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Infektiologie
Resistent
Wie Antibiotika wirken und wie Bakterien sie wirkungslos machen
Resistenzen sind ein natürliches biologisches Phänomen. Die derzeit problematischen übertragbaren Resistenzen leiten sich wahrscheinlich von Selbstschutzstrategien Antibiotika-produzierender Bodenbakterien ab (Abb. 1). Man geht heute davon aus, dass gegen alle erdenkbaren Antibiotika bereits Resistenzmechanismen im Mikrobiom (das ist die Gesamtheit aller mikrobiellen Lebensformen) vorhanden sind [2]. Die Frage ist also nicht, ob es zur Resistenzentwicklung gegen einen Wirkstoff kommt, sondern wann diese medizinisch relevant wird. Hier kann es beträchtliche Unterschiede geben: Während die ersten klinischen Resistenzen gegen Penicillin bereits ein Jahr nach dessen Einführung auftraten, dauerte es bei Vancomycin 27 Jahre [3]. Dabei bezeichnet man Bakterien als klinisch resistent, wenn sie sich bei therapeutischen Antibiotikakonzentrationen weiterhin vermehren können.
Verbreitung von Antibiotikaresistenzen
Antibiotikaresistenzen können sich durch Vererbung (vertikal) oder durch horizontalen Gentransfer ausbreiten. Vererbt werden die Resistenzmechanismen,
- die auf spezifische Eigenschaften einer Spezies zurückzuführen sind (intrinsische Resistenzen) oder
- die auf chromosomalen Mutationen beruhen.
So sind Punktmutationen für Resistenzen gegen Fluorochinolone oder Rifampicin verantwortlich. Ein Beispiel für intrinsische Resistenz ist die natürliche Unempfindlichkeit vieler gramnegativer Erreger gegen Penicilline, weil diese die Zellmembran nicht durchdringen können oder durch eine Effluxpumpe aus der Zelle hinaustransportiert werden. Auch die „wachsartige“ Zellwand von Mycobacterium tuberculosis, die für niedermolekulare Stoffe relativ undurchlässig ist, ist ein Beispiel für intrinsische Resistenz.
Der horizontale Gentransfer erfolgt durch mobile DNA-Segmente, die von den Bakterien über verschiedene Mechanismen aufgenommen werden können (Abb. 2):
- Transformation bezeichnet die Aufnahme von freier DNA, die z.B. von abgestorbenen Zellen stammen kann.
- Bei der Transduktion wird fremde DNA durch Viren übertragen.
- Durch die Konjugation werden u.a. Plasmide ausgetauscht, die häufig Resistenzgene tragen.
Weitere für die Resistenzvermittlung wichtige mobile DNA-Segmente sind Transposons (Tab. 1). Sie besitzen von Insertionssequenzen flankierte Gene für Rekombinasen, die das Ausschneiden aus und die Integration in DNA ermöglichen. Die Integrons, in denen viele Gene in sogenannten Genkassetten zusammengefasst sind, können eine Vielzahl von Resistenzfaktoren tragen [4].
Der horizontale Gentransfer ist die Hauptursache für die rasche Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen in Bakterien. Die Verbreitung wird an Standorten, die einen hohen Selektionsdruck aufweisen, begünstigt. Daher korreliert der Antibiotikaverbrauch mit der Entwicklung von resistenten Krankheitserregern [1]. Das ist ein akutes Problem in Krankenhäusern. Aktuellen Schätzungen zufolge gibt es jährlich zwischen 400.000 und 600.000 Krankenhausinfektionen in Deutschland, von denen 7500 bis 15.000 tödlich verlaufen [1]. Immunsupprimierte Patienten nach einer Organtransplantation, Dialyse- und Krebspatienten sind besonders gefährdet. Die wichtigsten Problemkeime im Krankenhaus heißen nach ihren Anfangsbuchstaben ESKAPE:
- Enterococcus faecium,
- Staphylococcus aureus,
- Klebsiella pneumoniae,
- Acinetobacter baumannii,
- Pseudomonas aeruginosa,
- Enterobacter spp. (Tab. 2).
Außerhalb von Krankenhäusern sind multiresistente Bakterien in Deutschland bisher kein akutes Problem. Ganz anders sieht es aber im benachbarten europäischen Ausland oder in den USA aus. So ereignete sich im Jahr 2011 ein Viertel aller invasiven MRSA-Infektionen in den USA außerhalb von Krankenhäusern („community acquired“ oder ambulant erworben) [13].
Die wichtigsten multiresistenten Bakterien
1. Grampositive Bakterien
Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA). MRSA verursachen von allen multiresistenten Erregern weltweit die meisten Krankenhausinfektionen [1]. Typische Krankheitsbilder sind eitrige Haut- oder Weichteilentzündungen, Lungenentzündungen und Sepsis. Der Anteil von MRSA an klinischen S. aureus-Proben ist in Deutschland zwischen 1990 und 2000 von 1% auf ca. 18% gestiegen. Danach hat sich der MRSA-Anteil bei ca. 20% stabilisiert [5], und 2011 konnte erstmals ein signifikanter Rückgang verzeichnet werden [6]. Ob dies eine echte Trendwende darstellt, bleibt abzuwarten. International schwankt der MRSA-Anteil enorm und reicht von ca. 1% in den Niederlanden bis zu ca. 50% in Portugal [1]. Besonders problematisch ist die Behandlung von MRSA-Infektionen, wenn die MRSA auch gegen Linezolid, Tigecyclin oder Vancomycin resistent sind.
Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE). Enterokokken (hauptsächlich E. faecium und E. faecalis) gehören zur normalen Darmflora, aber außerhalb des Darms können sie Harnwegs- und Wundinfektionen, Septikämien und Endokarditiden verursachen. Die Septikämien weisen besonders hohe Mortalitätsraten von bis zu 58% auf [7]. Enterokokken besitzen intrinsische Resistenzen u.a. gegen Cephalosporine, semisynthetische Penicilline und Monobactame. Schwere Infektionen werden üblicherweise mit einer Kombination von Ampicillin-ähnlichen Penicillinen und Aminoglykosiden behandelt. Wenn Enterokokken gegen eine dieser beiden Komponenten resistent sind, kommen Glykopeptidantibiotika (Vancomycin oder Teicoplanin) zum Einsatz. Gegen VRE stehen nur noch Reserveantibiotika wie Tigecyclin und Linezolid zur Verfügung. In Deutschland liegt der VRE-Anteil bei klinischen E. faecium-Isolaten derzeit zwischen 8 und 15% [7].
Penicillin-resistente Streptococcus pneumoniae (PRSP).S. pneumoniae verursacht schwere, bei Kindern oft tödliche Lungenentzündungen und weist z.B. in Frankreich Penicillin-Resistenzraten von knapp 30% auf [1]. PRSP besitzen häufig weitere Resistenzen gegen Makrolide, Cephalosporine und ältere Fluorochinolone. Als Reserveantibiotika stehen dann Vancomycin und Rifampicin zur Verfügung.
Multiresistente M. tuberculosis (MDR-TB). Mit jährlich 8,8 Millionen Neuerkrankungen und ca. 1,5 Millionen Todesfällen ist die Tuberkulose die weltweit tödlichste bakterielle Infektionskrankheit (2011). Dank gesetzlich geregelter Diagnostik und Therapiekontrolle sind die entsprechenden Zahlen in Deutschland mit 4330 bzw. 136 relativ gering [1]. MDR-TB sind mindestens gegen Isoniazid und Rifampicin resistent; die Patienten müssen oft mit Zweit- und Drittlinien-Antituberkulotika behandelt werden, die längere Therapiezeiten erfordern und wesentlich stärkere Nebenwirkungen hervorrufen. Im Jahr 2012 gab es in Deutschland 64 MDR-TB-Fälle, in der Ukraine hingegen 6934 MDR-TB-Fälle; die Häufigkeit der MDR-TB in Osteuropa ist alarmierend [14].
2. Gramnegative Bakterien
ESBL-produzierende Enterobakterien können mithilfe von Breitspektrum-β‑Lactamasen (enhanced spectrum β‑lactamases, ESBL) alle verfügbaren Cephalosporine – auch solche der 3. und 4. Generation – sowie Monobactame abbauen. Am problematischsten sind ESBL-produzierende Stämme von E. coli und K. pneumoniae [8]. K. pneumoniae verursacht Infektionen der Harn- und Atemwege, insbesondere Pneumonien bei immundefizienten Patienten. Derzeit gilt E. coli als der häufigste Erreger von Krankenhausinfektionen in Deutschland [9]. Der Anteil der ESBL-produzierenden Stämme bei E. coli ist in Deutschland von 1% im Jahr 1997 auf 10% in 2007 gestiegen [1]. Bei ihnen sind Carbapeneme die einzig verbliebenen β‑Lactam-Antibiotika mit einer hinreichenden Wirksamkeit, die deshalb entsprechend häufig eingesetzt werden. Umso alarmierender ist die rasche Ausbreitung von Carbapenemasen in gramnegativen Bakterien.
Carbapenem-Resistenz tritt in Deutschland vor allem bei K. pneumoniae, A. baumannii, P. aeruginosa und E. cloacae auf [10]. A. baumannii ist ein gängiger Erreger von nosokomialen Wundinfektionen und Lungenentzündungen. Er weist eine hohe intrinsische Resistenz auf und ist daher schwer zu behandeln. Der Anteil Imipenem-resistenter Stämme hat sich in Deutschland zwischen 2001 und 2007 von 3,8% auf knapp 8% erhöht [1]. Infektionen mit Carbapenemase-produzierenden multiresistenten K. pneumoniae und A. baumannii sind nur noch mit Tigecyclin und Colistin wirksam therapierbar, was aber mit schweren Nebenwirkungen einhergeht.
Auf Pseudomonas aeruginosa sind ungefähr 6% aller Krankenhausinfektionen in Deutschland zurückzuführen [11]. P. aeruginosa besitzt eine ausgeprägte intrinsische Resistenz und infiziert besonders häufig Patienten mit zystischer Fibrose. Etwa 22% aller klinischen Isolate sind multiresistent; davon sind 5,5% gegen mindestens fünf gängige Antibiotika resistent. Wenn Aminoglykoside, Acylaminopenicilline, Cephalosporine der 3. Generation, Fluorochinolone und Carbapeneme allesamt wirkungslos sind, gilt Colistin als letztes Reserveantibiotikum [12].
Resistenzmechanismen
Für die Entwicklung neuer, effektiver Antibiotika ist die Kenntnis der verschiedenen Resistenzmechanismen von Bakterien unabdingbar (Abb. 3).
Abbau des Antibiotikums
Eine mögliche Strategie zur Unschädlichmachung eines Antibiotikums ist dessen enzymatischer Abbau. Bei β‑Lactam-Antibiotika spielen vor allem die β‑Lactamasen, die die hydrolytische Öffnung des β‑Lactamrings katalysieren, eine wichtige Rolle. Die erste β‑Lactamase, eine Penicillinase, wurde bereits vor Einführung des Penicillins beschrieben. In den 1960er Jahren wurden dann die heute noch bedeutendsten β‑Lactamasen des TEM-Typs und des SHV-Typs entdeckt, beides Serin-Hydrolasen. TEM-1 wird für 90% der Ampicillin-Resistenzen von E. coli verantwortlich gemacht [15]. SHV-1 kommt vor allem in Klebsiella spp. vor.
Um der Ausbreitung der auf Plasmiden lokalisierten Resistenzgene (bla-Gene) zu begegnen, wurden (scheinbar) β‑Lactamase-stabile Penicilline (z.B. Methicillin) und Cephalosporine (z.B. Cefotaxim) entwickelt; heute kennt man allerdings Enzyme, die alle möglichen Penicilline, Cephalosporine, Monobactame und Carbapeneme abbauen. Effektiver ist der Einsatz von β-Lactamase-Inhibitoren wie Clavulansäure, Sulbactam und Tazobactam, die in fixer Kombination mit bestimmten Penicillinen angewendet werden. Sie sind Substrate der β‑Lactamasen und binden diese Enzyme, sodass sie nicht die β‑Lactam-Antibiotika abbauen.
Die Breitspektrum-β‑Lactamasen(ESBL)-produzierenden Enterobakterien haben sich entweder durch Punktmutationen in den Genen blaTEM und blaSHV oder durch die Aufnahme von Genen artfremder Bakterien entwickelt (z.B. CTX-M) [8]. Sie metabolisieren auch moderne Cephalosporine wie Cefotaxim, Ceftriaxon und Ceftazidim und das Oxyimino-Monobactam Aztreonam. Interessanterweise finden sich ESBL-Gene oftmals auf Integrons und treten in Kombination mit Fluorochinolon-Resistenzgenen auf. Da die ESBL auch an β‑Lactamase-Inhibitoren binden, sind diese gegen ESBL-produzierende Enterobakterien wirksam [16].Die AmpC-ähnlichen β‑Lactamasen binden nicht an β‑Lactamase-Inhibitoren und können Resistenzen gegen alle bekannten Cephalosporine verursachen, ausgenommen Cefepim und Cefpirom (in Deutschland nicht zugelassen) [16].
Die Carbapenemasen (Carbapenem-hydrolysierende β‑Lactamasen) bauen Carbapeneme ab (z.B. Imipenem); in Deutschland sind OXA-48, KPC (K. pneumoniae-Carbapenemase) und VIM-1 am häufigsten [10].
Modifizierung des Antibiotikums
Aminoglykosid-modifizierende Enzyme (AME) vermitteln Resistenzen gegen Aminoglykoside wie Tobramycin, Gentamicin und Amikacin. Wichtige Vertreter sind die Aminoglykosid-Adenylyltransferasen (Aad) und -Acetyltransferasen (Aac). Das Anfügen einer Acetat-, Adenylat-, Phosphat- oder Nucleotid-Gruppe an das Antibiotikum verringert dessen Affinität zur 30S-Untereinheit der Ribosomen und damit dessen Hemmwirkung auf die bakterielle Proteinsynthese. AME-Gene wie aad2 und aac(6) sind vorwiegend auf Transposons lokalisiert und bei den ESKAPE-Bakterien weit verbreitet [4, 17].
Die durch die Chloramphenicol-Acetyltransferase (CAT) verursachte Resistenz gegen das Breitband-Antibiotikum Chloramphenicol beruht auf einem ähnlichen Mechanismus und tritt häufig auf. Die Acetylierung des Wirkstoffs verhindert die Bindung an dessen Target, das Ribosom des Bakteriums. Chloramphenicol wird in Deutschland fast nur noch topisch angewendet, z.B. bei schweren Bindehaut- und Hornhautinfektionen mit S. aureus oder S. pneumoniae; zudem ist es ein Reserveantibiotikum bei problematischen Infektionserkrankungen (Typhus, Paratyphus u.a.) [17].
Veränderung der Zielstruktur
Generell wirken β‑Lactam-Antibiotika, indem sie die Zellwandbiosynthese hemmen. Sie stellen Analoga des D-Alanyl-D-Alanin-Restes von Molekülen dar, die beim Bau der Zellwand durch Enzyme zum Peptidoglykan verknüpft werden; diese Enzyme (Peptidasen) sind daher zugleich Penicillin-bindende Proteine (PBP). Manche Bakterien entwickeln β‑Lactam-Antibiotikaresistenzen, indem sie modifizierte PBP exprimieren, die nur eine geringe Affinität zu Penicillinen und Cephalosporinen aufweisen. Bekanntestes Beispiel ist PBP2a, das für die Methicillin-Resistenz von MRSA verantwortlich ist; es ist unempfindlich gegen alle Penicilline und Cephalosporine bis zur 4. Generation, aber empfindlich gegen die in den letzten Jahren entwickelten Cephalosporine Ceftarolin (appliziert als Prodrug Ceftarolinfosamil) und Ceftobiprol (soll 2014 in den Markt eingeführt werden) [4]. PBP2a ist erstmals 1961 aufgetreten und verbreitet sich über ein DNA-Segment namens SCCmec (Staphylococcal Cassette Chromosome) [18].
Ein anderes Beispiel für ein modifiziertes PBP ist PBP5, welches die intrinsische Cephalosporin-Resistenz pathogener Enterokokken verursacht [19].
Eine Veränderung der Zielstruktur liegt auch der Resistenz von Enterokokken (VRE) gegen die Glykopeptidantibiotika Vancomycin und Teicoplanin zugrunde. Deren Wirkung basiert auf der Bindung an den D-Ala-D-Ala-Rest während der Peptidoglykansynthese beim Zellwandbau (s.o.). Die VRE synthetisieren ein modifiziertes Peptidoglykan, in welchem D-Alanin-D-Alanin durch D-Alanin-D-Lactat ersetzt ist, an das die Glykopeptide nicht binden können. An dem Prozess sind u.a. eine Dehydrogenase, eine Ligase und Peptidasen beteiligt, deren Gene in einem Gencluster auf einem Transposon lokalisiert sind [20]. Es gibt mehrere Varianten des Genclusters, die sich auf die Resistenz auswirken. So sind Enterokokken mit dem Gencluster vanA gegen Vancomycin resistent, nicht aber gegen Teicoplanin. Besonders dramatisch ist die Übertragung von vanA auf MRSA-Stämme, weil sie dadurch auch Vancomycin-resistent werden (VRSA) [1, 7].
Auch Resistenzen gegen Makrolide, Lincosamide und Streptogramine (MLS-Antibiotika) werden durch die Modifikation der Zielstruktur vermittelt: Die erm-Gene kodieren Methylasen, die die 23S rRNA methylieren, sodass Makrolide (z.B. Erythromycin) dort nicht mehr angreifen können. Diese Resistenz tritt u.a. bei S. aureus, S. pneumoniae und S. pyogenes auf [4]. Die vom cfr-Gen kodierte Methyltransferase methyliert ebenfalls die 23S rRNA und führt zur Resistenz gegen Linezolid [5]. In einem spanischen Krankenhaus starben 2008 fünf Patienten an einer Infektion mit cfr-positiven MRSA [21].
Chromosomale Mutationen
Während die oben beschriebenen Resistenzen meist auf horizontalem Gentransfer beruhen, gibt es auch einige relevante Resistenzen, die auf Punktmutationen zurückzuführen sind. Hier sind insbesondere die Fluorochinolon-Resistenzen zu erwähnen.
Fluorochinolone stören die DNA-Replikation von Bakterien, indem sie an den Komplex von DNA und Gyrase bzw. Topoisomerase IV binden. Alle wesentlichen Fluorochinolon-Resistenzen gramnegativer Enterobakterien (z.B. häufig bei E. coli) basieren auf Punktmutationen in den DNA-bindenden Untereinheiten der Enzyme, in sogenannten quinolone resistance determining regions (QRDR) [4].
Rifamycine können durch Punktmutationen, die die β‑Untereinheit der RNA-Polymerase (rpoB-Gen) modifizieren, inaktiviert werden. Dies betrifft hauptsächlich Spontanresistenzen von M. tuberculosis bei nicht sachgemäßer Anwendung von Rifampicin, die in Deutschland keine Rolle spielt, aber weltweit umso bedeutsamer ist [1].
Verringerung der Antibiotikakonzentration
Eine völlig andere Strategie der Bakterien zur Resistenzentwicklung besteht darin, die Konzentration der Antibiotika an ihren Wirkorten durch natürliche Barrieren oder Transportsystem zu vermindern.
Effluxpumpen
Bis vor Kurzem war die Annahme weitverbreitet, dass die intrinsische Resistenz gramnegativer Bakterien gegen viele Antibiotika auf der relativen Undurchlässigkeit ihrer Zellwand beruht. Heute weiß man jedoch, dass die meisten Wirkstoffe die gramnegative Zellwand überwinden können, aber von Transportern (Effluxpumpen) wieder hinausbefördert werden [4].
Man unterscheidet fünf verschiedene Transporterfamilien. Wichtige Vertreter des RND (resistance-nodulation-cell division)-Typs sind die Mex-Opr in P. aeruginosa und AcrAB-TolC in E. coli und K. pneumoniae, die Unempfindlichkeiten u. a. gegen Fluorochinolone, β‑Lactam-Antibiotika, Tetracycline und Chloramphenicol vermitteln. Ähnliche Transporter sind für die schlechte Wirksamkeit von Tigecyclin in P. aeruginosa und Klebsiella verantwortlich.
ABC-Transporter (ATP-binding cassette), die ihre Energie durch ATP-Hydrolyse gewinnen, sind ebenfalls weit verbreitet. [22]. AdeABC in A. baumannii kann Aminoglykoside, Fluorochinolone, Tetracycline, Chloramphenicol, Erythromycin und Cefotaxime hinaustransportieren. MsrA und verwandte ABC-Transporter sind verantwortlich für Makrolid-Streptogramin-Resistenzen in Streptokokken und Staphylokokken. Die Unempfindlichkeit von E. faecalis gegen Streptogramin und Quinupristin/Dalfopristin basiert auf dem ABC-Transporter Lsa [4, 17].
Porine
Obwohl die Zellwand gramnegativer Bakterien prinzipiell eine exzellente Barriere sowohl gegen hydrophile als auch hydrophobe Substanzen darstellt, können viele niedermolekulare Verbindungen sie überwinden. Dabei passieren sie die äußere Membran durch porenförmige Transmembranproteine, die Porine, die einen relativ unspezifischen Stoffaustausch vermitteln. Zum Beispiel führt die verminderte Expression des Porins OprD in P. aeruginosa zur Unempfindlichkeit gegen Imipenem [4].
Fazit
Die Bakterien haben nicht viel Zeit gebraucht, um gegen die einst als „magic bullets“ gehandelten Antibiotika resistent zu werden. Ohne die Entwicklung neuer Antibiotikaklassen würde die Therapie bakterieller Infektionskrankheiten deshalb wieder in ähnliche Zustände wie vor 1940 zurückfallen. Aber allein mit der Einführung neuer Antibiotika lässt sich der Kampf gegen Antibiotikaresistenzen nicht gewinnen. Dazu ist es unabdingbar, den Einsatz von Antibiotika streng zu regulieren und zu kontrollieren, am besten weltweit.
Literatur
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Autor
Dr. Leonard Kaysser ist Juniorprofessor für Synthetische Biologie antiinfektiver Verbindungen im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), Standort Pharmazeutisches Institut der Universität Tübingen. Er studierte 1999 bis 2005 Technische Biologie an der Universität Stuttgart mit Forschungsaufenthalten in Zürich und Sydney. 2010 wurde er an der Universität Tübingen im Fachbereich Pharmazeutische Biologie bei Prof. Dr. Lutz Heide promoviert, bis 2013 war er als Postdoc an der Skaggs School of Pharmacy, University of California San Diego.
Dr. Leonard Kaysser
Pharmazeutisches Institut
Auf der Morgenstelle 8, 72076 Tübingen
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