungssystem ist phylogenetisch sehr alt und wird beim Menschen auch von „kulturellen“ und „sozialen“ Reizen stimuliert. Jede Sucht oder Abhängigkeit ist mit Dopamin verknüpft. Da das Dopamin-Glücksgefühl, das durch den Konsum von Suchtmitteln ausgelöst wird, über drei Monate im Gedächtnis verankert bleibt, dauert ein Entzug mindestens ebenso lange.

Foto: APD
Zufrieden mit der Tagung: der wiedergewählte Vorstand (v.l.): Dr. Wolfgang Kircher, Dr. Ute Stapel, Dr. Walter Taeschner, Christian Bauer, Dr. Winfried-G. Berger.

Interna der APD

Turnusbedingt waren Neuwahlen erforderlich. Dabei wurde der bisherige Vorstand für weitere drei Jahre einstimmig wiedergewählt:

1. Vorsitzender: Christian Bauer, Burglengenfeld,

2. Vorsitzende: Dr. Ute Stapel, Hamm,

Schatzmeister: Dr. Walter Taeschner, Lörrach,

Beiräte: Dr. Winfried-G. Berger, Essen; Dr. Wolfgang Kircher, Peißenberg.

In einer Feierstunde wurde Dr. Winfried-G. Berger für seine herausragenden Verdienste um die APD die Cosmas-und-Damian-Medaille verliehen und zum Ehrenmitglied ernannt. Berger kümmert sich seit über 13 Jahren vorbildlich um die Organisation der Tagung und will der APD auch weiterhin mit seiner Erfahrung zur Seite stehen. Dafür sei ihm und seiner Lebensgefährtin Frau Hofmann nochmals ganz ausdrücklich gedankt.

Die finanziellen Belange der Tagung und der APD lagen wie immer in den zuverlässigen Händen des Schatzmeisters, Dr. Walter Taeschner, Lörrach.

Die APD bedankt sich für die freundliche Unterstützung der Tagung bei folgenden Firmen und Institutionen: ABDA, Apothekerkammer Bremen, Deutscher Apotheker Verlag, Alliance Healthcare, Sanacorp, VSA und Wepa.

Unter www.pharmazierat.de können alle Resolutionen und Berichte nachgelesen werden.

Die nächste Arbeitstagung der APD findet vom 18. bis 21. Oktober 2015 in Mainz statt. 

Christian Bauer, Vorsitzender der APD

 

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